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Wenn Kinder versehentlich kleine Gegenstände verschlucken, kann es manchmal zu einem echten Notfall führen.
© imago/biky

Kolumne: Der Kinderdok: Was tun beim Fehlverschlucken?

Mandeln, Nüsse aber auch andere Süßigkeiten biegen gerne mal falsch ab und gelangen in die Atemwege. Darum gilt: Kinder unter drei Jahren fernhalten!

Unser Kolumnist betreibt eine Praxis in Süddeutschland, bloggt unter kinderdok.blog und berichtet in dieser Kolumne von seiner Arbeit

Ernährungsberatung ist eine häufige Beschäftigung in der Kinderarztpraxis – während der Vorsorgeuntersuchungen, bei Bauchweh oder Durchfall, bei Unverträglichkeiten oder Stimmungsschwankungen. Neulich fragte mich ein Vater, ob seine Tochter vielleicht an einer Nussallergie leide. Die Zweieinhalbjährige hatte mit Husten reagiert, nachdem sie von den Mandeln naschte, die auf dem Tisch standen.

Zunächst einmal habe ich dem Vater erklärt, dass Mandeln zu den Rosengewächsen zählen und damit Steinobst sind. Das hörte sich der Mann geduldig an, es half ihm jedoch nicht, denn allergisch kann der Mensch auch auf Mandeln reagieren. Ein Allergietest im Blut brachte Entwarnung, zumindest laborchemisch fand sich keine Sensibilisierung.

Nüsse und Bonbons können aspiriert werden

Trotzdem nahm ich die Familie bei der Besprechung der Blutwerte ins Gebet: Mandeln zählen zu den Kleinteilen, die nichts verloren haben in den Fingern von Kleinkindern, geschweige denn im Mund. Bei Lego- oder Playmobilhandys hat sich das Risiko eines Fehlverschluckens – wir sagen: aspirieren – schon herumgesprochen, in den USA sind Spielzeuge in Lebensmitteln verboten (also Ü-Eier und ähnliches). Genauso sollten wir warnen vor kleinteiligen Speisen, wie eben Mandeln und Nüssen, vor allem den schön runden Haselnüssen. Aber auch vor Hustenbonbons, Pfefferminzdrops oder Kaugummis. Die biegen gerne mal falsch ab und rutschen in die Atemwege.

HNO-Ärzte schildern mit Begeisterung, wie sie Bruchstücke von Erdnüssen mit einer Bronchoskopie, einer kameragestützten Instrumentenfahrt, aus der Lunge befördern mussten, oder wie unterschiedlich sich amerikanische Kaugummis zu deutschen Kaubonbons verhalten, wenn sie von der Bronchialflüssigkeit angedaut an der Wand der Atemwege festpappen.

Zuallererst auf Atemnot achten

In der Weihnachtszeit schmücken wir unsere Wohnungen gerne mit allerlei Lichterwerk, Kerzen und Dekoäpfeln. Schalen mit Nüssen und anderen Süßigkeiten stehen auf den Tischen, verführerisch drapiert für kleine Hamsterbacken. Schnell in den Mund gestopft, schnell weggelaufen, um nicht erwischt zu werden, schnell gestolpert – und schnell aspiriert. Darum noch mal: Kinder unter drei Jahren bitte fernhalten! Bei älteren Kindern gilt: Gegessen wird im Sitzen, nicht im Laufen – und auch nicht unbeobachtet auf dem Autorücksitz.

Wenn also demnächst der Nachwuchs nach dem Genuss von Mandeln, Nüssen, Kaugummi oder Apfelschnitzchen zu husten beginnt, zuallererst auf Atemnot achten, bevor man über mögliche Allergien nachdenkt.

Erste Maßnahmen beim Fehlverschlucken: Kopf oder Oberkörper nach unten hängen lassen. Sehr kleine Kinder werden dabei an den Beinen hochgehalten, größere übers Knie gelegt. Niemals sollten Ersthelfende dem Kind bei aufrechtem Oberkörper auf den Rücken klopfen. Das funktioniert vielleicht beim Verschlucken von Spucke, ein kleiner Gegenstand wird nur tiefer in die Lunge geklopft.

Husten ist gut. Husten befördert. Wenn die Mandel dann mit viel Schwung und vielleicht auch gleich den Spaghetti vom Mittagessen wieder herauskommt, ist das zwar eklig. Aber das Kind bekommt wieder Luft.

Kinderdok

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