zum Hauptinhalt
Bitte nicht nachmachen: Alice Cooper bei einem Konzert in der Londoner Wembley.
© imago/Future Image

Alice Cooper wird 70: Altes vom Hexer

Vom Pastorensohn zum König der Schockrocker: Alice Cooper ist ein Kinderschreck, den die Kinder lieben. Jetzt feiert er seinen 70. Geburtstag.

Erinnert sich noch jemand an die Gruselclowns, die vor anderthalb Jahren durch die sozialen Netzwerke und über die Titelseiten der Boulevardblätter geisterten? „Creepy Clowns“ wurden sie in den USA genannt, wo der Trend angeblich herkam. Sie erschreckten Alte, Kranke, Kinder, waren mit Messern bewaffnet und manchmal musste eines ihrer Opfer in die Notaufnahme. Ist der Spuk vorbei?
Alice Cooper tritt seit einem halben Jahrhundert in der Maske des bösen Clowns auf. Die in tiefe Kajal-Höhlen gebetteten Voodoopuppen-Augen sind sein Markenzeichen, genau wie sein glitzernder Zirkusdirektoren-Zylinder und das blutbesprenkelte Hemd. Trotzdem haben Kinder keine Angst vor ihm. Sie lieben ihn. Denn der Sänger hat bereits 1972, sieben Jahre vor „We Don’t Need No Education“ von Pink Floyd und 14 Jahre vor Grönemeyers „Kinder an die Macht“, mit einem seiner größten Erfolge das Ende der Herrschaft von Lehrern, Eltern und Bildungspolitikern ausgerufen: „School’s Out“.

Ankunft einer neuen, infantilen Ära

Zu herrlich stampfenden Glamrockgitarren verkündet Cooper da die Ankunft einer neuen, infantilen Zeit: „Well, we got no class / And we got no principals / And we got no innocence / We can’t even think of a word that rhymes.“ Wobei mit „Class“ natürlich nicht bloß die Schule gemeint war, sondern das gesamte Klassensystem. Schöne Pointe: Cooper behauptet zwar im Pluralis Majestatis, dass ihm „kein einziges Wort“ einfalle, das sich reime, doch gleich in der ersten Strophe folgen „choice“, „boys“, „noise“ und „toys“ als Endreime aufeinander. Alice Cooper, der am 4. Februar 1948 in Detroit, der Stadt von Motown, MC5 und Iggy Pop, geboren wurde, hieß ursprünglich Vincent Furnier. Den Namen Alice Cooper, der ursprünglich einer Figur der Fernsehserie „Mayberry R.F.D.“, entstammt, gab er 1968 der von ihm gegründeten Blues- und Boogierockband und 1975, mit Beginn seiner Solokarriere, sich selbst. Seine größten Erfolge „I’m Eighteen“, „School’s Out“ und „Elected“ hatte der Sohn eines evangelischen Bischofs bereits mit der Band.

Meistgeliebt im Heavy Metal

Doch zum König der Schockrocker und, so das Musikmagazin „Rolling Stone“, „meistgeliebten Heavy-Metal-Entertainer“ stieg Cooper erst in den Jahrzehnten danach auf, in denen er unermüdlich mit seinem bizarren Vaudeville-Rock-’n’-Roll-Zirkus um die Welt tourte. Stets dabei ist neben Giftschlangen und Sexpuppen seine legendäre Guillotine, mit der der Rollenspieler sich Abend für Abend hinrichten lässt. Bisher hat er jedes Konzert überlebt. „Dass ich den exzessiven Charakter Alice Cooper irgendwann abgekoppelt habe von meinem Privatleben, hat mich gerettet“, sagt Cooper. Jim Morrison, Hendrix oder Chris Cornell hätten versucht, auf und neben der Bühne dieselbe Person zu sein. „Das hat sie umgebracht.“
Seinen persönlichen Dämon, den Alkohol, hat der Sänger vor 35 Jahren besiegt. Sein Seelenheil fand er in seinem Glauben als wiedergeborener Christ. In Phoenix, Arizona, wo er inzwischen lebt, besucht er regelmäßig einen Bibelkreis. Triebtäter, Meuchelmörder oder Satanist ist er bloß beruflich, als Performer. Zu seiner Bühnen-Persona gehört seit jeher die Androgynität. „Ich denke, in Zukunft wird jeder bisexuell sein“, prophezeite er 1974. „Alles wäre so viel einfacher – du würdest dich einfach in jemandem verlieben, den du magst, und es wäre egal welches Geschlecht er hat.“

Vampir in Spandau

Im Juni gastiert Alice Cooper mit seinem Freund Johnny Depp und Aerosmith-Gitarrist Joe Perry in der Zitadelle Spandau. Zusammen sind sie die Hollywood Vampires. Aber jetzt wird er erst einmal 70 Jahre alt. Herzlichen Glückwunsch!

Christian Schröder

Zur Startseite