Pianist András Schiff in der Staatsoper: Der Flügel macht's
Im Rahmen des Barenboim-Zyklus spielte Pianist András Schiff Schubert in der Staatsoper. Dabei kam es vor allem zu einem besonderen Glücksgriff: dem Instrument.
Das Instrument macht den Klang, und ein jedes hat seine ganz eigene Sprache, auf die sich der Interpret erst einmal verstehen muss. Kaum ein Pianist weiß das aktuell besser als András Schiff. Der Ungar mit dem leisen Privatgelehrten-Habitus kann sich bissig über die nivellierende Vormacht der Steinway-Flügel äußern. Beethovens Diabelli-Variationen spielte er gleich auf zwei verschiedenen Instrumenten ein – auf einem alten Bechstein und einem Brodmann-Hammerflügel, der um 1820 in Wien gebaut wurde. Dieses wunderbar zarte Instrument, das immer auch nach seinen Einzelteilen klingt, spielt Schiff auch auf seinem gerade erschienenen Schubert-Doppelalbum. Ein Glücksgriff.
Für seinen Auftritt im Rahmen des Barenboim-Zyklus der Staatsoper hat Schiff sein Kleinod nicht auf die Bühne rollen lassen, obwohl das reine Schubert-Programm einen Gutteil der aktuellen CD umfasst. Auf der Bühne des Schiller Theaters glänzt ein Steinway D Konzertflügel, den der Pianist auf vornehme Weise zu nehmen weiß. Nie droht seine stählerne Brillanz über Schuberts fragile Welt hinwegzurollen. Doch diese ebenso perfekte wie penible Kontrolle limitiert auch die klangliche Ausdrucksweite. Zu befreien sucht sie sich nicht im lyrischen Ausbruch, im Singen um jeden Preis. Der Schubert von András Schiff ist ein mit galligem Trotz begabter Komponist, der – und das ist wirklich unerwartet – auch gerne mal recht behalten will.
Harmonische Kühnheit
Gleich in den vier Impromptus D 899 arbeitet Schiff zielstrebig Winterreise-Anklänge heraus, nicht zur emotionalen Aufladung seines Vortrags, sondern als Ausweis harmonischer Kühnheit. Auch in den drei Klavierstücken D 946 stellt er das Widerständige in den Raum, das sich nicht in Wohlklang Auflösende. Dagegen müsste man ansingen, wollte man zu unmittelbarer Eindrücklichkeit gelangen. Doch Schiff hält unbeirrbar seinen Kurs in gleichförmigen Tempi und zeigt Schubert als kühnen, doch auch etwas kühlen Experimentator. Sein zugegebener Grazer Galopp ist exakt, was er war: ein Rausschmeißer.