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Helge Achenbach betritt den Verhandlungssaal im Essener Landgericht.
© dpa

Museumsmann belastet Helge Achenbach: Das Ende einer Freundschaft

Vor einem halben Jahr wurde der Kunstberater Helge Achenbach festgenommen. Er habe seine Kunden betrogen, lautet der Vorwurf. Vor dem Essener Landgericht sagte nun Ex-Museumschef Thomas Kellein aus, der für Achenbach arbeitete und den Skandal publik machte.

Die Betrugsaffäre um den Kunstberater Helge Achenbach ist durch einen Hinweis eines seiner Mitarbeiter ins Rollen gekommen. Im Prozess gegen Achenbach gab der Kunsthistoriker Thomas Kellein am Montag erstmals Details über die Geschäfte Achenbachs preis. Kellein, heute 59, war 1982 zum Direktor der Kunsthalle Basel ernannt worden und lehrte unter anderem in Marburg und Stuttgart. Bis 2010 leitete er die Bielefelder Kunsthalle. Achenbach habe bei einigen Kunstverkäufen an den Pharma-Unternehmer Christian Boehringer „hohe Preisaufschläge“ vorgenommen, sagte Kellein am Montag als Zeuge vor dem Landgericht Essen.

Da er für Achenbach nur als Berater gearbeitet habe und nicht in die Geschäftsvereinbarungen einbezogen gewesen sei, habe er aber zunächst keinen Verdacht geschöpft. Die Kunstverkäufe zwischen Achenbach und Boehringer wurden über die Kunstberatungsfirma Berenberg Art Advice abgewickelt. Achenbach hatte Kellein als Berater für den Aufbau der Sammlung für Boehringer engagiert. „Ich kannte Achenbach als bedeutenden Kunstberater und respektable Person. Ich war beeindruckt von ihm“, sagt Kellein in seiner mehrstündigen Befragung . „Als ich anfing, für Achenbach zu arbeiten, war ich naiv und gutgläubig.“ Achenbach sei „warmherzig, freundschaftlich und fürsorglich gewesen“. Über die Kunstberatungsfirma Berenberg Art Advice, deren Geschäftsführer Achenbach und ein mitangeklagter Kunstexperte waren, sollte für Boehringers Millionen Kunst beschafft werden. Kellein beschreibt seine Rolle dabei als die eines „Souffleurs“, der den Sammler durch die Welt der Kunst führt. Manchmal sei er auch nur der „Laufbursche“ zwischen dem Kunden und dem Berater gewesen.

Auf Empfehlung seiner Berater kaufte Boehringer recht spezielle Werke, zum Beispiel eine Stickarbeit von Alighiero Boetti, die von Handwerkern in Afghanistan angefertigt wurde. Fünf auf Blättern geschriebene „Texte“ des US-Konzeptkünstlers Lawrence Weiner, die später erst zu Kunstwerken verarbeitet werden sollten, kosteten rund 1,1 Millionen US-Dollar. „Pass mal auf, wir verkaufen das dem Christian teurer“, habe Achenbach gesagt, so Kellein. Für die fünf Weiner-Texte zahlte Boehringer später rund 1,8 Millionen Dollar. Kellein bekam eine Provision von rund 200 000 Dollar. „Ich fand das außergewöhnlich großzügig, eigentlich traumhaft“, sagt er. Später habe er das Geld zurückgezahlt, als ihm die Unregelmäßigkeiten auffielen. Insgesamt 45000 Euro habe er 2012 von der Berenberg Art Advice überwiesen bekommen. 2013 waren es monatlich fast 7000 Euro - bis zum Juni, als Kellein die Gesellschafter der Privatbank Berenberg in Hamburg über die hohen Preisaufschläge Achenbachs informierte und die Kunstberatungssparte kurz darauf aufgelöst wurde. Nach drei Geschäften mit Boehringer zwischen Dezember 2012 und Mai 2013 habe er gemerkt, dass „irgendetwas nicht stimmt“. Achenbach habe Preisaufschläge vorgenommen, „die ich nicht mehr mittragen konnte“.

Kellein griff nach eigenen Angaben zum Telefonhörer und warnte die Berenberg Bank. Er wurde zum „Whistleblower“, zum Enthüller einer spektakulären Affäre. Dann listete er in einem Brief alle Kunstverkäufe an Boehringer auf. „Was hast Du dir dabei gedacht? Ich bin fassungslos“, habe Achenbach ihm kurz darauf in einem Telefonat gesagt. Achenbach wurde ein knappes Jahr später, im Juni 2014, festgenommen. Kellein berät Boehringer nach eigenen Angaben bis heute beim Kunstsammeln. Die Staatsanwaltschaft wirft Achenbach, 62, vor, nicht nur Kunden der Berenberg Art Advice, sondern auch den Aldi-Erben Berthold Albrecht betrogen zu haben. Tsp/dpa

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