David Guetta: Der Aufmotzer: David Guetta in Berlin
Schneller, lauter, dichter: Der französische Stuperstar-DJ David Guetta führt auf dem Flughafen Tempelhof seine elektronische Trickkiste vor. Der Sound wirkt so, als würde ein sehr neues Kino seine ebenso neue Dolby-Surround-Anlage bis zum Äußersten herausfordern.
Junge Menschen in flippigen IT-Unternehmen machten sich vor einigen Jahren gerne folgenden Spaß: Ging ein Kollege auf die Toilette und ließ aus Versehen auf seinem Monitor den Facebook-Account offen, tippten sie heimlich ein „David Guetta!“ in die Statuszeile. Denn so richtig angesagt war der französische Dancefloor-Star seinerzeit nicht. Geändert hat sich daran nur wenig.
Dabei ist der DJ und Produzent aus Frankreich ein Hitmacher. Seine Single „When Love Takes Over“ mit Kelly Rowland verkaufte sich 3,7 Millionen Mal, das letzte Album „Nothing But The Beat“ (2011) war unter anderem in Deutschland, der Schweiz, Österreich und seiner Heimat Nummer eins der Hitparaden.
Guetta betritt die Bühne auf dem Flughafen Tempelhof um kurz nach halb neun zu Laserlicht und pointierten Synthietupfern. Der Sound wirkt so, als würde ein sehr neues Kino seine ebenso neue Dolby-Surround-Anlage bis zum Äußersten herausfordern. Nach einer Minute setzt der Beat ein, Guetta dreht an ein paar Reglern, aus dem Sampler kommt eine Stimme. Der Sampler steht neben anderen Gerätschaften auf Guettas Pult, das aussieht wie ein Hybrid aus Kanzel und Küche. Und wieder ertönt diese Stimme. „Work hard, play hard“, skandiert sie, es ist der Refrain der Guetta-Single „Play Hard“, dazu schießt eine Konfettikanone Papierstreifen in die Luft. Dann kommt eine Nummer, die wirklich jeder kennt, Icona Pops „I Love It“, einer der Hits des Jahres. Sind die etwa auf der Bühne? Nee, nur im Rechner. Guettas Auftritt ist eher DJ-Set als Konzert. Immerhin, er trägt nicht nur einen Dutt, sondern auch froschgrüne Kopfhörer und dreht immer wieder an den Reglern. Er scheint also etwas mit den Songs zu machen. Vielleicht hat er das Set schon zu Hause zusammengestellt und hört jetzt die Musik, die ihm wirklich gefällt, so genau weiß man das ja nie.
Das Publikum folgt Guettas Anweisungen, die meist musikalisch erfolgen. Der Beat wird rausgenommen. Kurz eine Bridge. Beat kommt wieder. Flächige Melodie, Vocal-Sample mit Wiedererkennungswert. Beat wird heftiger. Ein Schneller-Lauter-Dichter-Prinzip, das sich bei sämtlichen Spielarten der Elektronik, vor allem bei House und Dubstep, aber ebenso bei Eighties-Pop bedient. David Guettas eigene Slogans sowie bekannte Pop-Weisen werden durch eine Art Tuningmaschine geschoben und so auf eine tanzbare Essenz reduziert. Unterbrechungen gibt es kaum. Mal ein „Berlin, make some noise“, mal Pyrotechnik, die interessanterweise nicht nur nach oben, sondern auch zur Seite schießt. Auch Leuchtstäbe werden in die Luft geschleudert, die Kinder sammeln sie erfreut auf. Es ist für jeden was dabei, sogar für die zufällig anwesenden Hipster: Irgendwann bearbeitet Guetta „Song 2“ von Blur. Die spielten zwei Abende vorher auf dem Berlin Festival. Gleicher Ort also, aber komplett andere Umstände. Pop, die Weltsprache.
Jochen Overbeck
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