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Musik soll das Leben verbessern. So lautet das Credo von Brian Eno.
©  dpa/Uli Deck

Britischer Produzent: Brian Eno wird 70

Wenn die Algorithmen tanzen: Brian Eno hat Ambient erfunden und Bands wie U2, Coldplay oder Talking Heads produziert. Jetzt feiert der britische Musikphilosoph Geburtstag. Eine Gratulation.

Wie sah Brian Eno eigentlich 1975 aus? Blass, dürr und alienhaft, ein bisschen wie sein Freund und Kollege, der Thin White Duke David Bowie. Enos Haare waren noch rockermäßig lang, jedenfalls an den Seiten, über der Stirn wurden sie dünn. Als Keyboarder von Roxy Music war er in extravaganten Samtkostümen, mit Federboa und in Plateauschuhen aufgetreten.

Jetzt hatte er sich von der Band losgesagt und zeigte sich auf einem Foto in der Juli-Ausgabe des amerikanischen Popmagazins „Creem“ im bauchnabelfreien Muscle Shirt. Allerdings war sein Bizeps nicht der Rede wert. Trotzdem muss die Zeile „Und du siehst aus wie der junge Brian Eno“ aus dem Song „1975“ der Hamburger Rockband Die Regierung unbedingt als Kompliment verstanden werden. Denn Brian Eno sah nicht bloß genial aus. Er war auch genial.

Eno, der am 15. Mai 1948 in der südenglischen Grafschaft Suffolk geboren wurde, kam von der Kunst zur Musik und betont bis heute, nie eine musikalische Ausbildung im herkömmlichen Sinn durchlaufen zu haben. Er sieht sich als Forscher. Als er an der Winchester School of Art bei Southampton studierte, lief ihm der Who-Gitarrist Pete Townshend über den Weg, der dort eine Vorlesung hielt.

Es muss ein Erweckungserlebnis gewesen sein. Nicht nur, dass man Musik machen kann, ohne Musiker zu sein, nein – das begriff Eno schnell –, diese Musik klingt auch interessanter. Der Nicht-Musiker experimentierte mit Tonbandmaschinen und entwickelte mit dem King-Crimson- Gitarristen Robert Fripp die „Frippertronics“, eine analoge Vorstufe des Loopens und Samplings von Tönen.

Rockstar wurde er aus Zufall

Rockstar wurde Eno aus Zufall. Zu Roxy Music stieß er, weil er in der Londoner U-Bahn den Saxofonisten Andy Mackay getroffen hatte. „Nur deshalb begann meine Musikkarriere“, erzählte er später. „Wenn ich zehn Meter weiter auf dem Bahnsteig gelaufen wäre oder diesen Zug verpasst hätte, wäre ich heute wahrscheinlich Musiklehrer.“ Bei Roxy Music, wo er für die Elektronik zuständig war und im Background sang, stieg er 1973 aus, weil er sich mit Sänger Bryan Ferry überworfen hatte. Außerdem fand er das Leben eines Rockstars anstrengend und langweilig.

Ambient, die Musikrichtung, der er den Namen gab, sei, so lautet eine berühmte Eno-Weisheit, „genauso ignorierenswert wie interessant“. Nicht mehr Pop, eher eine prinzipiell ins Unendliche strebende Klanginstallation. „Ambient 1: Music for Airports“ heißt sein bahnbrechendes Soloalbum aus dem Jahr 1978, das vier minimalistische, auf Tonbandloops basierende Kompositionen enthält, die tiefenentspannt ins sphärische Nichts schweben. Inspiriert dazu wurde Eno angeblich von einem Aufenthalt auf dem Köln/Bonner Flughafen, wo er den Lärm unerträglich fand. Musik, so wie er sie versteht, soll das Leben verbessern und wie ein Filter funktionieren. Zu dieser Zeit hatte Eno oft in Deutschland zu tun. Er unterstützte David Bowie in den Berliner Hansa-Studios bei der Arbeit an den Alben der „Berlin Trilogy“ und nahm mehrere Platten mit Krautrock-Musikern wie Hans Roedelius, Dieter Moebius und Michael Rother auf.

Eno hat Platten von Nico, Paul Simon, U2, den Talking Heads und Coldplay produziert, sein Einfluss auf die Popmusik der letzten 30, 40 Jahre kann gar nicht überschätzt werden. Von der Rolle des Erfinders wechselte er mehr und mehr in die eines Philosophen. Für Nokia schuf er Klingeltöne, für Apple eine Smartphone- App, die selbstständig Musikstücke herstellt.

„Meine ursprüngliche Absicht mit Ambient-Musik war es, endlose Musik zu machen, Musik, die so lange da sein würde, wie du sie hören willst“, so beschreibt er seine Arbeit. Inzwischen helfen ihm Algorithmen. „Es ist wie Gartenarbeit: Du pflanzst die Samen und dann kümmerst du dich um sie, bis du einen Garten hast, den du magst.“ Man kann sich Brian Eno wie Sisyphos vorstellen, als glücklichen Menschen.

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