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Ein nie zuvor veröffentlichtes Gemälde von Wilhelm Tischbein zeigt Lady Hamilton als mythologische Sagenfigur.
© Fraessdorf/ Kulturstiftung Dessau-Wörlitz

"Lady Hamilton"-Ausstellung: Das Geschenk des Sammlers

Die Wörlitzer „Lady Hamilton“-Ausstellung ist um zwei Werke reicher – spontan gestiftet von einem Besucher.

Es ist eine Geschichte, die tatsächlich nur das Kunstleben schreibt. Ein Sammler und Kenner erfährt von einer Ausstellung, die ihn begeistert; er sieht eine Verbindung zu seinen eigenen Schätzen – und stiftet spontan eine so noch nie gesehene, herausragende Zugabe zur bereits laufenden Schau. Passiert ist das im Schloss von Wörlitz, dem klassizistischen Kleinod im gleichnamigen Gartenreich des als Aufklärer berühmt gewordenen Fürsten Leopold III. Friedrich Franz von Dessau-Anhalt.

Dort ist seit Anfang Juni dieses Jahres die bemerkenswerte, mit Trouvaillen und Kulturkuriosa reich bestückte Ausstellung mit dem verführerisch langen Titel „Lady Hamilton: Eros & Attitüde. Schönheitskult und Antikenrezeption in der Goethezeit“ zu sehen. Es geht um die von der armen Hufschmiedstochter Emma Hart zum europäischen Star aufgestiegene Gattin des britischen Gesandten William Hamilton, um die sich in Neapel Ende des 18. Jahrhunderts Künstler, Geistesköpfe und Kriegshelden scharten: auch der Italienreisende Goethe und der große Geliebte der Lady, Admiral Nelson.

Beim Blick in die Ausstellung fiel dem Kunstsammler sein eigener Tischbein ein

Der nun folgenreiche Besucher in Wörlitz war der 75-jährige Göttinger Verleger, Kunstsammler, Mäzen und weltreisende Frauenliebhaber Tete Böttger. Ihn entzückten wohl schon die in der Ausstellung versammelten Ansichten der jungen Lady, die Goethe als Hausgast und Betrachter ihrer in nur hauchfeinen Schleiern als „lebende Bilder“ dargestellten Frauenfiguren („Attitüden“) aus antiken Sagen und Dramen einst als „sehr schön und wohl gebaut“ bezeichnet hat. Man sieht die Emma-Porträts von George Romney, Francesco Bartolozzi oder auch die zauberhaft zugewandte Zeichnung von Angelika Kauffmann, der damals in Italien lebenden Malerin und Goethe- Freundin. Da fiel Böttiger der eigene Tischbein ein.

Auch Johann Heinrich Wilhelm Tischbein (1751-1829) gehörte zu den deutschen Künstlern, die in Italien ihr musisches Arkadien suchten. Bei ihm wohnte Goethe 1786/87 in Rom, und er begleitete den meist inkognito als Maler Möller reisenden Minister und Dichter auch 1787 nach Neapel. Alle kennen heute sein Gemälde des mit Schlapphut ruhenden „Goethe in der Campagna“, viele auch seine Aquarelle und Federzeichnungen aus den Monaten mit und ohne Goethe in Italien. Doch wie der Wörlitzer Kurator Uwe Quilitzsch sagt, waren die zwei jetzt nur auf einfachen Staffeleien präsentierten Werke Tischbeins nie zuvor öffentlich gezeigt worden. Aus Böttgers Besitz stammt die Sepiazeichnung der Lady Hamilton im Halbprofil, mit dramatisch wehenden Locken und wehmütig wildem Blick; vermutlich danach hat Tischbein das Porträt nochmals in Öl gemalt, die Leihgabe dieser Variante aus anderem, ungenanntem Privatbesitz verdankt sich gleichfalls der Vermittlung des Göttinger Sammlers. Nicht geklärt ist, welche antike Figur Emma Hamilton in der gezeigten Attitüde vorstellt, denkbar sind Niobe oder eine aufgebrachte Iphigenie. Beide Bilder sind jetzt noch bis zum Ausstellungsende am 18. September zu sehen.

Lady Hamilton und andere Frauen der höfischen Zeit

Eine weitere Zugabe zu „Eros & Attitüde“ bieten nun auch die Ersten Wörlitzer Filmtage. Vom 27. August bis 2. September sind auf der vom Fürsten Anhalt- Dessau im Park des Schlosses geschaffenen neapolitanischen „Insel Stein“ neben dem künstlichen Vesuv und der Nachbildung eines Sommersitzes der Hamiltons (der "Villa Emma") im kleinen römischen Amphitheater sieben Filme zu sehen, die von Lady Hamilton oder weiteren Frauen höfischer Zeiten handeln. Es beginnt am kommenden Samstagabend mit dem britischen Klassiker „Lord Nelsons letzte Liebe“ von 1941 (mit Laurence Olivier in der Titelrolle und Vivien Leigh als Emma) und geht über „Die Gärtnerin von Versailles“ (mit Kate Winslet von 2015) bis zu „Lady Hamilton zwischen Schmach und Liebe“, einer deutsch-französischen Produktion von 1968.

Mehr Informationen unter www.gartenreich.com und Tel. 0340-8596451

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