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Der Späti International in der Weserstraße in Neukölln: Seine Besitzer, die Familie Sevim, sorgen sich wegen des Ladenöffnungsgesetzes um ihre Existenz.
© Maria Fiedler
Update

Spätis in Berlin: "Alle gehen kaputt in Neukölln"

Bei einer Diskussion in Neukölln zeigt sich erneut die Verzweiflung der Späti-Besitzer über das sonntägliche Verkaufsverbot. Auch die Polizei muss Kritik einstecken.

Die junge Frau spricht aus, was hier alle umtreibt: „Am Sonntag geht es um die Existenz.“ Ganz aufrecht steht sie inmitten der anderen Spätkauf-Verkäufer, die alle um genau das fürchten: ihre Existenz.

Der Reihe nach melden sie sich, ihre Verzweiflung ist nicht zu überhören. „Man geht unter. Wir gehen hier kaputt. Wir gehen alle kaputt in Neukölln.“ Und: „Bitte ändern Sie das Gesetz, sonst muss ich mich arbeitslos melden.“

Am Donnerstagabend zeigte sich bei einer Dialog-Veranstaltung der Grünen in Neukölln erneut, wie sehr die Spätis hier unter dem sonntäglichen Verkaufsverbot leiden. Zwar existiert dieses Verbot schon seit Jahren und gilt für ganz Berlin. Doch wie berichtet, finden in Neukölln derzeit vermehrt Kontrollen statt - vor allem von der Polizei bekommen Späti-Besitzer in Nord-Neukölln verstärkt Besuch.

Mitarbeiter des Ordnungsamtes, unter anderem die stellvertretende Leiterin Anja Stein, und der Leiter des Polizeiabschnitts 54, Bernd Richter, saßen auf dem Podium, um die Fragen der Späti-Besitzer zu beantworten.

Bernd Szczepanski, der Neuköllner Bezirksstadtrat für Soziales, bezog Position. „Von einem Beamten zu verlangen: ‚Jetzt mach‘ mal die Augen zu’, das geht leider nicht Leute. Wir müssen schauen, dass wir die gesetzliche Lage verändern“, sagte er. Das fordert derzeit auch eine Petition, die bereits mehr als 28 000 Menschen unterschrieben haben.

Stein vom Ordnungsamt argumentierte in eine ähnliche Richtung: „Da kann Ihnen jetzt wirklich keiner helfen. Wenn ich bei Rot an der Ampel bin, muss ich stehen bleiben, das ist einfach so.“ Entweder das Gesetz werde geändert oder Fehlverhalten müsse geahndet werden.

Einige fühlen sich von der Polizei diskriminiert

Dass einige Späti-Besitzer trotz Verbot und verstärkter Kontrollen sonntags öffnen, begründen sie damit, dass Sonntag bei weitem der umsatzstärkste Tag sei. „Wir riskieren Kopf und Kragen, das wissen wir“, sagte einer. „Aber wir müssen das machen, um zu überleben.“

Die Späti-Verkäufer beschwerten sich aber nicht nur über die Kontrollen, sondern auch über den Umgang mit den Polizei-Beamten. Besonders bekannt ist im Kiez ein Beamter, der seit etwa einem Jahr in Abschnitt 54 unterwegs ist und sich stark auf die Spätis konzentriert. Viele glauben, dass die Kontrollen durch ihn zugenommen haben. Einige Spätkauf-Besitzer fühlen sich von ihm beleidigt, sogar diskriminiert.

Der Beamte selbst schreibt sich ein faires Verhalten auf die Fahne: „Mit jedem, der eine Anzeige bekommen hat, habe ich davor mindestens zwei Mal gesprochen und gewarnt.“ Auch Abschnittsleiter Richter glaubt nicht, dass jemand diskriminiert wird. „Die Polizei wird immer belehrend auftreten. Das kann man als unangenehm empfinden. Aber das ist oft die subjektive Empfindung derer, die ertappt werden.“

Sahhüseyin Özer, der seinen Späti in der Neukölln Laubestraße hat, macht sonntags wie berichtet nicht mehr auf. Am Rande der Veranstaltung erzählt er nun von 50 Prozent Umsatzeinbußen. Ein Stammkunde sei schon weggeblieben, aus Wut darüber, dass er sonntags nicht mehr bei Özer einkaufen kann. Seinem Verwandten, der bei ihm im Spätkauf arbeitet, wird er wohl bald kündigen müssen. Özer sagt: "Ich habe kaum noch Hoffnung."

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