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Seit 58 Jahren im Geschäft: Zubin Mehta gastiert für drei Konzerte in Berlin.
© picture alliance / dpa

Zubin Mehta in Berlin: Alles unter Kontrolle

Der indische Stardirigent Zubin Mehta führt mit den Berliner Philharmonikern Stücke von Elgar und Tschaikowsky auf.

Ein aufgeschnappter Gesprächsfetzen beim Warten vor der Einlasskontrolle: „Ein noch romantischeres Programm als heute, das geht eigentlich gar nicht“, sagt er zu ihr. Und sie seufzt vorfreudig.

Zubin Mehta allerdings, auf dessen Vorschlag hin Edward Elgars Violinkonzert und Tschaikowskys 5. Sinfonie auf den Pulten der Berliner Philharmoniker liegen, hat am Donnerstag nicht vor, sich dem aufwallenden Gefühl hinzugeben, womöglich gar das Risiko einzugehen, vom emotionalen Strudel dieser Musik mitgerissen zu werden. Und er verfügt, nach 58 Jahren im internationalen Klassikbusiness, über die dirigentischen Mittel dazu.

Der 80-jährige Maestro behält also die Kontrolle, bei Elgars sehr persönlichem Werk, in dem sich der Komponist nach eigenen Worten „ganz offenbart“ hat, wie auch bei Tschaikowskys pathetischer Beschwörung der Macht des Schicksals. Indem Mehta nämlich beide Partituren aus der Vogelperspektive betrachtet, die Musik gewissermaßen objektiviert. Eher als tonmalerisches Gewitter denn als Seelensturm kommt also die Orchesterexposition des Violinkonzertes daher. Mit dem Vorteil für den Solisten, dass er vor diesem klanglichen Panorama um so deutlicher abhebt, wie ins Scheinwerferlicht gerückt. Pinchas Zukerman mag das Angebot jedoch nicht annehmen, wirkt streckenweise geradezu solipsistisch.

Spannungsbögen statt Fieberkurven

Überzeugend gelingen die leisen Passagen, die er oft extrem langsam nimmt. Weil Zukerman hier seine Geige wunderbar singen lässt, sein warmer Ton in schönster Pracht aufleuchtet. Wo es aber virtuos wird, da scheint er unbeteiligt, absolviert die technischen Schwierigkeiten, mit denen das 50-minütige Stück gespickt ist, wie nebenbei. Dabei gehört die Verausgabung doch zum Wesen des Werkes, das Kämpfen, Ringen, Schwitzen. Eben weil es hier um existenzielle Dinge geht – und nicht nur um Träumerei.

Mit Ehrfurcht gebietender Selbstsicherheit geht Zubin Mehta anschließend Tschaikowskys Fünfte an. Er weiß genau, welchen Effekt er wie haben will, wo das Orchester diesen oder jenen Intensitätsgrad erreicht haben soll. Mehta dirigiert Spannungsbögen, nicht Fieberkurven – und die Philharmoniker folgen ihm mit einer kollektiven Brillanz, die dazu angetan ist, beim Hörer Bewunderung auszulösen. Mehr allerdings auch nicht.

Wenn am Beginn des zweiten Satzes Stefan Dohr sein Hornsolo zu einem Moment der Menschlichkeit macht, bricht sie kurz auf, diese Panzerung des Perfekten, wird’s persönlich, auch bei den Streichern. Doch bald regiert wieder die Makellosigkeit, versiegelt Mehta die Oberfläche aufs Neue. In höchster Eleganz erklingt der Walzer, mit Divertimento-Charme, und dann geht es auch schon allegro vivace durchs Finale, frontal auf den Schlussjubel zu.

Noch einmal am heutigen Samstag, 19 Uhr, sowie am Sonntag, 20 Uhr, als Benefizkonzert des Bundespräsidenten.

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