Warren Ellis' "Vargr" und Jim Lees "Batman Europa": Bond und Batman besuchen Berlin
Die Comicreihen "Vargr" und "Batman Europa" bringen zwei Genre-Ikonen nach Deutschland. Das ist unterhaltsam, in einem Fall aber optisch enttäuschend.
Eine mysteriöse neue Droge führt James Bond nach Berlin. Er soll den Hersteller ausfindig und unschädlich machen. Ein Routinejob. So scheint es. Doch kaum ist 007 in Tegel gelandet, sitzt schon eine Frau auf seinem Schoß und will ihm mit übermenschlichen Kräften an die Gurgel. Weil der Angriff in einem Auto stattfindet, ist selbiges schnell Schrott und Bond muss sein Rollköfferchen zu Fuß in die Britische Botschaft am Brandenburger Tor ziehen. Kurz danach steht mal wieder die Sicherheit des Vereinigten Königreichs auf dem Spiel.
So beginnt „Vargr“, die erste James-Bond-Comicerzählung seit 20 Jahren, die im Original seit Ende 2015 als Heftserie beim US-Verlag Dynamite erscheint. Den über sechs Ausgaben laufenden ersten Handlungsbogen hat Splitter nun gesammelte auf Deutsch vorgelegt.
Viel Gewalt, wenig Sex
Der britische Autor Waren Ellis zeigt 007 darin im Stile der frühen Ian-Fleming-Romane als gefühlskalte Killermaschine. Nach den eher mühsamen Selbstgeißelungen und Identitätskrisen des Film-007 ist das erfrischend gradlinig. Auch die Story ist direkt, simpel und extrem brutal. Mehr als 20 Menschen befördert Bond auf den knapp 150 oft unbetexteten Seiten vom Leben in den Tod. Dazu kommen noch Dutzende von anderen produzierte Leichen.
Der Eckpfeiler des Bond-Film- und Roman-Universums bedient sich Ellis fleißig und kenntnisreich. Ein kurzer, heftiger Prolog, mysteriöse Frauen mit bekloppten Namen, Killer mit viel Muskeln und wenig Hirn, hart an der Grenze zur Karikatur schrammender High-Tech-Firlefanz, größenwahnsinnige Superverbrechern? Alles da. Nur Sex gibt es kaum.
Alles in allem macht Ellis also neugierig auf weitere Comic-Abenteuer mit Bond. Angeblich hat die Fleming-Foundation die 007-Rechte für zehn Jahre an Dynamite Comics vergeben.
Optisch steif und statisch
Nur optisch fällt der Band deutlich ab. Zeichneten sich die vielen Variant-Cover der Hefte, die im Sammelband leider nicht gezeigt werden, durch grafische Finesse aus, sind die Zeichnungen und Seitenaufteilungen von Jason Masters besonders im Mittelteil des Buches häufig steif, die Bewegungen statisch, die Hintergründe detailarm. Auch die Kolorierung von Guy Major wirkt arg steril.
Genau wir die Stadt Berlin. Zwar spiegelt sich in den Taxischeiben mal das Haus des Lehrers, mal der Fernsehturm, und es gibt ein paar Anspielungen auf die Hipster-Kultur („Die Bohnen werden in Kreuzberg geröstet. Die Menschen hier haben ein Händchen für Kaffee“) sowie den eingeschlafenen Kalten Krieg („Die größte Gefahr in Berlin sind die Fahrradfahrer“). Prinzipiell aber hätte die Geschichte mit ein paar anderen Vorzeichen auch in Paris oder Budapest spielen können.
Was Batman in Berlin erlebt
Gleiches gilt für „Batman Europa“, einen neuen Zweiteiler, in dem der Protagonisten auf der Suche nach einem Heilmittel für ein gefährliches Virus, das nicht nur seinen Computer, sondern auch ihn selbst befallen hat, quer über den Kontinent geschickt wird. Erster Stopp: Berlin.
Referenzen an Wim Wenders
Auch hier ist die Stadt weniger Protagonist, als Lieferant von ikonischen Bildern: Batman wacht auf der Siegessäule wie dereinst Otto Sander in Wim Wenders „Der Himmel über Berlin“, der Reichstag strahlt in der Nacht wie Fritz Langs „Metropolis“.
Worte ohne Wiederhall
Garniert wird das Ganze mit dick aufgetragenen Texten à la „Heute ist die Stadt ein böser Traum, aus dem die Stadt aufwachen will“ oder „All das Blut ist noch da, obwohl Checkpoint Charlie mittlerweile ein Relikt ist“. Derlei Statements bleiben allerdings Behauptung und finden keinerlei Wiederhall in der Handlung oder den Bildern der Stadt, die vor allem menschenleere und dunkle Straßen zeigen. Berlin ist wie Gotham, nur ohne Bevölkerung.
Unterhaltsam ist die Geschichte trotzdem. Denn zum einen ist die von Brian Azzarello und Matteo Casali entworfene Schnitzeljagd routiniert erzählt, und der an Berlin anschließende Prag-Teil atmete deutlich mehr Stadtgeschichte, zum anderen beeindrucken die Zeichnungen von Jim Lee und Giuseppe Camuncoli nicht nur mit technischer Perfektion, sondern auch mit ihrem Mut zu Dreck und Härte. Schon lange sah der Joker, dem in dieser Geschichte eine besondere Rolle zufällt, nicht mehr so fies aus.
Waren Ellis: James Bond 007 – Band 1: Vargr, Splitter, 148 Seiten, 19,80 Euro
Brian Azzarello, Matteo Casali, Jim Lee, Giuseppe Camuncoli: Batman Europa 1, Panini, 68 Seiten, 5,99 Euro. Band 2 erscheint am 5. Juli.
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