CDU: Peter Altmaier - der freundliche Panikmacher
Er ist als Vertrauter der Kanzlerin für die schwierigen Fälle zuständig. Als Wirtschaftsminister müsste er die Energiewende retten.
Wird er es nun oder nicht? Peter Altmaier steht auf den Personaltableaus, die derzeit in Berlin kursieren, an der Spitze des Wirtschafts- und Energieministeriums. Union und SPD betonen, dass noch nichts entschieden sei. Es könnte also anders kommen, zumal es Proporz-Unstimmigkeiten in der Kabinettsliste gibt.
Nur: Wer außer Altmaier sollte es denn sonst machen? Der Kanzleramtschef und kommissarische Finanzminister der CDU bringt aus Sicht der Union und besonders der Kanzlerin alles mit, was es braucht: Er ist einer der engsten Vertrauten Angela Merkels, hat mit Querschnittsaufgaben viel Erfahrung, und beim Thema Energiepolitik ist er bestens im Stoff.
Das liegt vor allem daran, dass er im Mai 2012 nach dem Rausschmiss von Norbert Röttgen das Umweltministerium übernahm. Damals war dort noch die Hoheit über das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) angesiedelt. Dafür wäre er wieder zuständig, denn inzwischen ist der Ökostrommarkt dem Wirtschaftsministerium zugeordnet. Altmaier bekam damals einen klaren Auftrag. „Er musste die Energiewende retten. Das war der Job, den Merkel ihm auftrug“, sagen Weggefährten. Die Energiewende war angesichts drastisch steigender Kosten in eine Legitimationskrise geraten. Röttgen und sein Vorgänger Sigmar Gabriel (SPD) hatten die Kontrolle verloren, insbesondere über die Solarförderung, die durch die Decke schoss und Kostenberge auftürmte. Die Industrie tobte, Verbraucherschützer ebenfalls.
Dann entwarf er ein Notprogramm
Was tun? Altmaier entwickelte einen Plan: erst aufrütteln, ja, sogar Panik schüren, um dann Reformen durchzusetzen, die wiederum die langfristige Akzeptanz der Energiewende sichern sollten. Er legte los mit einem Interview in der „FAZ“: Die Energiewende koste eine Billion Euro, so die Botschaft, die auf dünnen Zahlen basierte. Dann entwarf er ein Notprogramm, das auch die nachträgliche Kürzung der EEG-Vergütung beinhaltete.
Für beides wurde er heftig kritisiert. Von einer Altmaier-Delle beim Ausbau der Erneuerbaren ist noch heute die Rede. Andererseits: Er wollte eben signalisieren, dass die Politik wieder das Lenkrad in die Hand nimmt. Das hat er erreicht, auch wenn der Kollateralschaden beträchtlich ausfiel. Auch heute noch zucken Vertreter aus der Erneuerbaren-Industrie beim Namen Altmaier nervös. Doch sein Motto von damals bleibt glaubhaft: „Die Energiewende muss volkswirtschaftlich vertretbar und bezahlbar bleiben. Nur dann kann sie gelingen.“ Dass er diesen Wunsch nach Erfolg ernst meint, bezweifeln die wenigsten.
Altmaier bereitete also den Boden für grundsätzliche Reformen. Den bislang tiefsten Abdruck in der deutschen Energiepolitik lieferte Altmaier aber gegen Ende seiner Amtszeit als Umweltminister beim Aushandeln des Koalitionsvertrags 2013. Er sorgte dafür, dass Ökostromkraftwerke nicht mehr eine fixe Vergütung vom Staat bekommen, sondern sich im Preiskampf unterbieten und durchsetzen müssen. Der größte Teil der Erneuerbaren-Förderung findet inzwischen über Ausschreibungen statt. Das hat zu drastischen Kostensenkungen geführt und Kritiker besänftigt.
Ein Chef, der an den Pförtner denkt
Der Energie blieb er fortan treu verbunden. Immer wenn es eng wurde in den vergangenen Jahren, war Altmaier mit von der Partie. Zum Beispiel, als es darum ging, in Brüssel die milliardenschweren Subventionen für die Schwerindustrie zu retten. Auch bei den Jamaika-Verhandlungen zur Energie war er entscheidend beteiligt. Die Abschaltung von sieben Gigawatt Kohlekraftwerkskapazität – als Kompromiss zwischen Grünen und Schwarz-Gelb – soll auf ihn zurückgehen.
Altmaier kommt in solch konfrontativen Situationen zugute, dass er offen nach allen Seiten ist. Er hört zu. Ehemalige Mitarbeiter berichten sogar, einen so angenehmen Chef hätten sie nie wieder gehabt, einen, der an den Pförtner denkt und in Sachfragen die Referenten löchert, weil er sich für Details interessiert.
Der freundliche Peter Altmaier – als Wirtschafts- und damit auch Energiewendeminister hätte er im Jahr 2018 eine Aufgabe vor sich, die noch schwieriger ist als 2013. Das Klimaziel 2020 muss zwar nicht mehr geschafft werden, hat Schwarz-Rot vereinbart. Der Emissionspfad zur Erreichung des Klimaziels 2030, das auf jeden Fall eingehalten werden soll, ist jedoch derart steil, dass drastische Maßnahmen her müssen.
Der Ausbau der Erneuerbaren auf 65 Prozent Anteil am Stromverbrauch bis 2030, eine Verdopplung zu heute, gehört noch zu den leichteren Aufgaben. Aber die für Energiepolitik wichtigen Ressorts Bau und Verkehr werden von der CSU geführt – das könnte für Altmaier unerfreulich werden. Die Christsozialen haben in Bayern die Windkraft erlahmen lassen, wollen die Autoindustrie vor jeder Delle bewahren und haben dafür gesorgt, dass energetische Sanierungen steuerlich nicht gefördert werden. Altmaier stünde als Energieminister vor schwierigen Jahren. Die Frage, wer sonst es aus der CDU machen könnte, kann man allerdings auch anders stellen: Wer sollte es besser machen?