Ausstellung „Going West!“: Bunte Pioniere - Comics und der Wilde Westen
Vor 70 Jahren ritt Lucky Luke das erste Mal durch die Prärie - eine Ausstellung und ein opulenter Katalog analysieren das Verhältnis des Comics zum Wilden Westen.
Eine Verfolgungsjagd mit Slapstick-Einlage, ein furchtloser Cowboy auf seinem Schimmel, der noch in der größten Not einen lockeren Spruch auf den Lippen hat – so hatte vor 70 Jahren eine Figur ihren ersten Auftritt, die zu einer bis heute populären Ikone des europäischen Comics werden sollte: Lucky Luke. Western-Geschichten waren damals, 1946, dank Comic-Importen und Filmen aus den USA zwar längst auch in Europa etabliert. Mit dem von Maurice de Bevere alias Morris erfundenen Helden betrat jedoch erstmals eine von einem Europäer geschaffene Comic-Figur die uramerikanische Bühne. Und auch wenn der Cowboy, der schneller schießt als sein Schatten, das Genre vor allem parodiert, hat er doch auch seinen Teil zu einem Mythos beigetragen, den aktuell eine Wanderausstellung und ein opulenter Begleitband analysieren.
„Going West! Der Blick des Comics Richtung Westen“ heißt die von dem Kunsthistoriker Alexander Braun konzipierte Schau. Auf vorbildliche Weise verbindet sie die Aufarbeitung von rund 100 Jahren Comicgeschichte mit einem zutiefst skeptischen Blick auf einen Mythos, den Braun vor allem als großen Betrug sieht. Die als Pionierabenteuer voller Freiheitsliebe und Gemeinschaftssinn inszenierte Eroberung des Westens der heutigen USA war, wie Braun mit vielen Dokumenten illustriert, in der Realität eine Mischung aus Völkermord, Opferung von Glückssuchern und kapitalistischer Ausbeutung.
Von „Prinz Eisenherz“ bis „Blueberry“
Klug arbeitet er in reich bebilderten Essays auf, wie die Konstruktion des „Westens“ einschließlich der Definition der Ureinwohner als bedrohliche Masse zur Identitätsstiftung der jungen amerikanischen Nation beitrug. So wie in einer Micky-Maus-Episode von 1930, in der die Indianer, die Micky und andere Pioniere attackieren, kaum mehr als wilde Tiere sind. Zugleich gab es aber von Anfang an auch Zeichner, die in ihren Comics versuchten, ein realistischeres Bild der Ureinwohner zu zeichnen.
Mit großem interdisziplinärem Wissen und Liebe zum Detail macht Braun deutlich, wie die Kunstform Comic und das sich über die Jahre wandelnde Bild vom Wilden Westen einander beeinflussten. Exkurse in die Biografien der Schöpfer von US- Klassikern wie „Prinz Eisenherz“ und „Krazy Kat“ sowie später europäischen Westerncomics wie „Blueberry“ und „Comanche“ machen deutlich, wie stark die jeweilige Interpretation des Themas mit der Biografie des Autors zusammenhing – bei „Lucky Luke“ zum Beispiel mit einem langen US-Aufenthalt des Belgiers Morris und seines späteren Autors René Goscinny.
Wie schon mit seiner preisgekrönten Neuedition von „Little Nemo“ leistet Braun hier erneut wertvolle Pionierarbeit: Comic- Kenner können sich an der Kontextualisierung von Klassikern und an selten zu sehenden Originalen erfreuen. Und Neueinsteiger bekommen eine fundierte Einführung in ein vielschichtiges Genre. Das mag zwar auf einem großen Schwindel beruhen – aber auf einem sehr unterhaltsamen.
Alexander Braun: Going West! Der Blick des Comics Richtung Westen. Bis 21. 2. Wilhelm-Busch- Museum Hannover, ab 4. 3. Zeitungsmuseum Wadgassen. Katalog (432 S., 49 €) in den Ausstellungen und per Mail (inkl. 5 € Porto): mail@german-academy-of-comic-art.org
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