Philharmonischer Chor Berlin: Blick in die Sterne
Rheinbergers Weihnachtskantate "Der Stern von Bethlehem" und Bachs "Magnificat": Das Weihnachtskonzert des Philharmonischen Chors in der Philharmonie.
Von unten über die große Sekunde hoch in die Oktav: Das Sternenmotiv in Josef Rheinbergers Weihnachtskantate von 1890 schwingt sich wundersam himmelwärts, ausgerechnet dann, als im Text der „himmlische Segen“ auf die Erde herabsinkt. Helle Soprane, mühelose Spitzentöne, lichte Harmonien, sanfte Disharmonien – warum nicht mal auf spätromantische Manier die Geburt Christi besingen? Im „Stern von Bethlehem“ reimt sich „Krippe“ auf „Lippe“ und „Erlöser der Welt“ auf „Händchen hält“.
Eine Kantate über das Ende der Dunkelheit, mit hellen Sopranen und lichten Harmonien
Das Werk des lange fast vergessenen Komponisten Rheinberger erinnert mal an die „Ernsten Gesänge“ von dessen Freund Brahms, mal an die verklärend-klassizistische Ästhetik der Nazarener. Wobei der Philharmonische Chor unter Leitung seines Chefs Jörg-Peter Weigle den für heutige Begriffe leicht kitschigen Text (von Rheinbergers Ehefrau Fanny von Hoffnaaß) mit größtmöglicher Natürlichkeit versieht. Die nie forcierende, gut durchhörbare, edle Klangkultur des Ensembles steht der Kantate über das Ende der Dunkelheit gut zu Gesicht – auch wenn man sich die Männerstimmen etwas kräftiger wünschte.
Das Konzerthausorchester durchsetzt die somnambulen Chorszenen und Arien mit organischem Pulsschlag, mal im weich abgefederten Pastoralton, mal von kurzen Blitzen durchzuckt, wenn die Weisen aus dem Morgenland vom Gewittersturm heimgesucht werden.
Friede auf Erden, Jörg-Peter Weigle macht daraus eine Frage des Takts und des Timbres: In Bachs „Magnificat“ sorgt Karin Dahlberg mit ihrem vollfarbenen, anmutigen Sopran erneut für bewegende Momente; die sich aneinander schmiegenden Stimmen der Altistin Karin Repova (anstelle der erkrankten Britta Schwarz) und des Tenors beim „Et misericordia eius“ tun es ihr gleich. Roman Trekels Opern-Vibrato passt zwar nicht ganz ins Bild, aber der Chor lässt sich von so viel engelsgleichem Gesang doch dazu inspirieren, weiter Ballast abzuwerfen. Grazil, gläsern die Tutti: Schon in Rheinbergers Schlusschor hatten die Sänger die Stille beschworen. Friede auf Erden? Manchmal hilft es schon, einen freundlichen, behutsamen Ton anzuschlagen.