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Auch nach Königin Nzinga von Matamba sollte eine Straße benannt werden. Sie leistete Widerstand gegen portugiesische Invasoren – war aber auch Sklavenhändlerin.
© Monika Skolimowska/Picture Alliance/dpa

Berlin-Wedding: Streit um koloniale Straßennamen wird zur Posse

Der Versuch, die Straßennamen im Afrikanischen Viertel vom Kolonialismus reinzuwaschen, ist zeitraubend und überflüssig. Dabei könnte es ganz einfach sein. Unser Blendle-Tipp.

Victor Ankobea kommt aus dem Hinterzimmer seiner Schneiderwerkstatt an der Lüderitzstraße in Wedding. Geboren in Ghana ist er ein Afrikaner im sogenannten Afrikanischen Viertel von Berlin. Im Schaufenster seines Ladenlokals: hübsche schwarze ärmellose Kleider mit silbernen Pailletten. Wie die meisten Geschäftsleute und Gewerbetreibenden hier hat Victor Ankobea gehört, dass seine Straße umbenannt werden soll. Er hält nicht viel davon.

Er verzieht das Gesicht, die Mundwinkel weisen nach unten. Bis hin zu den Visitenkarten „muss man alles ändern“, sagt er. Adolf Lüderitz, der im 19. Jahrhundert die Namibier systematisch um ihr Land betrog, das später zum Kern der Kolonie Deutsch-Südwestafrika wurde – der sei doch Geschichte.

Es gibt Themen, bei denen könnte man sich empörungstechnisch zu Tode gähnen. Das Bashing echter oder vermeintlicher Political Correctness gehört dazu. In jeder Zeit wurden Straßen benannt und umbenannt. […] Wir sollten uns nicht so wichtig nehmen. Nichts bleibt wie es ist.

schreibt NutzerIn hanse

Wie er sehen es die meisten, mit denen man ins Gespräch kommt. Geht man auf der Lüderitzstraße nach Nordwesten in Richtung Nachtigalplatz, passiert man die Anlieferzone des Kaufland-Marktes: Noch einer, der Lieferanten eine neue Anschrift mitteilen muss, wenn die Lüderitzstraße umbenannt wird.

„Kolonialismus in gewandelter Form“

Am Nachtigalplatz liegt das Restaurant „Zagreb“. Chefin Reneta Marinova hält auch nichts von neuen Straßen- oder Platznamen. Lüderitz, Gustav Nachtigal, Reichskommissar für Deutsch-Westafrika – „wen interessiert das heute noch?“, fragt sie. Sie und ihr Mann aber müssten wegen Adressen, Steuern, der Gewerbeerlaubnis auf die Ämter. „Wer bezahlt uns die Zeit?“

Aber die Lüderitzstraße, der Nachtigalplatz und auch die nach dem Rassisten und Afrikaforscher Carl Peters benannte Petersallee sind seit Jahren ein Politikum – und neuerdings Anlass für Spott und Häme. Eine Jury, der auch die grüne Stadträtin Sabine Weißler angehörte, hat sechs Ersatznamen für Lüderitz, Nachtigal und Peters vorgeschlagen.

Ich finde solche Straßenumbenennungen albern, weil nicht zielführend. Wenn man will, dass sich Bewohner und Besucher des Afrikanischen Viertels der deutschen Kolonialgeschichte bewusst werden, dann ist es allemal lehrreicher, ein paar gut gemachte Infotafeln aufzustellen.

schreibt NutzerIn ancoats

Harald Martenstein amüsierte sich daraufhin über „die Umbenennung von Straßennamen im Auftrag der politischen Korrektheit“. Zudem sei einer der neuen Namensvorschläge fragwürdig – der der Königin Nzinga von Matamba. Die nämlich sei ihrerseits Sklavenhändlerin gewesen. Alan Posener warf der Jury in der „Welt“ Kolonialismus „in gewandelter Form“ vor, weil seiner Meinung nach die Anwohner zu wenig einbezogen worden waren. Grüne Parteifreunde, die Weißler schon lange kennen, sagen, sie sei halt „naiv“.

Weißler selbst nimmt ...

Den vollständigen Text lesen Sie für 45 Cent im Online-Kiosk Blendle.

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