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Adele singt 2013 ihren Song "Skyfall" bei den 85. Academy Awards in Hollywood. An diesem Abend wurde sie für den James-Bond-Song mit einem Oscar ausgezeichnet.
© REUTERS

Adele: Der größte Popstar der Welt, eine Anti-Diva

Warum ist Adele Adkins so erfolgreich? Weil sie über eine außergewöhnliche Stimme verfügt, eine bemerkenswerte Songwriterin ist - und für Normalität steht. Dem klassischen Schönheitsideal verweigert sie sich.

Die schönste derzeit im Pop kursierende Metapher stammt von Adele: „You look like a movie.“ Jemand, von dem sich sagen lässt, dass er einem Kinofilm gleiche, muss zumindest eines sein: unterhaltsam. 90 Minuten lang, vielleicht auch länger. Allerdings kommt es ganz aufs Genre an. Mit einem Abenteuerfilm (wagemutige Wangen, blitzender Blick), einem Thriller (schwarzweiße Erscheinung, ziemlich undurchschaubar) oder einem Naturfilm (bergseekristallklare Augen, nachhaltige Sätze in Bioqualität) verbringt man gerne einen Abend.

Auch Freddy Krueger braucht Liebe

Von einem Liebesfilm mag man sich kaum trennen, zumal nach den Hollywoodregeln der Liebesfilm final in einen Familienfilm münden kann. Glückseligkeit, bis Gott die Protagonisten scheidet. Happy end. Aber wer möchte schon einen Horrorfilm daten? Dabei gibt es Menschen, die exakt aussehen wie Freddy Krueger, Bela Lugosi oder die Mumie und/oder sich genauso langsam fortbewegen wie die Zombies in George A. Romeros Klassiker „Die Nacht der lebenden Toten“. Oft stehen sie in der Supermarktschlange direkt vor einem. Haben sie nicht auch das Recht, geliebt zu werden?

Die Zeile gehört zur großartigen, von Adele schmachtend und seufzend gesungen Desillusionierungsballade „When We Were Young“. Sie handelt, kurz gesagt, von Projektionen. Warum wir uns die, denen wir begegnen, gerne ein wenig anders, größer, heldenhafter vorstellen. Sie uns schön denken. Als wären sie Doppelbelichtungen. Leider werden sie älter, und wir mit ihnen. Der Refrain lautet: „You look like a movie / You sound like a song / My God, this reminds me / Of when we were young.“ Bemerkenswert ist, wie wehmütig die Sängerin sich hier an ihre Jugend erinnert. Adele Adkins, derzeit der größte Popstar der Welt, ist 27. Als sie das Stück schrieb, war sie 25, deshalb hat sie ihr Album „25“ genannt.

Schwungvolle Melodramatik

Von „25“ wurden bislang weltweit fast 14 Millionen Exemplare verkauft, in den USA, Großbritannien und fast allen anderen europäischen Ländern rangiert es auf Platz 1 der Charts. Nur nicht in Deutschland, das von Helene Fischer beherrscht wird. Adele verfügt über eine außergewöhnliche Stimme, die sich zu allergrößter Melodramatik aufschwingen kann, und sie ist eine exzellente, zwischen Pathos und Ironie pendelnde Songwriterin. Aber sie steht auch für Normalität. Dem klassischen Schönheitsideal verweigert sich die Anti-Diva, über ihr Privatleben dringt kaum etwas in die Öffentlichkeit.

Mein Song, das bin ich. Das eigene Älterwerden beseufzen, das tut jeder, auch derjenige, der eigentlich noch jung ist. Und wer glaubt nicht, sich einmal bei einem ehemaligen Partner entschuldigen zu müssen, wie Adele das in ihrem Hit „Hello“ tut? Wenn nur die Tücken der Telekommunikation nicht wären. Adele ist nicht, wie die „Süddeutsche Zeitung“ gerade behauptet, die Nachfolgerin von Madonna. Ihre Genealogie führt über Amy Winehouse zu Dusty Springfield, der Begründerin des britischen Soul. Wir können uns freuen auf Adeles künftige Alben „31“, „43“ und „67“. Dann wird sie – wir sprechen vom Jahr 2055 – Chansons von Edith Piaf und David Bowie singen.

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