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Heimatlos. Der Autor und Filmemacher Zhou Qing in Berlin
© Mike Wolff

Dissidenten in Deutschland: Wie China den Oppositionellen Zhou Qing bis nach Berlin verfolgt

Lebensmittelskandale und Lynchmorde. Worüber in China niemand sprechen will, bringt der Autor und Filmemacher Zhou Qing ans Licht. Ein Besuch in Berlin.

Er stellt sich vor, wie er mit Freunden in einem Lokal zu Abend isst. Plötzlich stürmt jemand herein, um ihn zu warnen. Der Person fehlt das Gesicht, sie sagt, dass sie hinter ihm her seien, zu Hause warteten sie bereits auf ihn. Sogleich bricht er auf, den Zug kann er nicht nehmen, weiß er. Da würde man ihn nach seinen Papieren fragen. Also wählt er den Bus. Durch zwei Provinzen muss er es schaffen, er wird auch zu Fuß gehen müssen. Und da er schläft, führen ihn seine Füße nur im Traum an jene Grenze, hinter der er sicher wäre.

Chinas Provinzen sind groß. Es ist ein langer, verworrener Traum. Dass es ein Albtraum ist, merkt Zhou Qing daran, dass er seinen Fluchtplan immer wieder verwirft und seinen Befürchtungen anpasst. Schließlich, als er die Grenze Vietnams erreicht, merkt er, dass er seinen Pass vergessen hat. Wie kann das sein? Nichts ist so wichtig wie dieser Pass.

Dies ist eine Geschichte über Erinnerungen und über ein Land, das Erinnerungen brutal unterdrückt. Während es den 70. Jahrestag seiner Entstehung als Volksrepublik feiert, eskaliert die Gewalt in Hongkong. Es ist deshalb auch eine Geschichte darüber, was passiert, wenn sich Erinnerungen nicht vollends kontrollieren lassen. Der Journalist, Autor, Filmemacher und Berliner Exilant Zhou Qing, 55, ist ein Spezialist in dieser Angelegenheit.

Aber das lässt sich der kleine, rundliche Mann erst mal nicht anmerken. Seine langen Haare streicht er sich hinters Ohr. Auf der Nase sitzt eine schmale Brille mit Metallrand. Über die hinweg studiert er an einem letzten warmen Spätsommerabend das kleingedruckte Etikett einer Bierflasche. Deren Inhalt hat er kurz zuvor in einen Bottich geschüttet, aus dem Hühnerschenkel ragen. Mit der anderen Hand rührt er das grob geschnittene Gemüse hinein.

Er nehme Bier zum Kochen, erklärt er, weil es das Fleisch zarter mache. Eigentlich müssten es Hopfenblüten sein.

Lynchmord an Lehrern

Geboren in Xian im Osten Chinas war Zhou Qing ein Jungstar unter den Autoren, der einen Verlag betrieb und ein Magazin herausgab. Mit 25 schloss er sich der Demokratiebewegung an, saß dreieinhalb Jahre in Haft und wurde noch einmal sechs Monate weggesperrt, als er aus dem Exil in Moskau heimkehrte. Man wirft ihm Gefährdung der inneren Sicherheit vor. Seine Bücher über das marode Gesundheitswesen, Lebensmittelskandale, Drogensüchtige und Wanderarbeiter stehen in China auf dem Index. Einige seiner Texte sind brutale Erinnerungen an seine Zeit in chinesischen Gefängnissen.

Vor einigen Wochen fiel sein Name in einem aufsehenerregenden Interview, das Ai Weiwei der „Welt“ gegeben hatte. Darin verkündete der Künstlerstar seinen Abschied aus Berlin und beklagte die deutsche Chinapolitik. Er sagte, dass man es sich in Deutschland offenkundig mit dem kommunistischen Apparat nicht verscherzen wolle. Als angeblichen Beleg erwähnte Ai Weiwei einen Dokumentarfilm seines Freundes Zhou Qing über die chinesische Kulturrevolution. Der sei auf der Berlinale nicht gezeigt worden, weil ihm das nötige Exportsiegel der chinesischen Zensurbehörde gefehlt habe.

Die Berlinale pflegt ihre Filmauswahl nicht zu kommentieren. Zhou Qing weiß deshalb nicht, was der Grund für die Ablehnung von „I Don’t Quite Recall“ – Ich erinnere mich nicht genau – gewesen sein könnte. Um eine offizielle Freigabe hatte er sich gar nicht erst bemüht. Es wäre nutzlos gewesen, meint er. Sein Film setzt detailliert den Lynchmord an Lehrern zusammen, die von ihren Schülern zu Beginn der Kulturrevolution erschlagen worden waren. „Das ist verbotenes Terrain“, sagt Zhou. Er ist überzeugt, dass Spuren dieser Barbarei bis in die Gegenwart führen. Als würde der Pakt noch gelten, der dem Volk von Mao mit der Kulturrevolution über deren offizielles Ende 1976 hinaus aufgezwungen wurde.

Heimisch werden, das kann er nicht

Das Essen vom Anfang seines Traumes hat es wirklich gegeben. Zhou Qing hatte 2006 umfangreiche Recherchen über die Lebensmittelindustrie in China öffentlich gemacht. Sein Buch „What Kind of God?“, das die Missstände lange vor dem Milchpulverskandal mit 300.000 erkrankten Babys aufdeckte, wurde mit internationalen Preisen überhäuft. Da sprachen ihn drei Männer in einem Lokal an. Sie zerrten ihn in die Toilette, traten auf ihn ein und ließen ihn bewusstlos liegen. Er wurde entdeckt, weil das Blut sich unter der Klotür hindurch auf den Fußboden ergoss. So erzählt es Zhou.

Aber nicht sofort. Erst gegen Ende eines ersten Treffens rückt er mit der Sprache über seinen wiederkehrenden Albtraum heraus. Dass er sich an der Grenze abgewiesen wähnt, dass er ruft, er besitze ein deutsches Visum. Dass man ihn reinlassen müsse, um diese Sache mit dem Konsul zu klären. Und immer wenn er sein Visum erwähnt und merkt, dass es für die Grenzsoldaten keine Bedeutung hat, wacht er auf.

So erzählt ihm sein Traum stets aufs Neue, dass er in Deutschland, wo er seit über zehn Jahren lebt, nie angekommen ist.

2008 ließ sich Zhou Qing auf Einladung der Heinrich-Böll-Stiftung zunächst in München nieder und lebte dort dank eines dreijährigen PEN-Stipendiums. „Es kommt mir vor, als ob ich immer noch fliehe“, sagt Zhou. In seinem „Schwebezustand“ sei es ihm unmöglich, die Sprache zu lernen. Weder Deutsch noch irgendeine andere. Es hieße, sich niederzulassen und heimisch zu werden. Das könne er nicht, sagt er entschuldigend.

Es ist nicht so, dass er sich konkret bedroht fühlt. Er hat weder um politisches Asyl gebeten, noch betrachtet sich Zhou als „Dissident“. Kategorien dieser Art seien „schädlich“, sagt er, als würde ihn der Schatten Chinas mit dem Dissidentenstatus wieder einholen. Da ist Zhou lieber ein Unsichtbarer. Er falle hier niemandem auf, sagt eine Freundin über ihn, die ein Gespräch in Zhous Spandauer Küche übersetzt. Er pflege ausgedehnte Spaziergänge durch Berlin zu unternehmen, allen Menschen freundlich zuzunicken und unentwegt zu fotografieren.

Ganz anders als sein Jugendfreund Ai Weiwei, dessen wuchtige Präsenz den Raum krümmt, wirkt Zhou auf niemanden bedrohlich. Er will nichts von dem Raum, er wird von ihm verschluckt. Das ist vielleicht eine Frage des Charakters. Andererseits könnte Zhou durchaus mehr Lärm um sich machen bei dem, was ihm widerfahren ist.

Dissident, das Wort verleiht moralisches Gewicht

Ein Wort wie Dissident verleiht einer Person moralisches Gewicht im Westen. Aber was wiegt dieses Gewicht? Was kann ein einzelner guter Chinese bewirken? Und soll er sich auf die Demokraten hierzulande verlassen, dass sie ihm gegen 1,3 Milliarden Landsleute beistehen?

Seit zehn Jahren übt die Hauptstadt Anziehungskraft auf chinesische Regimegegner, Dichter und Künstler aus. Sie sei „ein Leuchtturm für chinesische Exilanten“, sagt der China-Experte Ian Johnson. Als Gründe nennt er Deutschlands Asylpolitik und die relativ klare moralische Position der Bundeskanzlerin, die schwierige Fälle in Peking anspricht.

Als es im Juli 2018 gelang, Liu Xia, die Frau des verstorbenen Literaturnobelpreisträgers Liu Xiaobo, aus acht Jahren Hausarrest loszueisen, da war es keine Frage, dass sie an die Spree kam. Hier hatte sie ein Netzwerk aus Unterstützern, das über Wolf Biermann und Herta Müller bis zu Altbundespräsident Joachim Gauck reichte. Über diesen Intellektuellenkreis hatte der chinesische Autor Liao Yiwu, der seit vielen Jahren in Berlin weilt, zuvor einigen Einfluss auf Regierungskreise genommen, um Liu Xiaobo zu helfen. Doch seine Frau zog sich von der politischen Bühne zurück. Sie sagt, dass sie wie ein Drache an Fäden hänge und die Regierung in Peking genau wisse, an welchen Fäden sie ziehen müsse. Einer dieser Fäden führt zu ihrem in China lebenden Bruder.

Darüber hinaus zeigt die chinesische Dissidentenszene die für Exilantengruppen typischen Risse. Ein vom „Spiegel“ kolportierter Krach zwischen Ai Weiwei und Liao Yiwu im Juli 2017 zeigte, wie brüchig Allianzen unter Chinas Emigranten sind. Ian Johnson schreibt in einer Mail: „Exilanten sind starke Persönlichkeiten, andernfalls hätten sie sich nicht jahrelang in China behaupten können. Solche Menschen tun sich schwer, mit anderen zusammenzuarbeiten. Fast alle haben keine politische Erfahrung und sind in der asozialen Gesellschaft Chinas sozialisiert, weshalb sie sich manchmal für Außenstehende sehr roh und scharf im Ton ausdrücken.“

Aus Not wurde er zum Koch

Auf dem Herd in Zhous Küche brodelt ein Eintopf aus Hühnerfleisch, Kartoffeln und Gemüse. Dessen simple Zubereitung kam Zhous ursprünglich begrenzten Fertigkeiten entgegen. Denn erst als er nach seiner ersten Haft mit seinem Kind alleine dastand, habe er Kochen gelernt, sagt er. Seine Frau hatte sich aus dem Staub gemacht, den Jungen bei den Großeltern zurückgelassen.

So wurde er aus Not zum Koch. Wie er auch aus Not zum Chronisten dessen geworden ist, was Todeskandidaten ihm vor ihrer Hinrichtung anvertrauten. Als politischer Gefangener war er für die Betreuung der auf einem Holzbrett festgeschnallten Delinquenten zuständig für die Dauer, die ihr Todesurteil den Weg durch die Instanzen durchlief. Bei komplizierten Fällen wurden Monate des Wartens daraus. Am Ende sprachen die Todgeweihten nur noch über Essen. Weil es das war, was sie mit ihrer Kindheit verbanden. Weil es ihr Wesen definierte. Und Zhou, der Politische, hörte zu.

Jetzt, Jahre später, hat er eine Form der Verarbeitung gefunden: Er stellte ein – noch unübersetztes – Rezeptbuch mit Lieblingsgerichten der Hingerichteten zusammen.

Drei Schreie des Riesensalamanders

Unter Zhous kulinarischen Horrorgeschichten findet sich jene von dem Polizisten, der seiner Frau einen Riesensalamander zubereitet. Drei Schreie müsse dieses außergewöhnlich kostbare Tier ausstoßen, bevor es halb lebend noch verzehrt werde. Der erste Schrei, wenn ihm die Haut der Länge nach aufgeschlitzt werde. Der zweite, wenn Xiaoshan-Pfeffer und eine zähflüssige Mixtur aus Reiswein, Zwiebeln, Ingwer und Blütenpfeffer in die Wunden gestreut werde, worauf das heftig zappelnde Geschöpf mit siedendem Öl zu übergießen sei. Und der dritte Schrei, wenn man das kostbarste Stück Fleisch aus den Kiemen zupft.

Zhou erfuhr das alles von einem Mithäftling, der nicht versäumte zu erwähnen, dass er den Liebhaber seiner Frau auf ähnlich qualvolle Weise umgebracht hatte. Er drehte ein Video von seiner Tat, und zwang seine Frau, es sich anzusehen, während er ihr den Riesensalamander servierte. „Wie viel das Lieblingsessen doch über einen selbst verrät“, wundert sich Zhou.

Zhou selbst ist 1964 in ein weitgehend hungerndes Land hineingeboren worden. Er war zu jung, um sich an die chaotischen Auswüchse von Maos Säuberungen als Folge dieses Hungers zu entsinnen. Dennoch ist in den Resten seines frühkindlichen Gedächtnisses das Bild einer Frau erhalten geblieben, die eine andere Frau auf offener Straße niederschlägt.

Von diesem Erinnerungsbild war es nur ein kleiner Schritt zu dem, was ihm der weltberühmte Drehbuchautor von Filmen wie „Lebewohl, meine Konkubine“ und „Tuyas Hochzeit“ erzählte. An seiner Mittelschule Nummer 37, habe dieser gewisse Lu Wei gesagt, seien in den 60er Jahren an einem einzigen Tag zwei Lehrer erschlagen und neun so schwer verletzt worden, dass sie wenig später starben. Ein weiterer blieb gelähmt, ein anderer verlor den Verstand. Lu Wei hatte das nicht vergessen. In den gemeinsamen Gesprächen mit Opfern, Tätern, Angehörigen und Augenzeugen fiel am häufigsten der Satz, dass man sich an die Vorgänge nicht mehr genau erinnern würde. „Das ganze Land war Opfer“, sagt eine Lehrerin in „I Don’t Quite Recall“, „nur für jene war es ein bisschen schlimmer, die starben“.

22 Säuberungswellen in der Weltgeschichte

Besonders die Täter konnten sich an nichts erinnern. Einen gab es, erzählt Zhou, der habe gesagt: „Was? Lehrer geschlagen? Nein, da war nichts. Mir geht es sehr gut. Mein Enkel geht dieses Jahr auf die Uni.“ Jedes Wort sei von einem Lachen begleitet worden. „Ich finde dieses Verhalten noch beängstigender, als die Lehrer erschlagen zu haben“, sagt Zhou. „Denn“, fährt er fort, „durch die Unfähigkeit, sich zu erinnern, töten sie diese Lehrer ein weiteres Mal.“

Sein Film ist Dokument einer kollektiven Verdrängung. Sie geht so weit, dass selbst Opferfamilien keine Tränen für die Toten haben. So ist die Tochter eines getöteten Lehrers noch 50 Jahre später außerstande, ihren Vater zu beweinen. Ihr sei als Teenager beim Anblick des verletzten Vaters befohlen worden, keine Tränen zu vergießen. Sie lacht verlegen, als sie sagt: „Keine Asche und keine Urne. Sie warfen ihn einfach weg.“

In Deutschland kennt man das Phänomen des kollektiv unbeweinten Verlusts als „Unfähigkeit zu trauern“, wie die berühmte psychoanalytische Studie von Alexander und Margarete Mitscherlich hieß. Sie war die 68er-Antwort auf das Verstummen und die emotionale Kälte der Kriegsgeneration, die sich aus den unverarbeiteten Verlusten der Nazi-Vergangenheit ergaben.

Für Zhou sind die Greul der Kulturrevolution mit denen des NS-Terrors vergleichbar. Es habe in der Weltgeschichte 22 Säuberungswellen gegeben, sagt er. An Opferzahlen rangiert Maos Kulturkampf weit vorne. Deren genau Zahl ist nicht beziffert. Schätzungen gehen von weit auseinander. Manche Historiker gehen von 20 Millionen Toten aus. Alle unbeweint. Doch während im Westen psychische Auswege aus den Schuldgefühlen gesucht werden, scheint es etwas Vergleichbares in China nicht zu geben. "Bis heute sind die Parteikader Nutznießer der Kulturrevolution", sagt Zhou. „Einige ihrer Privilegien leiten sich aus ihr ab. Deshalb muss man wie ein Spion vorgehen.“

Obwohl Zhou immer wieder Zeit in China verbringt, vertraute er bei den Interviews mit Betroffenen auf die Hilfe von Assistenten. Es ist nicht leicht, Helfer für seine riskanten Projekte zu finden. Er selbst kennt mögliche Konsequenzen.

Eineinhalb Jahre verbrachte er ohne Anklage zwischen Kahlgeschorenen, die sich jeden Bissen neideten, „unter lebenden Toten“, wie es in einem Text von ihm heißt. 90 Personen in einer Zelle zusammengepfercht. „Diese immer gleichen Fragen, in unterschiedlichen Dialekten von immer wieder neuen Geheimpolizisten und Sicherheitsbeamten gestellt, haben mich ein ums andere Mal zusammenfahren lassen: ,Wie heißt du?’, ,Warum bist du hier?’, ,Wie kann es sein, dass du das nicht weißt?’“

39 mal überlebt

Für ihn bestand die Folter auch darin, dass für jeden Mörder, Vergewaltiger oder Totschläger, der zur Hinrichtungsstätte gebracht wurde, sofort der nächste nachrückte. Der Neue benutzte dieselbe Pritsche, Schüssel und dasselbe Bettzeug. Und hatte dasselbe Anrecht, von Zhou gefüttert zu werden. 39 Mal blieb der zurück. Es war die Art des Systems, ihm klarzumachen, wie austauschbar jeder Einzelne ist.

Wenn dieser Tage über die Ausschreitungen in Hongkong berichtet wird, versteht man, worum es geht: Leute verteidigen ihre Freiheit. Was aus dem Rest Chinas werden soll, das auf eine mehr als hundertjährige Geschichte fortgesetzter Gewaltexzesse zurückblickt, kann sich niemand vorstellen. Wie gehen eine Milliarde Menschen mit ihrer Traumatisierung um? In „I Don’t Quite Recall“ sagt ein Opfer, die alten Wunden aufzureißen bedeute, dass sie stärker bluten denn je.

Auch die Flucht aus Zhous Traum hat es wirklich gegeben. Er plante sie mit einem Studenten und einem Arbeiter, der sämtliche Tricks kannte, in Wirklichkeit aber ein Spitzel war. Die Sache flog auf. Als Strafe isolierte man ihn in einem lichtlosen Loch, in dem es, so ging die Legende, ein Mörder zwei Wochen lang ausgehalten hatte, bevor er sich die Haare ausriss und aufzuessen begann. Zhou ließ man nach 51 Tagen wieder aus der Dunkelzelle.

Auf die Frage, wie er das habe aushalten können, sagt er, dass er eine stabile Konstitution besitze. Er prahlt ein wenig damit und scherzt, dass sein Kumpel Ai Weiwei nicht so hart im Nehmen sei.

Schließlich serviert Zhou sein Gericht. Während er einen Hühnerschenkel abnagt, überlegt er, woher er das Rezept kennt und was es mit ihm zu tun haben könnte. Er kann sich nur entsinnen, als Kind in Wasserläufen nach Fischen gesucht zu haben. Sie verbargen sich unter den Steinen. Die Kinder wälzten sie beiseite und fingen die fliehenden Fische mit den Händen. „Mit sieben Jahren kriegte ich mal einen Hecht zu fassen“, erzählt Zhou. „Der einzige Fisch dort, der Zähne besitzt. Der war fast so groß wie ich. Ich hatte ihn schon fast, da wollte er mir entgleiten. Ich steckte ihm instinktiv meine Hand ins Maul, er schnappte zu, seine Zähne bohrten sich in meine Haut, was höllisch wehtat, und mir liefen Tränen übers Gesicht. Doch immerhin konnte ich ihn aus dem Wasser ziehen. Mit der anderen Hand ergriff ich einen Stein und schlug ihn tot.“

Zhou überlegt. „Ich denke, das zeigt auch meinen Charakter. So war ich schon als Kind.“

Selbst wenn er dem Monster seine Hand in den Rachen schiebt, hat er immer noch eine frei, ihm eins überzuziehen.

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