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Gute Sicht. Bashar Almahfoud (mit grünem Bändchen) bei seiner Führung auf Arabisch im Deutschen Historischen Museum vor einem Bild Napoleons im Rahmen des Projekts "Multaka - Treffpunkt Museum".
© Mike Wolff

Multaka - Treffpunkt Museum: Alle wollen geben

Das Projekt „Multaka – Treffpunkt Museum“: Geflüchtete aus Syrien führen auf Arabisch durch das Deutsche Historische Museum und drei weitere Museen auf der Museumsinsel

Als hätte er nie etwas anderes gemacht, führt Bashar Almahfoud eloquent durch das Deutsche Historische Museum. Almahfoud erklärt seinen Besuchern aus Syrien und Irak den Sinn eines Ablassbriefes, spricht über die Rolle der katholischen Kirche und die Reformation und den Beginn der Glaubenskriege in Deutschland. Was er sagt, ist nicht zu verstehen, denn seine Führung im Deutschen Historischen Museum ist auf Arabisch. Bashar Almahfoud, Architekt aus dem syrischen Hama, lebt seit einem Jahr und vier Monaten in Deutschland, zuvor hatte er bereits zwei Monate in Jordaniens Hauptstadt Amman am Goethe Institut Deutsch gelernt. Mittlerweile ist er beim Niveau C1 angekommen.

Außer Bashar Almahfoud führen an diesem Mittwoch um 15 Uhr noch die Touristikstudentin Rita Albahri und der Betriebswirtschaftler Khaled Al Haddad ihre Gäste auf Arabisch durch das DHM, beide stammen aus Damaskus. Sie sind drei von 19 Führern, die das Projekt „Multaka – Treffpunkt Museum“ bestreiten. Die Anregung kam vom Syrian Heritage Project des Museums für Islamische Kunst und wurde mit Unterstützung der Kulturstaatsministerin, der Schering-Stiftung und des Freundeskreises des Museums für Islamische Kunst Anfang Dezember ins Leben gerufen – mit großem Echo in der arabischen Gemeinde, aber auch international.

Für Almahfoud war es die dritte Führung, bei der er einen groben Überblick vom Mittelalter bis zum Beginn des Ersten Weltkriegs gegeben hat. Neun Gäste sind ihm gefolgt und anschließend auf eigene Faust durch das Museum gegangen. „Es gibt hier so viel zu sehen, viele bleiben noch ein bis zwei Stunden“, erzählt er.

Bashar Almahfoud und Rita Albahri vor ihrer Führung durch das Deutsche Historische Museum. Die Führungen von Multaka finden jeden Mittwoch um 15 Uhr im Deutschen Historischen Museum, im Museum für Islamische Kunst, im Museum für Vor- und Frühgeschichte und im Museum für Byzantinische Kunst im Bode Museum statt.
Bashar Almahfoud und Rita Albahri vor ihrer Führung durch das Deutsche Historische Museum. Die Führungen von Multaka finden jeden Mittwoch um 15 Uhr im Deutschen Historischen Museum, im Museum für Islamische Kunst, im Museum für Vor- und Frühgeschichte und im Museum für Byzantinische Kunst im Bode Museum statt.
© Mike Wolff

Als er von dem Projekt gehört hatte, war er gleich dabei. „Es ist für uns sehr wichtig, die deutsche Geschichte kennenzulernen. Wir müssen die Deutschen verstehen und wir wollen lernen, wie sie ihr Land nach dem letzten Krieg wieder aufgebaut haben.“ Aber Almahfoud, der bei Stattbau Berlin ein Praktikum absolviert, möchte auch beruflich von seinem Engagement profitieren. „Für einen Architekten ist es wichtig, Neues kennenzulernen – und etwas Gutes zu tun. Alle Besucher sind beeindruckt von diesem Museum, von der Präsentation der Objekte. Der Innendesigner des Museums hat die richtigen Objekte in den Fokus gerückt, und davon kann ich noch etwas lernen.“

Drei Syrer mittleren Alters kommen vorbei, verabschieden sich von Bashar Almahfoud und danken ihm. „Ich habe ihnen von dieser Führung erzählt und nun haben sie teilgenommen“, erzählt er nicht ohne Stolz. Gefreut hat ihn auch, dass sein Arbeitgeber Stattbau Berlin mit der Überschrift „Unser Mitarbeiter Herr Almahfoud führt durch das Deutsche Historische Museum“ einen eigenen Link zu einem Beitrag im RBB-Fernsehen auf seiner Website gesetzt hat. Auch auf den Tagesspiegel-Artikel im Dezember sei er vielfach angesprochen worden.

Die meisten seiner Besucher seien gut ausgebildet, Ärzte, Apotheker, Ingenieure. Manche lebten schon länger hier, andere seien neu angekommen. „Viele Besucher fragen uns auch, ob sie sich auch an dem Projekt beteiligen können."

Bashar Almahfoud, Architekt aus Hama, Syrien, führt seine Besucher aus Syrien und Irak auf Arabisch durch das Deutsche Historische Museum, hier erklärt er eine Allegorie auf die Heilige Katholische Kirche.
Bashar Almahfoud, Architekt aus Hama, Syrien, führt seine Besucher aus Syrien und Irak auf Arabisch durch das Deutsche Historische Museum, hier erklärt er eine Allegorie auf die Heilige Katholische Kirche.
© Mike Wolff

In Zukunft würde Bashar Almahfoud gerne ein spezielles Angebot für Familien entwickeln, rund 100 werden von der syrisch-orthodoxen Gemeinde in Zehlendorf betreut. „Fast alle, die aus Syrien kommen, haben etwas zu geben. Sie brauchen vielleicht noch etwas Zeit, um sich einzuleben“, sagt er. „Es ist gut, wenn man sagen kann, lass uns teilhaben. Wir sind ein Beispiel dafür“, sagt er lächelnd.

Im Museumscafé treffen wir nach der Tour Khaled Al Haddad. Seit einem Jahr und zwei Monaten lebt er hier, nach seinem Betriebswirtsschaftsstudium in Damaskus ist er über Beirut mit einem Studentenvisum nach Deutschland gekommen. Er arbeitet zur Zeit bei einer Firma, die Großveranstaltungen organisiert, und wartet auf das Ergebnis seiner Deutschprüfung, denn er würde hier gerne seinen Master machen. „Letztens habe ich eine Führung für Pakistani auf Englisch gemacht, weil die kein Arabisch sprechen. Das kam gut an“, erzählt er. Außerdem ist er froh, mit der Führung noch etwas Geld verdienen zu können.

Bashar Almahfoud und Khaled Al Haddad wünschen sich ein Ende des Krieges in ihrer Heimat. Doch ihr Optimismus hält sich in Grenzen. Zumal sie sich um ihre noch in Syrien lebenden Familien sorgen. „Vielleicht können sie nachkommen, vielleicht kann ich hier weiterstudieren und einen guten Job bekommen“, sagt Al Haddad, „aber erst muss ich gut Deutsch lernen“. Beide Syrer sind sehr interessiert daran, sich zu integrieren, sie sind lernwillig und engagiert. Und wer weiß, wie sich Multaka noch entwickelt.

Die Führungen finden immer mittwochs um 15 Uhr statt. Weitere Informationen: information.multaka@gmail.com und Facebook.com/MultakaTreffpunktMuseum

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