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Elke Büdenbender studierte Jura und wurde Richterin in Hannover und später in Berlin.
© Thilo Rückeis

Interview: „Wow, Büdenbender, du jetzt hier!?“

Sie fährt gerne S-Bahn, hat keine besondere Präferenz für Berühmtheiten und vermisst ihren Job als Richterin – manchmal. Elke Büdenbender ist Deutschlands "First Lady".

Frau Büdenbender, am 22. März wurde Ihr Mann als zwölfter Bundespräsident vereidigt. Seitdem stehen auch Sie im Zentrum der Aufmerksamkeit: Am Tag der Deutschen Einheit saßen Sie neben der Kanzlerin, dann Eröffnung der Staatsoper, offizieller Antrittsbesuch beim Regierenden, ab in den Vatikan. Haben Sie sich an diese Auftritte gewöhnt?

Es ist immer noch neu, aber es läuft!

Sie waren Richterin am Verwaltungsgericht, wurden für fünf Jahre beurlaubt. Fehlt Ihnen Ihre gewohnte Aufgabe?

Es ist gut so wie es jetzt ist. Dennoch liebe ich meinen Beruf sehr und bin wahnsinnig gerne Richterin. Insofern vermisse ich meine Tätigkeit schon etwas. Doch als Richterin trägt man einfach auch eine riesige Verantwortung für Entscheidungen, die teilweise tief in das Leben von Menschen eingreifen. Emotional sind mir die Asylverfahren am schwersten gefallen. Da musste ich oft Klagen abweisen, wenn kein Anspruch auf Asyl bestand, weil keine politische Verfolgung vorlag, auch wenn die Menschen trotzdem ein hartes Schicksal hatten. Das ist dann so – und auch, wenn der Mensch einen guten Eindruck macht: Eine Mitleids- oder Sympathieentscheidung kann es nicht geben.

Fühlen Sie sich in Ihrer neuen Funktion als „First Lady“ jetzt leichter?

Ich habe keine Aufgabe gesucht, die leichter ist. Die Herausforderungen sind anders, aber auch alles andere als einfach.

Jetzt stehen Sie im Scheinwerferlicht. Jeder Ihrer Schritte wird beobachtet.

Das war zunächst wirklich sehr neu, manchmal befremdlich. Viele Bilder von mir fand ich nicht so toll. Doch ich habe schnell gemerkt: Bei Terminen vergesse ich, dass Kameras dabei sind. Und was kann schon passieren? Ich kann mich heillos blamieren, klar. Es ist schön, wenn ich keine Laufmasche habe. Aber was ist das gegen eine Entscheidung im Asylverfahren?

Büdenbender hat ihren Job aufgegeben, als ihr Mann Frank-Walter Steinmeier Bundespräsident wurde.
Büdenbender hat ihren Job aufgegeben, als ihr Mann Frank-Walter Steinmeier Bundespräsident wurde.
© Bernd von Jutrczenka/dpa

Haben Sie eine Erklärung dafür, dass gerade an Ihnen das Interesse besonders groß ist?

Ist das so? Vielleicht liegt das an der Diskussion über die Frage, ob es unemanzipiert sein könnte, dass da wieder eine ist, die ihren Job nicht weitermacht, wenn ihr Mann Bundespräsident wird.

Und?

In dieser Debatte habe ich mich überhaupt nicht wiedergefunden. Seit ich 16 Jahre alt bin, arbeite ich, bin in der Berufsausbildung oder studiere – und meine Entscheidungen habe ich immer alle selber getroffen; auch die Entscheidung, ins Bellevue mitzugehen.

Was war das Schmeichelhafteste, das Sie bisher über sich gelesen haben?

Wenn Menschen finden, dass ich sympathisch bin, dann freut mich das. Doch es ist schon seltsam, etwas über mich zu lesen. Vorher wurde über meine Arbeit ja nie geschrieben, sondern meine Urteile oder Beschlüsse sprachen für sich.

Neulich berichtete die „Zeit“, am Wahlabend hätten Sie und der Bundespräsident für Gäste tiefgefrorene Elsässer Flammkuchen aufgetaut.

Ich war am Vorabend des Wahlsonntags sehr spät von einer Reise zurückgekehrt, vormittags waren wir bei der Stimmabgabe. Wir sind normalerweise Leute, die viel selber machen, auch kochen, aber das war an diesem Tag einfach nicht drin.

Sie müssen sich nicht rechtfertigen.

Finde ich auch.

Gibt es etwas, das Sie aus dem Wahlergebnis für Ihre Rolle ableiten?

Mir wurde noch klarer, wie entscheidend es ist, einander zuzuhören. Erst dann kann man verstehen, warum jemand traurig, frustriert oder wütend ist. Es ist wichtig zu begreifen, warum es auch nach 27 Jahren Wiedervereinigung noch Mauern gibt – andere Mauern, eben nicht zwischen Ost und West, sondern zwischen unterschiedlichen Gruppen von Menschen. Ich sehe noch deutlicher die Gefahr, dass unsere Gesellschaft auseinanderdriftet, die Menschen über ihr eigenes Umfeld hinaus zu wenig oder gar nicht mehr miteinander sprechen.

"Was ich mache, mache ich richtig"

Hoher Besuch. Im Juli empfing die First Lady Herzogin Kate im Schloss Bellevue.
Hoher Besuch. Im Juli empfing die First Lady Herzogin Kate im Schloss Bellevue.
© imago/Future Image

Sie haben gesagt, Ihr neuer Alltag sei für Sie manchmal wie eine Fortbildungsveranstaltung. Welche Lektionen haben Sie am meisten überrascht?

Erstens, wie viele Leute neben ihrem Beruf ein Ehrenamt ausüben. Neulich haben wir in Bensheim in einem Hospiz mit Trauer- und Sterbebegleitern geredet. Da kann ich viele Fragen stellen: „Geht ihr direkt in die Familien? Wie wappnet ihr euch emotional? Wie steht ihr finanziell da?“ Zweitens lerne ich viel über verschiedene Berufsbilder. Wirklich neu war für mich, wie hochtechnisiert und durchdigitalisiert das Handwerk heute ist. Drittens, ganz profan, dass es in Potsdam einen Weinberg gibt.

Gibt es eine Persönlichkeit, die Sie unbedingt einmal treffen möchten?

Ich habe keine besondere Präferenz für Berühmtheiten, bin lieber neugierig auf Menschen hier und in anderen Ländern. In Palästina und Israel habe ich zum Beispiel ganz beeindruckende Frauen kennengelernt, die Friedensorganisationen betreiben. Schimon Peres zu seinen Lebzeiten zu treffen, war natürlich sehr außergewöhnlich – ein ganz besonderer Mensch, der so vieles mitgemacht und doch jahrzehntelang friedensstiftend gearbeitet hat.

Können Sie gut auf Menschen zugehen?

Ich wusste vorher schon, ich bin kommunikativ. Aber dass es sogar richtig Spaß macht, hätte ich nicht gedacht. Als zum Tag der Deutschen Einheit hier im Schloss die Bundesverdienstorden verliehen wurden, habe ich einfach gefragt: „Und wer sind Sie? Ausgezeichneter oder Angehöriger?“ Nicht jeder hatte sich den Orden angeheftet. Da entstehen schöne Gespräche. Neulich traf ich eine 21-jährige Gemeinderatsvertreterin. Auf diese Idee wäre ich mit 21 nie gekommen.

Was hatten Sie denn mit Anfang 20 im Sinn?

Nachdem ich mit 16 meine Ausbildung begonnen habe, war ich mit 19 auf dem Siegerland-Kolleg, habe mein Abitur gemacht und war schon während meiner Ausbildung in der Gewerkschaft aktiv. Ich hatte starke Mentoren bei der IG Metall. Das ist überhaupt mein Credo, wenn ich mit jungen Leuten rede: Sucht euch eine Mentorin oder einen Mentor! Man muss erst mal etwas wissen, damit man überhaupt einen Weg einschlagen kann.

Glauben Sie als Gewerkschafterin mit ruhender Mitgliedschaft, dass Ihre jetzige Tätigkeit erst dann vergütet wird, wenn ein Mann sie ausführt?

Davon würde ich erst einmal nicht zwingend ausgehen. Aber insgesamt ist das eine Frage, die beim Gesetzgeber liegt. Er hat das zu entscheiden.

Richard von Weizsäcker hat über die Rolle der „First Lady“ gesagt, sie sei „in der Verfassung sozusagen gar nicht vorgesehen. Dennoch empfindet sie dieselbe Verpflichtung und trägt sie bereitwillig mit, weniger spektakulär, dafür genauso verantwortungsreich und zuweilen entsagungsreicher.“

Was ich mache, mache ich richtig – und ich nehme meine Funktion sehr ernst. Aber entsagungsreich? Nein. Im Gegenteil: sehr, sehr bereichernd.

Ihr Erscheinungsbild ist jetzt wichtig. Nervt das?

Also, ich ziehe mich gerne schön an. Manchmal gibt’s eine strikte Kleiderordnung. Da hilft das Protokoll. Das ist im Gericht ja ähnlich: Mit der Robe schlüpft man in eine Rolle, und jeder weiß, die Richterin ist die Chefin im Ring.

Könnten Sie sich in Zukunft eine eigene politische Karriere vorstellen?

Nicht wirklich. Ich verfolge das lange bei meinem Mann, und ich finde das unglaublich anstrengend.

Allein vom Zuschauen? Sie lachen …

Ja. Am Ende des Tages bin ich als Richterin diejenige, die eine Entscheidung trifft. Wenn jemand damit nicht einverstanden ist, geht er zum Oberverwaltungsgericht. So kann das in der Politik nicht funktionieren. Dafür würde mir die Geduld fehlen. Natürlich verhandeln wir bei Gericht auch lange, hören die Parteien ausführlich an, aber entscheiden tut der Richter, und dann ist Schluss.

Sie sind also nicht koalitionsfähig?

Wenn Sie so wollen: nein.

Beraten Sie Ihren Mann?

Wir reden jetzt sehr viel häufiger über die Dinge, die uns täglich beschäftigen. Vorher haben wir das weniger getan, weil ich wenig Einblick hatte in seinen Job. Ich habe ihm auch nicht von meinen Fällen vor Gericht erzählt. Jetzt entdecken wir den anderen noch mal ein Stück weit neu – das ist wunderbar! Wir hatten ja auch schon vorher ein gutes Familienleben. Jetzt nehmen wir viele Verpflichtungen eben gemeinsam wahr, reisen zusammen. Das war früher nicht so. Und … ist es eigentlich komisch, wenn ich jetzt meinen Mann lobe?

Alles andere wäre ungewöhnlich.

Also, ich habe früher ja nur selten Reden von ihm gehört, jetzt stelle ich fest: Das kann er einfach total gut. Zu sehen, wie er auf Leute zugeht, und wie er Freude daran hat und dann einfach mal so loslacht, so ganz laut, das ist schön.

"Es ist alles noch nicht ganz angekommen"

Ab ins Watt. Die First Lady ist gern ohne Kostüm und viel Make-up unterwegs.
Ab ins Watt. Die First Lady ist gern ohne Kostüm und viel Make-up unterwegs.
© pa/Carsten Rehder/dpa

Ihr Mann hat Ihnen eine Niere gespendet. Angeblich feiern Sie jedes Jahr am 24. August Ihren gemeinsamen Geburtstag. Was haben Sie dieses Jahr gemacht?

Wir waren unterwegs, und abends haben wir ein Glas Sekt getrunken.

Das ganze Land repräsentieren, unter ständiger Beobachtung sein – ein Verlust persönlicher Freiheit?

Das empfinde ich nicht so. Ich kann zum Beispiel S-Bahn fahren, ohne dass die Leute mich erkennen. Dann bin ich natürlich ohne Kostüm unterwegs: Ich trage Jeans und bin wenig geschminkt, sehe etwas anders aus.

Welche ist Ihre Lieblings-S-Bahn-Strecke?

S1, Zehlendorf bis Friedrichstraße. Ich fahre nicht so gerne Auto in der Stadt.

Besitzen Sie eine Umweltkarte?

Ja, die finde ich toll, weil man sie auch verleihen kann …

… und am Wochenende den Partner mitnehmen.

Super, oder? Und bis zu drei Kinder unter 14.

Wann mussten Sie bei einem offiziellen Anlass zuletzt das Lachen unterdrücken?

Das musste ich noch nicht. Wenn es um gekrönte Häupter geht, erkundigt man sich besser vorher, wie man die anredet und denkt schon mal: Lass’ mich jetzt nicht die Titel verwechseln! Ich fürchte mich eigentlich nicht vor dem berühmten Fettnäpfchen. So habe ich dann manchmal aber auch nicht parat, welche Bedeutung es für andere hat, wenn die „First Lady“ kommt. Das ist bisweilen überraschend, denn ich fühle mich ja als Elke Büdenbender.

Sie sagten über Ihren Mann: „Uns verbindet unser Humor und die Haltung, dass man sich nicht so ernst nimmt.“ Doch wenn Sie irgendwo auftauchen, werden Teppiche ausgerollt, Chöre formieren sich …

Einen Chor liebe ich besonders: den „YMCA Jerusalem Youth Chorus“, der sich aus israelischen und palästinensischen Jugendlichen zusammensetzt. Wenn die dann für einen singen, stehe ich da und denke: Wow, Büdenbender, du jetzt hier!? Es ist alles noch nicht ganz angekommen. Ich habe angefangen als Stift bei einer Maschinenbaufirma in Siegen, da ist man so klein! Die Kunst im Leben ist doch, seine Aufgaben ernst zu nehmen, nicht so sehr sich selbst als Person. Da besteht bei mir auch keine Gefahr: Meine Brüder verhindern, dass ich mich wichtig mache oder nehme.

Viele Ihrer Vorgängerinnen waren in ihrem Engagement auch von religiösen Motiven getrieben. Spielt der Glaube bei Ihnen eine Rolle?

Ich bin Katholikin und ein gläubiger Mensch, aber das ist meine Privatsache. Meine Mutter und meine Großmutter waren beide gläubige, kritische Katholikinnen. Das hat mich sehr geprägt.

Was bedeutet für Sie die viel zitierte „Würde des Amtes“?

Dass der Bundespräsident das Land zusammenhält und versucht, alle zu erreichen und zu repräsentieren, daraus ergibt sich die Würde des Amtes.

Der beste Rat, den Sie von Daniela Schadt oder Christina Rau bekommen haben?

„Geh’ raus ins Land!“ Und: „Leg’ dich nicht so früh fest, welches Thema du machen möchtest.“

Haben Sie inzwischen ein konkretes Projekt gefunden, dem Sie sich besonders widmen wollen?

Berufliche Aus- und Weiterbildung liegt mir doch sehr am Herzen, auch Bildungsgerechtigkeit. Dieses ganze Thema rund um Beruf und persönliche Entwicklung, oder wie können Mädchen und Frauen, aber auch Jungs mal in ganz andere Richtungen schauen. Mehr Männer in die Kitas und Grundschulen! Mein Mann wird sich ebenfalls intensiver mit der beruflichen Bildung beschäftigen.

In einem Artikel über Sie stand: „So wie sie die Hände schüttelt, winkt sie auch: mit Schmackes.“

Ich werde keine höhere Tochter mehr! Ich habe gestreikt, neben mir Männer aus dem Stahlwerk. Da kam man ohne Schmackes nicht weit.

Wann brauchen Sie heute Schmackes?

Ich brauche Schwung, um meine Aufgaben mit Freude anzugehen – auch, wenn ich mal müde bin. Gestern waren wir fast 18 Stunden unterwegs, da dachte ich heute Morgen: Puh, das ist jetzt aber früh!

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