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Der österreichische Schriftsteller Franzobel
© Lukas Beck/Paul Zsolany Verlag

Krimi von Franzobel: Absturz mit Ansage

Viele skurrile Einfälle: Der österreichische Schriftsteller und Bachmann-Preisträger Franzobel hat mit „Groschens Grab“ einen Krimi geschrieben

Die Tote hat keine Augäpfel mehr, dafür ein Kreuzmuster im Rücken. Vor allem war Ernestine Papouschek Autorin eines autobiografischen Bestsellers, der vom Sexleben im Rentenalter erzählt. Motive sind da schnell gefunden, Verdächtige auch – aber irgendwo zwischen Nazi-Nachbarn und Kloster-Killer verheddert sich der Ermittler Falt Groschen in einem Komplott, das bis nach Sarajevo führt.

„Groschens Grab“ strotzt vor skurrilen Einfällen. Ein Markenzeichen des österreichischen Schriftstellers Franzobel: Der Ingeborg-Bachmann-Preisträger von 1995 gilt selbst im österreichischen Literaturbetrieb als schillernde Gestalt. Seiner Vorliebe für Irrwitz frönt er in Romanen und Dramen, Kinderbüchern wie Kolumnen – und inzwischen auch einer Krimi-Reihe. Ob es sich dabei um Thriller oder Parodien handelt, ist unklar.

Selbst Franzobel scheint das nicht zu wissen. Er schickt seinen Kommissar auf gut Glück in die bosnische Hauptstadt, um einen brutalen Schwerverbrecher zu fangen: den grotesk hässlichen Tode Todic, der gerade aus einem Kloster geflohen ist und ihm dann mehrfach vor die Füße läuft. Doch Groschen findet sein Alibi grundlos überzeugend und fährt wieder heim. Dort warten weitere Figuren mit ulkigen Namen – und weitere Unstimmigkeiten. Spannung kommt nicht auf, Kalauer kommen hier vor einem schlüssigen Erzählbogen. Wobei die Witzeleien nie eine satirische Schärfe haben.

Ist das jetzt ein Thriller? Oder eine Parodie?

Immerhin ließe sich dieser Roman als klamaukige Genre-Übung lesen – wäre er nicht derart lieblos geschrieben. Franzobels Talent blitzt während einer Fahrt zum Flughafen auf: Da liegt der Donaukanal unbeleuchtet, „so dass das dunkle Wasser einem schlafenden Untier“ gleicht, die Felder sind von Raureif belegt, „als hätte sie ein höheres Wesen angehaucht“. Atmosphärisches Raunen, das zahlreichen anderen Szenerien auch gutgetan hätte. Die meisten aber sind lapidar gezeichnet, die Figuren flach, wie es sich nicht einmal das echte Groschenheft erlaubt – und wenn eine wenigstens witzig ist, wie der in Partizipialkonstruktionen sprechende Rechte von gegenüber („die Polizei ist eine zu Verständigende“), wird der Gag totgeritten.

Cover des Franzobel-Krimis
Cover des Franzobel-Krimis
© Verlag

So muss auch Kommissar Falk Groschen endlos stolpern, saufen und von Schweinebraten träumen. Statt dem Täter findet er nur missratene Vergleiche: „Er machte ein Gesicht wie eine Flugbegleiterin, die plötzlich erkannte, ihr Vogel stürzte ab“. Der Plot schraubt sich einer unspektakulären und zugleich unglaubwürdigen Auflösung entgegen – und die erklärt lang und breit ein Bösewicht, der permanent „ein schrecklich hohles Lachen“ lacht. Die gewollt-grotesken Passagen sind da noch die besten – und erzeugen den dringenden Wunsch, Franzobel hätte seinem spürbaren Drang zur Persiflage nachgegeben. Oder eben einen klassischen Hardboiled-Krimi geschrieben.

Franzobel: Groschens Grab. Roman. Zsolnay Verlag, Wien 2016. 288 Seiten, 17,90 €.

Von Tilman Strasser

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