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Funkelnd: Die Sterne.
©  Robin Hinsch

25 Jahre "Die Sterne": Das Herz von Hamburg pumpt

Heimspiel für eine Band: Die Sterne feiern ihr Jubiläum in Hamburg. Es wird eine Vierteljahrhundertreise.

Dass es übertrieben feierlich zugehen würde, ist von vornherein nicht zu befürchten. Auf den Eintrittskarten steht „Mach’s besser – 25 Jahre Die Sterne“, es ist der Abschlussabend einer kurzen Jubiläumstournee, das dazugehörende Jubiläumsalbum heißt genauso. Für Melancholie besteht dennoch kein Anlass. Dafür kennt man sich schon wieder viel zu lange. Denn dies hier ist Hamburg, ein Heimspiel für eine Band, die ihre Heimatstadt zusammen mit ein paar anderen vor zwei Jahrzehnten wieder auf die Popmusik-Landkarte gesetzt hat und seitdem zum Inventar gehört an der Elbe.

Draußen auf St. Pauli ist es kalt und nass, drinnen im Uebel & Gefährlich drängen sich 900 Leute. Sterne-Sänger Frank Spilker wohnt in der Nähe. Er hat einen Mitarbeiterausweis für den Laden, er kommt umsonst rein und muss an der Bar nichts zahlen. Die Sterne haben einst mitgeholfen, den Club zu etablieren. „Ich scheiß auf deutsche Texte“, so geht es los, ein frühes Sterne-Werk, natürlich eine glatte Lüge. Wer Sätze zustande bringt wie: „Es hat keinen Sinn zu warten, bis es besser wird, das bisschen besser wär’ das Warten nicht wert“ oder „Von allen Gedanken schätz’ ich doch am meisten die interessanten“, dem mag vieles egal sein, deutsche Texte aber nicht.

Eine Stadt taut auf

Eine Vierteljahrhundertreise, bei der der Bass funky pumpt, das Schlagzeug stampft, die Stimme hallt. Komisch, dass die Discokugel an der Decke nicht angestrahlt wird, denn diese Musik ist genau das: 1-A-Disco. Die zweite Mutprobe der Band, auf das Deutsche immer mal wieder Klänge zu setzen, zu denen man tanzen kann. Hamburg taut auf. Das Lied von den interessanten Gedanken, auf das viele gewartet haben, ziehen Die Sterne ankündigungslos, schnell und hart durch, so, als sollte es möglichst rasch vorübergehen. „Ihr wollt mich töten“ kommt schmachtesatt daher wie eine Nick-Cave-Gedächtnisballade. Dann die wunderbar wärmende Orgelsequenz in „Widerschein“, die die Ewigkeitsphrase „Weil die Welt so bescheuert ist wie ihr Fernsehprogramm“ ins Versöhnliche wendet.

„Wir haben ja immer viel geklaut“, sagt Spilker „manchmal einfach nur so, manchmal um sich in einer Tradition zu verorten.“ Dass aber der „Universal Tellerwäscher“-Song auf Woody Guthrie verweisen soll, hat selbst in Hamburg noch niemand gehört. Der frechste Diebstahl – die „House of the Rising Sun“-Kopie „Was hat dich bloß so ruiniert“ – steht am Ende. Spilker singt ein paar Takte, dann übernimmt das Publikum. Stolz sei er, sagt Spilker, „dass wir seit 1992 kein Dienstleistungsunternehmen sind“. Die Zugaben, „Convenience Shop“, Piano-Akkorde beseelen Hamburg, wieder pumpt der Bass. Diesmal aber nicht als Einladung zum Tanzen. Diesmal wie ein Herz.

Torsten Hampel

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