Der Kirchenkalender: Bis zur letzten Nadel
Wann ist eigentlich die Weihnachtszeit vorbei? Da streiten sich die Geister - und Konfessionen. Eine Glosse.
Für die einen ist am heutigen Sonntag Schluss. Ab mit dem Baum auf die Straße, der Baumschmuck kommt in die Kiste, die Sternsinger waren da, und in der Blechdose krümeln die letzten Zimtsterne vor sich hin. Am Sonntag nach Epiphanias, vulgo: dem Dreikönigstag endet die Weihnachtszeit, so ist es Usus in unseren blassreligiösen Breitengeraden. Am Montag kommt die Stadtreinigung.
Für die Großmutter wäre das Blasphemie gewesen. Die Krippe bleibt, da war sie stur, der Baum bleibt auch, und wenn er noch so nadelt (zuletzt war der Baum praktisch kahl). Die Protestanten sind fix, gern gehen sie mit den Sternsingern wieder zur profanen Tagesordnung über. Bei frommen Katholiken dauert Weihnachten dagegen bis Mariä Lichtmess am 2. Februar. Das Fest erinnert an den Tag, als Jesus im Tempel präsentiert wurde. Der Messias erblickt das Licht der Öffentlichkeit, erst dann sind Geburt und Kindheit passé. Das No-Show-Paradies, unbeschwerte Normalo-Existenz, bevor es ans Erlösen geht, es währt 40 Tage.
Wir leben in schnellen Zeiten. 40 Tage Weihnachtszeit (so wie später 40 Tage Fastenzeit), das hält kein Nadelbaum aus, und der moderne Zeitgenosse erst recht nicht. Zeit dehnt sich, Zeit staucht sich und ist überhaupt unberechenbar. Bei der geschäftsführenden Kulturstaatsministerin kommen die Sternsinger erst am 17. Januar zu Besuch ins Büro. Geht klar, Monika Grütters ist Katholikin.
Wehe, an Mariä Lichtmess ist gutes Wetter
Die Bauernregel besagt übrigens, dass mit dem 2. Februar das Bauernjahr beginnt, zweitens die Hälfte des Winterfuttervorrats noch auf Lager sein sollte (was jetzt definitiv zu früh wäre) und drittens gutes Wetter zu Lichtmess einen schlechten Frühling nach sich zieht. „Wenn an Lichtmess der Dachs seinen Schatten sieht,/geht er nochmal für sechs Wochen in den Bau.“ Was wiederum auch mit dem Groundhog Day in Amerika zusammenhängen soll.
Die Zeit dreht sich im Kreis – und täglich grüßt das Murmeltier. Wann immer Weihnachten nun tatsächlich vorbei ist, der nächste Advent kommt bestimmt. Die Großmutter hatte Anfang Dezember immer noch ein paar Sterne vom Vorjahr in der Dose.
Christiane Peitz
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