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Darstellerin Rosa da Silva spielt Anne Frank in der Inszenierung in Amsterdam.
© dpa
Update

Tagebuch der Anne Frank auf der Bühne: Autor Leon de Winter weist Kritik an Inszenierung zurück

Weltpremiere und Wagnis: Das Tagebuch der Anne Frank soll als Bühnenstück "Anne" die Zuschauer fesseln und berühren. Doch wie passt die Multimediashow zur Holocaust-Thematik?

Es ist eine Produktion der Superlative: Weltpremiere. Ein extra dafür gebautes Theater. Eine gigantische Multimediaschau. Eine Geschichte, die die Welt bewegt. Das Tagebuch der Anne Frank. Am Donnerstag (8. Mai) wird das Stück „Anne“ in Amsterdam uraufgeführt. Schon das Theater selbst ist ein Wagnis. Die Produktionsgesellschaft Imagine Nation hatte es mit viel Glas und Stahl am alten Holzhafen von Amsterdam bauen lassen. Die Aussicht aus dem Foyer nimmt einem den Atem. Der Blick geht weit über das Ij und die vorüber ziehenden großen Lastkähne.

Die Produzenten bauten das Theater mitten in der Krise und einer Zeit der zusammengestrichenen Kultur-Etats. „Ohne Subventionen und ohne Sponsoren“, sagt Produzent Robin de Levita. Zahlen nennt er keine. „Sonst geht es nur noch ums Geld“, wehrt der 55-jährige Amsterdamer ab. Der Anne Frank Fonds in Basel, der die Rechte am Tagebuch besitzt, hatte den Produzenten beauftragt und das niederländische Autoren-Paar, Leon de Winter und Jessica Durlacher, gebeten, den Text zu schreiben. Das bisher einzige Stück zu Anne Frank aus dem Jahre 1955 war veraltet. Außerdem werden nun erstmals die Originaltexte des Tagebuchs auf die Bühne gebracht.

„Was für eine Aufgabe, was für eine Verantwortung“, war der erste Gedanke von De Winter. „Anne Frank ist weltweit zu einem Symbol geworden“, sagt der 60 Jahre alte Bestsellerautor. Ihre Geschichte kennt so gut wie jeder, Anne wurde eine Art Mythos. Wenige Stunden vor der Uraufführung hatte De Winter Kritik am kommerziellen Charakter des Stücks zurückgewiesen. Wenn man eine breite Öffentlichkeit erreichen will, dann sei das unvermeidlich, sagte De Winter im niederländischen Fernsehen. „Bereits die Entscheidung 1947, das Buch zu veröffentlichen, war eine Kommerzialisierung.“

Im Tagebuch wird Anne Frank lebendig

Das jüdische Mädchen aus Frankfurt am Main lebte zwei Jahre mit seiner Familie in einem Hinterhaus in Amsterdam im Versteck vor den Nationalsozialisten. Nach dem Verrat folgte die Deportation. Anne starb im Alter von 15 Jahren im Konzentrationslager Bergen-Belsen. Nur der Vater Otto überlebte. Er veröffentlichte 1947 das Tagebuch seiner Tochter.

Das Hinterhaus an der Prinsengracht wird jedes Jahr von mehr als einer Million Menschen besucht. „Es ist ein Mausoleum“, sagt De Winter. „Erst im Tagebuch wird sie lebendig.“ Mit ihrem Stück wollen die beiden Autoren auch gegen die „Versteinerung“ von Anne angehen. Auf der Bühne soll die Entwicklung von Anne gezeigt werden, vom lebenslustigen, eigenwilligen und begabten Mädchen zur Schriftstellerin - und das überschattet von ständiger Angst und Bedrohung.

Annes Leben wird auf einer gigantischen Bühne dargestellt, acht bis zehnmal größer als in einem gewöhnlichen Theater. Die Schauplätze - wie das Versteck an der Prinsengracht - wurden originalgetreu nachgebaut. Auf großen Leinwänden werden historische Bilder und Filme projiziert. Die Zuschauer sollen die Ereignisse fast live miterleben. „Sie werden in die Geschichte hineingezogen“, verspricht der Produzent.

Passt die Theater-Superlative zur Holocaust-Thematik?

Die Superlative passen nicht zu dem Thema, das alle zum Schweigen bringt - der Holocaust. Anne Frank eigne sich nicht für einen geselligen Theaterabend mit Champagner, lautete dann auch vereinzelt Kritik in den Niederlanden. Autoren und Produzent aber weisen die Kritik zurück. Es werde eine „absolut integre Vorstellung“. Mitten in den Proben fuhr das gesamte Ensemble - renommierte Schauspieler, Komponist, Regisseur - nach Auschwitz. „Dort wird die Geschichte sehr real“, sagt De Levita.

„Jeder war danach eine Woche still.“ „Anne“ soll mindestens zwei Jahre laufen. Auch wenn es auf Niederländisch gespielt wird, erwartet der Produzent auch viele internationale Besucher. Sie können die Vorstellung mit einer deutschen und englischen Übersetzung an ihrem Sitzplatz vom I-Pad verfolgen.

„Es ist das Wichtigste und Schwierigste, was ich jemals gemacht habe“, sagt De Levita, der seit über 30 Jahren erfolgreich Theaterstücke im In- und Ausland produziert. „Und ich hoffe, es ist auch das Beste.“ (dpa)

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