Polnisches Filmdrama "Im Namen des ...": Adam auf der Flucht
Ein katholischer Geistlicher verliebt sich in einen jungen Mann: Małgorzata Szumowska hat mit „Im Namen des ...“ ein bemerkenswertes polnisches Drama geschaffen.
Die Kirche ist voll besetzt und von strahlendem Sonnenlicht erfüllt. Der neue Pfarrer spricht feierlich davon, dass es im Zentrum jedes Menschen einen Punkt gibt, der von Sünde unbefleckt sei. Dieser Punkt gehöre allein Gott. Als der Geistliche betont, dass in jedem „ein Funken Heiligkeit“ stecke, rückt die Kamera wie zur Bekräftigung seiner Worte zwei Außenseiter ins Bild: den stillen Łukasz (Mateusz Kościukiewicz), von allen nur Kürbi genannt, und seinen geistig behinderten Bruder Kamil (Kamil Konopko).
Pater Adam (Andrzej Chyra) kann diesen unschuldigen Kern in allen Menschen erkennen. Deshalb hat er in der polnischen Provinzgemeinde, in die er aus Warschau versetzt wurde, auch ein Zentrum für schwer erziehbare junge Männer aufgebaut. Er glaubt an sie. Spielt Fußball mit ihnen, lässt sie Steine zurechtklopfen und eine Mauer bauen. Auf seine ruhige, bestimmte Art kann er sich sogar einigermaßen bei den ungehobelten Kerlen durchsetzen. Trotzdem wirkt der Mann mit den strahlend blauen Augen seltsam bedrückt und angespannt. Regelmäßig joggt er in hohem Tempo durch den Wald, als sei er auf der Flucht vor etwas. Worum es sich dabei handelt, wird klar, als der langhaarige Łukasz immer wieder seine Nähe sucht. Adam ist schwul, die Avancen der schönen Ewa (Maja Ostaszwesksa) lassen ihn nicht nur wegen seines Zölibatsversprechens kalt.
Die polnische Regisseurin Małgorzata Szumowska („Elles“) inszeniert ihr 2013 im Berlinale-Wettbewerb gezeigtes und mit dem Teddy Award ausgezeichnetes Drama „Im Namen des ...“ in ruhigen, atmosphärischen Sommerbildern. Außer Adams Laptop und einem Papst-Porträt in seiner Wohnung deutet kaum etwas darauf hin, dass die Geschichte in der Gegenwart spielt. Das von Feldern umgebene Dorf sieht ärmlich aus. Es gibt einen schäbigen Laden, staubige Straßen, und am Wochenende wird in einer Scheune getanzt. Adams halbstarke Zöglinge amüsieren sich mit Armdrückwettbewerben, Prügeleien und Saufgelagen. Mobiltelefone besitzen sie nicht, Facebook und Twitter scheinen in ihrer Welt nicht zu existieren.
In diesem quasi-archaischen Setting hat der Katholizismus einen festen, unangefochtenen Platz. Der Pfarrer ist eine Respektsperson – nur schwul darf er natürlich nicht sein. So kommt zu Adams innerem Konflikt bald ein äußerer hinzu. Szumowska schrieb auch das Drehbuch, und es ist ihr hoch anzurechnen, dass sie die Konstellation nie auf drastische Wendungen hin zuspitzt. Stets behält sie ihren besonnenen Ton bei, setzt lediglich mit dem Indierock-Song „The Funeral“ von der Band of Horses in zwei hoch emotionalen Szenen Akzente.
Auf sensible Wese verzichtet Szumowskaja auf jeglichen Kommentar zu aktuellen Missbrauchsfällen in der katholischen Kirche und fokussiert den Film völlig auf die Liebesgeschichte. Homosexualität bei katholischen Priestern und die Liebe zu einem Schutzbefohlenen: ein doppeltes Tabu. Aber Kürbi ist erwachsen, er geht von sich auf den deutlich älteren Adam zu, beim Sex sieht man sie erst, als er nicht mehr in dessen Obhut ist. Fast ohne Dialoge entfaltet sich das Begehren zwischen den beiden, nahezu geräuschlos wird auch Adams „Fall“ abgewickelt. Beiläufig spiegelt der Film so die Sprachlosigkeit, die beim Thema Schwulsein und Kirche nicht nur in Polen herrscht. Im „Im Namen des ...“ bricht dieses Schweigen, auf sehenswerte Weise.
Filmtheater am Friedrichshain, Kant Kino, Passage, OmU: fsk, Krokodil, Xenon
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