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Zumindest bei der Fassade der James-Simon-Galerie auf der Museumsinsel funktioniert das Nebeneinander von alt und neu.
© picture alliance

Reformen Stiftung Preußischer Kulturbesitz: Der Laden ist zu groß

Vor einem Jahr legte der Wissenschaftsrat Reformvorschläge für die Stiftung Preußischer Kulturbesitz vor. Aber die Schwerfälligkeit des Verbundes verhindert einen Aufbruch. Ein Meinungsbeitrag.

Stiftung Preußischer Kulturbesitz, es fängt schon mit dem Namen an. Klingt nach Pickelhaube und Patina, nicht nach lebendiger Geschichte und Sammlungen von Weltrang. „Als Marke trägt der Name nicht mehr“, sagte SPK- Präsident Hermann Parzinger.

Das war vor einem Jahr, als der Wissenschaftsrat seine Reformvorschläge für den Traditionsverbund aus Berlins Staatlichen Museen, der Staatsbibliothek und drei weiteren Forschungseinrichtungen präsentierte. Seine Empfehlung: Das Dach, also das Präsidium, solle aufgelöst, die Museen müssten agiler werden. Und der Name bedürfte einer „eingehenden kritischen Reflexion“.

Inzwischen ist Parzinger nicht mehr seiner eigenen Meinung, er hängt jetzt an dem Namen. Eine Debatte fand nicht statt. Nichts gegen ein Bekenntnis zur Herkunft all der Kunst- und Archivschätze, die seit der Zerschlagung Preußens in der SPK versammelt sind. Und nichts gegen die zentrale Bewahrung des nationalen Erbes, gerade angesichts eines Kulturföderalismus, dessen Nachteile die Pandemie gezeigt hat. Aber die im Sande verlaufene Namensdiskussion ist bezeichnend für die Reform. Auch sie droht zu versickern.

Selbstkritik fehlt beim Thema Kolonialismus

Nach der für die Museen vernichtenden Analyse des Wissenschaftsrats war die Aufregung groß. Sammlungschef:innen meldeten sich zu Wort, Missstände wurden publik, auch interne Zerwürfnisse. Gegen Generaldirektor Michael Eissenhauer wurde eine Dienstaufsichtsbeschwerde erteilt. Es herrschte Aufbruchsstimmung in der altehrwürdigen Bude – und dann ging es ab in die Gremien.

Die nun präsentierten Vorschläge der eigens eingerichteten Reformkommission klingen kaum mehr nach Aufbruch. Keine Auflösung des Präsidiums, ein „Kollegialorgan“ anstelle der Hauptverwaltung, Verzicht auf die Generaldirektion zugunsten eigenständigerer Museen – und bitte mehr Zusammenarbeit. Kulturstaatsministerin Monika Grütters ist hochzufrieden, sie spricht von einem „beinahe revolutionären Akt“.

Das verstehe, wer will. Als ob es noch eines Beweises für die Schwerfälligkeit des SPK-Tankers bedurft hätte, wird er nun neu geliefert. Eine Hierarchie-Ebene weniger, eine etwas umstrukturierte Verwaltung, viele neue Prüfaufträge – und ansonsten Appelle? Können so bald attraktive, international ausstrahlende Ausstellungen gelingen, und mehr Publikumsnähe, samt Digitalisierung und modernem Marketing?

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Die alten Player werden sich kaum selber erneuern

Wann endlich wird der einzigartige Zusammenschluss von Kunst-, Bildungs- und Archivgütern öffentlichkeitswirksam und selbstkritisch genutzt, etwa beim Thema Kolonialismus und Raubkunst? Man muss sich das klarmachen: Die SPK, das ist, wie wenn in London das British Museum, die National Gallery, die Tate und die British Library ein Laden wären.

Nun setzt sich die Reformkommission aus den alten Playern zusammen, die werden sich nicht selber erneuern. Auch die alten Spannungen setzen sich fort. Für ein tolles Programm fehlt das Geld, sagt Parzinger, während Grütters ihm vorrechnet, wie sehr die Etats gestiegen sind. Mehr Gestalter, weniger Verwalter: Leider haben die Museumsleitungen offenbar Angst vor jener Eigenverantwortung, die sie lautstark fordern. Sie wollen sich lieber in Clustern zusammenschließen, als „nur“ noch dem Präsidenten zu unterstehen.

Am Dienstag tagt der Stiftungsrat. Anders als die Reformkommission hat er Entscheidungsbefugnisse. Nur er könnte die nötigen Gesetzesänderungen anschieben, damit endlich nicht mehr alle 16 Bundesländer im Rat vertreten sind, die seit geraumer Zeit herzlich wenig für das gemeinsame Kulturerbe zahlen (drei Viertel der Kosten zahlt der Bund, dazu die kompletten Baukosten) und sich kaum für die Belange der SPK interessieren. Politik raus, Kultur und Wissenschaft rein in den Stiftungsrat, dazu eine flexiblere Finanzierung, das wäre das Mindeste. Und eine Öffentlichkeit, die den Schatzhütern Beine macht. Nach der Wahl folgen die Mühen der parlamentarischen Ebenen. Die Stiftung bleibt eine Baustelle.

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