Kunst und Markt: Messe Paris Photo: Altmeister und Jungbauern
Erfolgreiche Eröffnung, abruptes Ende: Die Paris Photo reagiert mit vorgezogener Schließung auf die Anschläge in der Stadt
Die römischen Ruinen, die sich vor weißgelben Bergen und einem zartblauen Himmel kaum abheben – ist das nicht Palmyra? Es war Palmyra. Der französische Fotograf Thibaut Cuisset hat 2008 eine ganze „Syrien-Serie“ aufgenommen, wie er sie nennt, und nun stand diese eine Aufnahme bei der Galerie Les Filles du Calvaire (Paris) für 6500 Euro zum Verkauf.
Sie war eine von 147 Kojen bei der diesjährigen Messe Paris Photo, auf der es am Eröffnungstag brechend voll war. Nach den Terroranschlägen in der Stadt entschied man sich für ein vorzeitiges Ende der immerhin bestbesuchten Fotomesse der Welt, die sonst fast 60 000 Besuchern in fünf Tagen zählt.
Dennoch wurde wieder einmal klar, wie sehr die Fotografie in der Vergangenheit an Wert gewonnen hat: Höher als jetzt können die Preise grosso modo nicht mehr steigen. Sie waren bereits hoch, angefacht durch spektakuläre Auktionen alter und ältester Abzüge. Paris Photo konzentrierte sich deshalb ganz überwiegend auf die zeitgenössische Fotografie. Es ist eine wahrhaft globale Veranstaltung, sowohl hinsichtlich der Aussteller als auch der angebotenen Arbeiten. Beispielsweise Patricia Conde aus Mexiko: Sie bot ausschließlich Fotografen ihres Heimatlandes, darunter die Trouvaille einer handkolorierten Aufnahme von 1912, den Schattenriss einer Reiterstatue vor nachtblauem Himmel zeigend (35 000 Dollar). Oder Tanit mit der aparten Doppel-Ortsangabe „Beirut-München“ – eine „Ägyptische Suite“ von Fouad Elkoury aus den noch friedlichen Jahren 1989/90, rund 80 wie ein Film in Standbildern aufgereihte Aufnahmen aus Ägypten, dem Land und seinen Baudenkmälern (komplett 95 000 Euro).
Auch eine Galerie aus Saudi-Arabien ist dabei
Kalfayan (Athen) hatte den armenischen Syrer Hrair Sarkissian dabei, der an dem maßstabsgetreuen Betonmodell des elterlichen Hauses in Damaskus den Bombenkrieg veranschaulicht, vorher und nachher (je Abzug 28 000 Euro). Sogar eine Galerie aus Saudi-Arabien war dabei, ATHR aus Dschidda, hielt sich jedoch in politischer Hinsicht bedeckt und zeigt eher Kunst mit Fotografie von Hazem Harb. Serien finden sich in der zeitgenössischen Fotografie vielfach. Thomas Zander (Köln) zeigte eine konzeptionelle Serie von Dieter Meier, der beliebige Passanten in New York aufgenommen und ihnen nach dem Aussehen der Person „passende“ Namen gegeben hat (18 Aufnahmen, 35 000 Euro). Klemm's (Berlin) hatte Wolkenstudien von Adrian Sauer dabei, wie man die digital bearbeiteten und extra sichtbar gepixelten Arbeiten nennen könnte. Ein bewölktes Diptychon mit dem lapidaren Titel „30.6.2015“ ist mit 24 000 Euro ausgezeichnet. In Serien arbeitet auch Candida Höfer; ihr Londoner Händler Ben Brown hatte ein Großformat der Reihe aus dem Katharinenpalast in Puschkin bei St.Petersburg zur Hand, das bei einem Wandformat von 180 mal 210 Zentimetern mit 52 000 Euro zu Buche schlägt. Die ganze Serie ist demnächst in London zu sehen.
Die Großmeister der Serienfotografie aber sind und bleiben Bernd und Hilla Becher. Nach dem kürzlichen Tod nun auch von Hilla hat die Nachfrage wohl nochmals zugenommen, jedenfalls waren die „Stahlwerke Niederbreisbach“ von 1962 bei 52 000 Euro (Ben Brown) bereits am Eröffnungsnachmittag verkauft. Ein Vorbild der Becherschen Arbeitsweise war August Sander. Julian Sander, Urenkel des Fotografen, ist mit seiner Bonner Galerie weiterhin auf Arbeiten des Ahnen abonniert. Ein Abzug seines Großvaters Gunter Sander, der den Handel mit August Sanders „Menschen des 20. Jahrhunderts“ so richtig in Schwung brachte, von den berühmten „Jungbauern“ von 1914 ist mit bemerkenswerten 90 000 Euro ausgezeichnet, während neueste Abzüge weniger legendärer Motive bereits ab 3 600 Euro zu haben sind.
Keine Serien, aber veritable Einzelausstellungen präsentierten Peter Fetterman (Santa Monica) mit Arbeiten der Modefotografin Lillian Bassman auf senfgelben Wänden, von denen jeweils gleich 25er-Auflagen gezogen wurden und die dennoch mit 13 000-18 000 Euro, im Falle eines Großformats auch mit 41 300 Euro, angezeigt sind. Nextlevel (Paris) macht mit Polaroids des bereits sehr 85-jährigen André Kertész aus dem Jahr 1979 eher ratlos. Muss man jedes Alterswerk vorführen? Aus der jeweils besten Zeit der Fotografen hingegen hat Johannes Faber (Wien) Arbeiten von Henri Cartier-Bresson (um 18 000 Euro) oder Robert Doisneau (ab 4700 Euro) zur Hand, dazu den Meister des Piktorialismus Heinrich Kühn mit wundervoll komponierten „Bergsteigerinnen“ von 1906 (14 000 Euro).
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