Silver-Ager-Romanze „Das grenzt an Liebe“: Das Glück der späten Jahre
Der Grantler und die zart Verpeilte: In Rob Reiners Silver-Ager-Romanze „Das grenzt an Liebe“ verlieben sich Michael Douglas und Diane Keaton - wie einst Harry und Sally.
Bevor die Helden einer romantischen Komödie sich verlieben, dürfen sie einander nicht ausstehen. So lautet eine Genreregel. Im Fall von „Das grenzt an Liebe“, dem neuen Film von Rob Reiner, fällt das nicht schwer. Denn den Immobilienmakler Oren Little mit irgendwelchen romantischen Gefühlen in Verbindung zu bringen, erscheint unmöglich. Gefühle sind bei ihm in der Brieftasche verortet, und er badet geradezu in Selbstgefälligkeit: „Ich bin die Nummer 1, in den neunziger Jahren war ich sieben Mal der erfolgreichste Makler des Countys!“
Niemand mag Little, und er mag niemanden. Außer seine Nachbarin Leah, eine attraktive Sängerin, mit der mag er wenigstens manchmal auf der Veranda plauschen. Aber wenn sie dann über irgendeinen Mangel klagt, ihre klemmende Wohnungstür oder sein im Hauseingang geparktes Auto, dann empfiehlt er bloß: „Beschweren Sie sich bei der Hausverwaltung!“ Dabei wissen alle, dass das malerische Mehrfamilienhaus mit Seezugang und dem hochtrabenden Namen „Little Shangri-La“ keinem anderen als seinem miesepetrigsten Bewohner gehört.
Michael Douglas hat viel Erfahrung als Scheusal
Die Handlung von „Das grenzt an Liebe“ verläuft genregemäß, zum Ereignis allerdings wird der Film durch seine Hauptdarsteller. Michael Douglas hat, angefangen mit dem Gordon Gekko aus „Wall Street“, eine lange Erfahrung als Scheusal. Genüsslich macht er aus dem empathiefreien Spitzenverkäufer die Karikatur eines Schurken, eine Figur wie von Dickens. Mit greisenhaften Bewegungen stakst er nach dem wackligen Aufstehen durch seine Wohnung, um sich bald darauf wie ein kleiner Junge zu freuen, wenn er den Hund eines Hausgenossen mit Paintball-Geschossen beschießt.
Das Deckelchen, das auf dieses schon arg zerschrammte Töpfchen passen muss, verkörpert Diane Keaton. Ihre Leah ist ziemlich verpeilt, hin- und hergerissen zwischen der Trauer um ihren verstorbenen Ehemann und dem Wunsch, als Sängerin ein neues Leben zu beginnen. Wenn sie in einer Kneipe Jazzstandards singt, wirkt das anfangs so hölzern, als stünde sie tatsächlich zum ersten Mal auf der Bühne.
Harry und Sally dreißig Jahre später
In jeder Liebeskomödie braucht es auch einen Katalysator, der die Helden einander näherbringt. Hier ist es die neunjährige Enkeltochter Sarah, die sein Sohn bei Little abgibt, bevor er eine Haftstrafe antreten muss. Von der Existenz der Enkelin hatte der Großvater bis dahin nichts gewusst. Er versucht sie zu Leah abzuschieben. Dabei prahlt er über seine Fähigkeiten als Erzieher: „Ich war ein toller Dad, aber leider hatte ich ein schlechtes Kind erwischt.“
Von Rob Reiner stammen ein paar großartige Komödien wie „Harry und Sally“ oder „Wo die Liebe hinfällt“. In „Das grenzt an Liebe“ hat er das Tempo seiner Inszenierung stark reduziert, was an der ländlichen Idylle von Connecticut liegen könnte, in der der Film spielt, oder am Alter der Protagonisten. Ein wenig scheint es, als würde man Harry und Sally nach dreißig Jahren noch einmal begegnen. Grau geworden sind sie und ein wenig gebrechlich, und Orgasmen führen sie sich auch nicht mehr am Cafétisch vor. Vom alten Lebens- und Liebeshunger aber haben sie nichts verloren.
Zu seinen Glanzzeiten in den achtziger und neunziger Jahren war der Humor von Rob Reiner schlagfertig, zweideutig und mitunter garstig. In dieser SilverAger-Romanze ist die Pointendichte nun deutlich geringer, aber der Regisseur und sein Drehbuchautor Mark Andrus haben trotzdem einige bissige Zeilen platziert. Da jammert Leah: „Mit mir ist nichts mehr los, ich bin 65.“ Worauf Little entgegnet: „Ich habe viele Häuser verkauft, die älter waren und in tadellosem Zustand.“ Und als Little sich zum Grab seiner Frau, das auf einem Hügel liegt, hochgekämpft hat, schnaubt er: „Man sollte Rabatt kriegen, wenn man beim Versuch stirbt, seine Verwandten zu besuchen.“ Vom späten Glück erzählt „Das grenzt an Liebe“ und von der wunderbaren Rückverwandlung eines Misanthropen in einen Menschen.
In zwölf Berliner Kinos; OV im Cinestar SonyCenter, OmU in der Kulturbrauerei
Christian Schröder
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