Museumsleiter fühlen sich übergangen: Es herrscht Streit um die Reform der Preußen-Stiftung
Museumsleiter kritisierten in einem offenen Brief, dass sie in den Reformprozess der SPK nicht genügend einbezogen würden. Wir haben mit ihnen gesprochen.
Viel hat man aus Berlin bisher nicht zu dem explosiven Gutachten des Wissenschaftsrates gehört, das im Juli veröffentlicht wurde und in dem die Aufteilung der Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK) empfohlen wird. Es fühlte sich fast an, als wäre das Thema aus Sicht der Berliner Kulturpolitiker etwas im Sommerloch verschwunden. Aber natürlich brodelt es hinter und vor den Kulissen bereits heftig.
Am gestrigen Montag standen die Zukunft der Stiftung und die Berliner Interessen im Kulturausschuss des Abgeordnetenhauses auf der Tagesordnung. Kurz zuvor hatten die Direktorinnen und Direktoren der Staatlichen Museen zu Berlin in einem offenen Brief auf sich aufmerksam gemacht. Die 19 Chefs und Chefinnen, deren Häuser in dem Gutachten am stärksten kritisiert worden sind, forderten aktive Mitgestaltung an der Reform ihrer Häuser und der SPK.
Die vom Wissenschaftsrat benannten Probleme – Doppelstrukturen, mangelnde Transparenz, unklare Entscheidungswege – seien auch durch eigene Beobachtungen bekannt, sagt Kultursenator Klaus Lederer in seinem Statement im Kulturausschuss am Montagnachmittag. Auch seine Kollegen haben überwiegend keine Probleme mit dem Analyseteil des 278-Seiten-Konvoluts des Wissenschaftsrates. Bei den Schlussfolgerungen des Papiers sieht es schon anders aus.
Eine Zerschlagung der SPK-Dachorganisation will im Kulturausschuss zum jetzigen Zeitpunkt niemand befürworten. Stattdessen fordern Lederer und die Kulturpolitiker aller Fraktionen weitere Analysen und Gespräche, auch mit den betroffenen Museumsdirektoren.
Die Kostenanteile des Bundes und Berlins entkoppeln
Wenn es um die Rolle Berlins geht, spricht Lederer sich vor allem dafür aus, die Kostenanteile Berlins und des Bundes zu entkoppeln. Schon in so manchem Haushaltsjahr wollte der Bund, der sich die Finanzierung der SPK mit den 16 Ländern teilt, die Betriebsmittel aufstocken, die Unterfinanzierung etwas lindern.
Da die Betriebskostenerhöhungen aber von Berlin anteilig mitgetragen werden müssen, – der Bund zahlt 75 Prozent, Berlin 25 Prozent –, kamen solche Finanzspritzen in den vergangenen Jahren regelmäßig nicht zustande.
„Das ist eine schwierige Situation“, sagt Lederer. Berlins finanzielle Schwäche hemmt den Bund und die Entwicklung der SPK. Wie also die SPK reformieren bei knappem Berliner Kulturhaushalt? Eine Lösung könne darin bestehen, so Lederer, dass alle anderen Bundesländer tiefer in die Finanzierung einsteigen. Der Wissenschaftsrat schlägt dagegen vor, dass die anderen Länder sich aus Stiftungsrat und Finanzierung ausklinken.
Lähmend seien die Hierarchien der SPK und der Umgang mit Budgets, so eine Direktorin
„Unabhängig davon, was die Politik in Bezug auf die Organisation der Dachstruktur der SPK entscheidet, die Reformen innerhalb der Museen kann man jetzt schon anpacken“, sagt Friederike Seyfried, Direktorin des Ägyptischen Museums Berlin und der Papyrussammlung, die sich auf Nachfrage des Tagesspiegels zu der gemeinsamen Stellungnahme der Chefinnen und Chefs der Berliner Museen äußert. Lähmend für die Arbeit seien die vielfach gestaffelten Hierarchien bei den Staatlichen Museen und der SPK und der Umgang mit Budgets, so Seyfried.
[Alle wichtigen Updates des Tages zum Coronavirus finden Sie im kostenlosen Tagesspiegel-Newsletter "Fragen des Tages". Dazu die wichtigsten Nachrichten, Leseempfehlungen und Debatten. Zur Anmeldung geht es hier.]
Die Reform könne ihrer Meinung nach nicht erst beginnen, wenn mehr Geld da sei. „Zeit ist auch Geld. Wenn wir Prozesse verschlanken und kürzere Abstimmungswege haben, brauchen wir für bestimmte Aufgaben weniger Zeit. Das schafft Freiräume an anderen Stellen“, sagt Seyfried.
Eine konkrete Idee wäre ein direkter Ansprechpartner für Personal- und Sachmittelbearbeitung direkt an einem der Museumsstandorte in Berlin. Nicht in der Zentrale der SPK, wo man häufig nur per E-Mail kommuniziere.
Kritik an einer vierköpfigen Arbeitsgruppe
„Wir brauchen keine Gruppe, die ohne uns und über unsere Köpfe hinweg darüber berät, wie die Lage der Staatlichen Museen zu Berlin zu verbessern ist“, heißt es in der Stellungnahme der Museumsleiter. Das ist auch als Kritik an der vierköpfigen Arbeitsgruppe zu verstehen, die Monika Grütters und SPK-Präsident Hermann Parzinger am 13. Juli, bei der Vorstellung des Gutachtens in Berlin, angekündigt haben.
Diese Taskforce, bestehend aus der Kulturstaatsministerin, Stiftungspräsident Parzinger, SPK-Vizepräsident Gero Dimter und einer noch zu ernennenden Person, sollte laut der damaligen Information über die weiteren Schritte der Reform entscheiden.
„Wir wissen weder, ob es bei dieser Entscheidergruppe bleibt, noch welche Gremien in dem Prozess sonst gebildet werden sollen“, sagt Friederike Seyfried. „Wir wollen an der Reform mitwirken, aber wir wünschen uns auch, dass der Prozess von einer unabhängigen Berateragentur begleitet wird. Man kann sich nicht selber reformieren.“
Stiftungspräsident Parzinger sagte dem Tagesspiegel dazu: „Ich verstehe die Befürchtungen der Direktoren. Ich finde es gut, dass sie sich zu Wort gemeldet haben. Es ist klar, dass es nur gemeinsam geht und dass wir die Dinge gemeinsam kritisch diskutieren werden.“ Zusammensetzung und Aufgabe des oben genannten Gremiums, sei laut Parzinger, „noch vollkommen offen“. Es sei nicht Sinn und Zweck dieser Kommission etwas von oben zu oktroyieren, so Parzinger.
Nun heißt es also warten auf die Sitzung des Stiftungsrates am 19. August. Dort wird dann wohl entschieden, wer demnächst mit wem spricht.