Auf Kneipen-Suche in Berlin: Ach nee, nicht in die Sonnenallee!
Man sollte meinen, Berlin platzt vor guten Kneipen. Unser Autor hat in Neukölln trotzdem Probleme, die richtige zu finden.
Neulich war ich mit dem Verbrecher-Verleger Jörg Sundermeier verabredet, im Hackbarths in Mitte, um mit ihm über den aktuellen Zustand der Literaturkritik zu sprechen, wir sind da gerade sehr anderer Meinung. Leider musste ich absagen und fragte ihn, ob er nicht die Woche drauf könne. Kein Problem, aber ich müsste mich auf den Weg in seinen Kiez machen: Neukölln, Kreuzkölln, Neuspanien, wie auch immer die erweiterte Gegend um die Sonnenallee gerade heißt.
Dann wurde es kompliziert: „Was kennst du hier für Läden“, fragte Jörg mich. „Hm, ja, viele.“ – „Sehr witzig, hier gibt es viele Läden, sag’ einen.“ – „Vielleicht gehen wir in den Raumfahrer, heißt der so, in der Hobrechtstraße? Da war ich, glaube ich, zwei-, dreimal“ – „Gut, treffen wir uns da ...“ – „Oder, nein, so toll fand ich es dort nicht, es gibt noch einen anderen Laden in der Hobrechtstraße ...“ – „Es gibt viele Läden in der Hobrechtstraße ...“ – „Na, so einen riesigen, kleinerer Vorraum, geht aber weit nach hinten, keine Ahnung, wie der heißt, war ich auch mal.“ – „Hm, ich zeige dir die Kindl-Stuben in der Sonnenallee.“ – „Ach nee, nicht Sonnenallee. Wie steht es mit der Kneipe, in der im Keller eine Bowlingbahn ist?“ – „Du meinst die Neue Welt, Hermannplatz.“ – „Nein, Quatsch, eine Eckkneipe, umgebaut, alter Style, neue Szene.“ – „Gibt’s hier viele. Aber mit Bowlingbahn?“ – „Obwohl, warte, die liegt in der Eisenbahnstraße, keine Ahnung, wie die heißt.“– „Gut, also Kindl-Stuben ...“ – „Nein, ich mag kein Kindl, gibt es keine anderen Läden in der Sonnenallee?“ – „Es gibt viele Läden in der Sonnenallee ..!“ – „Oder besser Weserstraße?“ – „Es gibt viele Läden in der Weserstraße ...“ – „Aber in welchen gehen wir?“ – „Ins Valentinstüberl, liegt nicht in der Weser-, sondern in der Donaustraße, Ecke, warte mal, Fuldastraße.“ – „Okay, gibt es gezapftes Bier da?“ – „Ja, vier Sorten. Haben wir es?“
Wir hatten es noch lange nicht, aber egal: Schon jetzt weiß ich, dass unser Austausch über den Zustand der Literaturkritik ein vergleichsweise entspannter und unkomplizierter wird.
Gerrit Bartels