Berliner Imbisse im Test: Vegetarischer Metzger: Die fleischlose Sensation
Etliche Vegetarier sehnen sich nach dem Geschmack geliebter Fleischgerichte. Hat ein Laden in Berlin-Kreuzberg das Problem jetzt gelöst? Unser Autor war da.
Als Vegetarier darf man sich oft von seinen Mitmenschen anhören, es sei doch inkonsequent oder jedenfalls total unlogisch, ein Essen zu bestellen, das ein bekanntes Fleischgericht imitiert, ohne jedoch Fleisch zu enthalten. Grünkernbratlinge sind demnach gestattet, die Tofuversion einer Bratwurst ist gaga.
Was für ein Unsinn! Dass sich Menschen aus Vernunftgründen zum Fleischverzicht entscheiden, heißt doch nicht, dass ihnen liebgewonnene Speisen plötzlich nicht mehr schmecken. Wer keine Tiere mehr quälen will, dem wachsen deswegen keine neuen Geschmacksnerven. Viele Vegetarier vermissen Frikadellen, Schnitzel, halbes Hähnchen.
Bisher war das Problem, dass Substitute zwar gut gemeint, aber nicht gut gemacht waren. Es brauchte enormes Augenzugedrücke, um dem mehligfaden Sojawürstchen zu bescheinigen, es komme dem Original schon recht nahe.
Diese Zeiten sind nun vorbei. Ernsthaft. In der Bergmannstraße hat soeben ein Imbiss namens „Der Vegetarische Metzger“ eröffnet, und er ist nicht weniger als eine Sensation. Der Sojaburger (4,50 Euro): bissfester Fast-Food-Traum. Der Thunfisch im Wrap (5,80 Euro): herrlich faserig. Das Schawarma (4,20 Euro): nicht vom Original zu unterscheiden.
Überhaupt, die Hähnchenstücke. Als hätte sie einer dem sündigsten Broilergrill direkt vom Spieß geklaut. Man kann sogar auf dem knusprigen Überzug rumkauen, als wäre es Haut. Ein großes Vergnügen. These: Ein Vegetarier, der hier gegessen hat, wird nie wieder mit sich ringen müssen, wenn er Heißhunger auf Fleisch bekommt. Rückfallrisiko gleich null.
Der Fleischersatz ist aus Holland, dort haben sich ein Landwirt und ein Koch mit Forschern der Universität Utrecht zusammengetan, jahrelang herumgebastelt. Ohne künstliche Geschmacksverstärker. Die „New York Times“ ist begeistert. Auch Ferran Adrià durfte testen, er sagt, die Substitute seien zarter als Schweinefleisch, saftiger als Huhn. Nun planen die Macher ein weltweites Filialnetz. Der Laden in Kreuzberg ist der erste in Deutschland. Der nächste soll noch diesen November in der Revaler Straße in Friedrichshain eröffnen.
Gibt’s denn gar nichts zu motzen? Doch, der Kreuzberger Imbiss hat nur 20 Sitzplätze. Könnte schnell voll werden, wenn sich rumspricht, was hier vor sich geht. Wer will, kann sich die Gerichte aber auch tiefgefroren mit nach Hause nehmen. Und dort Fleischessern unterjubeln. Die werden sich für das leckere Hühnchen bedanken.
Adresse Bergmannstraße 1, Kreuzberg
Geöffnet vorläufig täglich 11.30 bis 21 Uhr, sonntags 13 bis 20 Uhr
Internet der-vegetarische-metzger.de
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