Im BLICK: Starke Frauen
Wie die vier Utsteinerinnen versuchten die Entwicklungspolitik zu revolutionieren. Zum Abgang von der politischen Weltbühne der letzten noch aktiven Politikerin, Hilde Johnson, ein kleines Denkmal an vier ehemalige Ministerinnen, die Spuren hinterlassen haben.
Sie hat am längsten durchgehalten. Von den vier Frauen, die 1999 die Utstein-Gruppe gegründet haben, um die internationale Entwicklungspolitik zu revolutionieren, war Hilde Johnson zuletzt alleine noch in einer wichtigen Position. Am Freitag hat sie ihren aktuellen Posten aufgegeben. Nach drei Jahren als Chefin der Friedensmission der Vereinten Nationen im Südsudan, Unmiss, und nach gut fünf Jahren als Geburtshelferin des jüngsten Staats der Welt, hat die norwegische Christdemokratin einen Schlussstrich gezogen. Am Freitag traf sie sich noch einmal mit dem bedrängten südsudanesischen Präsidenten Salva Kiir. Es dürfte ein frostiges Treffen gewesen sein.
Gemeinsam mit der Niederländerin Evelyne Herfkens, der Britin Clare Short und der Deutschen Heidemarie Wieczorek-Zeul (alle drei sind Sozialdemokratinnen) hatte Johnson vor 15 Jahren die Utstein-Gruppe gegründet und nach einem Kloster in Norwegen benannt. Die vier Politikerinnen waren zu der Zeit alle Entwicklungsministerinnen. Die Entscheidung, armen Ländern ihre Schulden zu erlassen, gehört zu ihren Erfolgen. Vor allem aber haben die vier Frauen bewiesen, dass es über Partei- und Landesgrenzen hinweg möglich ist, durch eine enge Zusammenarbeit Veränderungen anzustoßen.
Als erste verlor Herfkens ihren Posten. Das war schon 2002. Sie wurde aber umgehend mit einem Posten bei den Vereinten Nationen belohnt. Heute setzt sie sich in einigen Nichtregierungsorganisationen für eine bessere Entwicklungspolitik ein. Clare Short trat 2003 aus Protest gegen den Irakkrieg von ihrem Posten zurück. Sie ist inzwischen Vorsitzende der Anti-Korruptions-Organisation EITI. Heidemarie Wieczorek-Zeuls Amtszeit endete 2009. Sie setzt sich heute für faire Arbeitsbedingungen in der Textilindustrie ein.
Hilde Johnsons Regierungszeit endete 2005. Seither engagierte sie sich für den Südsudan. Dennoch fühlt sich Salva Kiir von Johnson verraten. Und Johnson, wie alle Utsteinerinnen mit einem gesunden Selbstbewusstsein ausgestattet, dürfte einfach die Nase voll davon haben, dass im Südsudan einfach nichts funktioniert – und nicht einmal sie daran etwas ändern kann.
Außerdem war sie massiv unter Druck geraten, weil Johnson die Tore der Unmiss-Stützpunkte zunächst für flüchtende Angehörige des Nuer-Volkes von Kiirs Rivalen Riek Machar geöffnet hatte. Später, als im Verlauf der Auseinandersetzung zwischen Kiir und Machar auch Angehörige von Kiirs Dinka-Volk massakriert wurden, öffnete sie auch für sie die Tore. Doch Kiir hält sie für eine Agentin seines Rivalen Riek Machar. Tatsächlich hat Hilde Johnson selten mit ihren Meinungen hinter dem Berg gehalten. Dass sie von Kiir und der von ihm geführten Regierung wenig bis nichts hielt, war kein Geheimnis.
Diplomatie war und ist nicht die große Stärke der Utsteinerinnen. Aber mit ihrer Dickköpfigkeit, ihrem Charme und ihrem Zusammenhalt haben sie einiges bewegt. Mit Johnsons Abschied von Unmiss endet nun ein kleines, aber feines Kapitel der jüngeren politischen Geschichte. Die Utsteinerinnen haben Spuren hinterlassen, die noch lange nachwirken werden.
Dagmar Dehmer
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