art berlin wird eingestellt: Aus für Berlins wichtigste Kunstmesse
Der Veranstalter vermisste die Planungssicherheit. Deshalb soll es die art berlin nicht mehr geben – bis auf Weiteres.
Damit gerechnet hatten alle, vielleicht nur nicht so schnell, so überraschend. Am Mittwoch kam die Mitteilung aus Köln: Die art berlin wird eingestellt. Vorerst, wie es heißt. Das Engagement der Kölner Messegesellschaft, die vor drei Jahren die glücklose ABC übernommen und noch einmal die Hoffnung auf Berlin als Marktplatz geschürt hatte, kennt offensichtlich Grenzen.
„Aufgrund des großen Engagements aller Beteiligten in den vergangenen Jahren bedauern wir diesen Schritt sehr“, sagt Gerald Böse, der Vorsitzende der Geschäftsführung der Koelnmesse.
Anders als angekündigt gibt die Koelnmesse damit vorzeitig auf. Ausschlaggebend für diese Entscheidung seien die aktuellen Rahmenbedingungen in Berlin, die insbesondere Planungssicherheit vermissen ließen, lautet die Begründung. Unter den gegebenen Bedingungen in Berlin sehe man keine Möglichkeit eine Veranstaltung zu realisieren, „die unseren Vorstellungen gerecht wird“, so Gerald Böse, Vorsitzender der Geschäftsführung der Koelnmesse.
Koelnmesse: Vorwurf an das Land Berlin
Darin wird ganz unverhohlen ein Vorwurf an das Land Berlin deutlich, das sich für die nach der ABC ebenfalls kränkelnde Kunstmesse art berlin nie sonderlich eingesetzt hatte. So ist bislang nicht gesichert, ob der seit zwei Jahren bespielte Hangar im Flughafen Tempelhof auch 2020 wieder zur Verfügung steht. Zugleich fiel die letzte Ausgabe eher deprimierend aus.
Es blieben nicht nur wichtige internationale Teilnehmer weg, sondern auch Berliner Galeristen hatten sich mehr und mehr zurückgezogen. Bereits der Eröffnungsabend fiel freudlos aus, die Halle leerte sich vorzeitig, das Gesicht der Berliner Messechefin Maike Cruse, die zuvor auch schon die ABC geleitet hatte, wurde mit jedem weiteren Tag länger.
Die in früheren Jahren von auswärts angereisten Sammler blieben fern, die Geschäfte liefen seit Jahren schleppend.
2011 war bereits das Art Forum eingestellt worden
Für Berlin als selbsterklärte Kunstmetropole ist die Absage der Koelnmesse ein schwerer Schlag. Nachdem die Messegesellschaft Berlin 2011 das Art Forum, die erste Kunstmesse unterm Fernsehturm, aufgegeben hatte, weil sie sich nicht als lukrativ genug erwies, waren Galeristen mit der ABC als Ersatz eingesprungen, ebenfalls ohne zu reüssieren.
Mit dem Ende der art berlin, dem dritten Anlauf, scheint das Schicksal besiegelt, dass Berlin als internationale Messestadt keine Chance hat. Vielleicht hätte es Aussichten gegeben, wenn sich das Land wie etwa Paris, Wien, Madrid oder Turin finanziell engagiert hätte. Dort werden die Sammler aus dem Ausland eingeflogen, die Kojen großzügig von der öffentlichen Hand gefördert.
In Paris werden die Straßen rund ums Grand Palais gesperrt, der Präsident persönlich gibt sich zur Eröffnung die Ehre zur Eröffnung. In Berlin hingegen lässt sich nicht einmal der Regierende Bürgermeister blicken.
Kultursenator Lederer musste sich diesmal bei seinem Rundgang am Stand von Judy Lybke herbe Kritik anhören. Der setzte sich bisher immer mit dem Hinweis zur Wehr, dass für Wirtschaftsförderung die Wirtschaftssenatorin zuständig sei.
Niemand sprach mit dem Senat
"Der Ausstieg ist eine Entscheidung der Kölnmesse, die wir bedauern. Noch bedauerlicher ist, dass die Messe vorher keine Gesprächsanfragen oder Hinweise an die Senatsverwaltungen dazu gerichtet hat, dass die art berlin in 2020 nicht gesichert ist", heißt es aus dem Büro von Wirtschaftssenatorin Ramona Pop.
"Wir haben die zuständigen VertreterInnen vom Tempelhof Projekt um eine Stellungnahme gebeten und erwarten schnellstmögliche Aufklärung." Die landeseigene Tempelhof Projekt GmbH ist für die Ausstellungsflächen in den Hangars zuständig.
Der Landesverband Berliner Galerien (lvbg) forderte kürzlich, die Senatsverwaltung für Wirtschaft sollte die Kunstmessen unterstützen, indem die Flächen auf dem ehemaligen Flughafenareal kostengünstig zur Verfügung gestellt werden.
Zu wenig Promotion im Rahmen der Berlin Art Week
Die von der Senatsverwaltungen für Wirtschaft, Energie und Betriebe und der Senatsverwaltung für Kultur bereitgestellten Mittel fließen derzeit zum Großteil in die Bewerbung der parallel stattfindenden Veranstaltungswoche "Berlin Art Week". Zuletzt stellte die art berlin nur noch einen Programmpunkt unter vielen dar im Laufe dieser Kunstwoche, obwohl die Messe ursprünglich ihr Aufhänger gewesen war.
Vom Ende der art berlin könnte allerdings die Positions profitieren, die kleinere, regional orientierte Messeschwester, die parallel ebenfalls im Flughafen Tempelhof stattfand.
Sie schien zuletzt den Herzen der Berliner Politiker näher, wie auch im Gespräch mit Daniel Hug, dem Direktor der Art Cologne und Mastermind hinter der Übernahme der ABC, deutlich wird: hat Verständnis für die Entscheidung und lobt seine Berliner Kollegen: "In so einer Lage ist es wichtig, dass die Leitung vor Ort eine realistische Einschätzung trifft."
Das Ende der Messe beruhe auf der speziellen Berliner Situation: "Wir stellen die Messe nicht ein, weil sie kein Erfolg war. Das Problem waren die Hallen. „Wir hatten keine Planungssicherheit für die Location, und wir sollten hinter der Positions platziert werden.“
Konkurrenz mit der zweiten Kunstmesse am Standort
Der Schwarze Peter liege beim Senat: "Wir haben keine Unterstützung von der Stadt bekommen." Auch sei der Antagonismus mit der der anderen Berliner Kunstmesse nicht förderlich gewesen. "Die Positions ist in Berlin sehr gut mit der Regionalpolitik vernetzt", erklärt Hug sybillinisch. Diese Kränkung wollte man sich offensichtlich nicht bieten lassen.
Heinrich Carstens, Leiter der Positions, hatte schon im Herbst zu verstehen gegeben, dass er im Zweifel auch alleine weitermachen werde. Zugleich lässt sich der Rückzug der Koelnmesse aus Berlin auch vor den veränderten Bedingungen im Rheinland erklären. Vor zwei Jahren war die MCH-Group, die Messegesellschaft der Art Basel, bei der Düsseldorfer Messe eingestiegen, was die Kölner als Kriegserklärung empfanden.
Mit Berlin hatte die Koelnmesse das entsprechende Gegenstück für eigene Expansionspläne gefunden. Von der Achse Köln-Berlin versprach man sich eine gewinnbringende Verbindung sowohl für Messeteilnehmer als auch -betreiber an Rhein wie Spree. Als der Konkurrent MCH Anfang des Jahres in Düsseldorf wieder ausstieg, dürfte auch für Köln der Druck nachgelassen haben, sich auswärts zu engagieren.
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Bleibt das Gallery Weekend
Für Maike Cruse, die Chefin der art berlin, ist das kurzfristig verkündete Aus zwar ein Schlag, doch wird sie sich mehr denn je auf das Berliner Gallery Weekend im Frühjahr konzentrieren, das ebenfalls unter ihrer Leitung steht. Bislang gilt es noch als andernorts gern kopiertes Erfolgsmodell.
„Allerdings“, so Böse weiter, „sehen wir momentan unter den gegebenen Bedingungen in Berlin keine Möglichkeit eine Veranstaltung zu realisieren, die unseren Vorstellungen gerecht wird.“
So sei die weitere Nutzung des Standorts Tempelhof ab 2020 nicht gesichert und schließlich das finanzielle Ergebnis der bisherigen Veranstaltungen für die Koelnmesse nicht befriedigend gewesen. „Unsere Konzentration gilt nun mehr denn je den Kunstmessen am Standort Köln.“