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Verstecktes Idyll. Selbst im Hochsommer bleibt’s hier ruhig. Urlauber fahren lieber an die nahe Ostsee.
© Ingo Schlösser/Wikimedia

Lassaner Winkel: Der blaue Diamant

In Vorpommern gibt es einen Berliner See. Natürlich ist er wunderschön.

Orte, die Berlin heißen, existieren in der Welt etliche – 118, um genau zu sein. Es gibt auch zwei Berge, die diesen Namen tragen, den Mount Berlin in der Antarktis, stolze 3148 Meter hoch, und einen Berg in der Pazifischen Tiefsee vor Hawaii. Und einen Wasserfall, die Berlin Falls in Südafrika, finden wir auf der Landkarte. Aber gibt es auch einen Berliner See?

Wir entdecken ihn per Zufall, auf einer Fahrradtour im stillen Lassaner Winkel. Das ist ein verwunschener Landstrich in Vorpommern im Nordosten Deutschlands, gegenüber, nur durch den Peenestrom von ihm getrennt, die Insel Usedom.

In Anklam sind wir gestartet, haben die naturbelassene Peene überquert, sind durch duftende Kiefernwälder und abgeschiedene Dörfchen wie Klotzow und Jamitzow gefahren, nun, kurz vor dem Städtchen Lassan, dem Ziel unserer Tour, ein freundliches, einladendes Schild am Straßenrand mit Ente, Schwan und Segelboot auf blauem Grund: Berliner See.

Der beliebtester See der Lassaner

Das weckt natürlich die Neugier (ein Berliner See, wie kommt der denn hierher?). Wir lassen Lassan rechts liegen und schlagen den zweispurigen Sandweg hügelaufwärts durchs Getreidefeld ein. Auf dem höchsten Punkt des Hügels – höchstens ein Hügelchen – sehen wir ihn in einer Senke liegen, wie ein blauer Diamant eingebettet in eine grüne Fassung von Feld, Wiesen, Büschen und Bäumen, die ihn dicht umgeben.

„Der Berliner See, der beliebteste See der Lassaner, hat eine Nord-Süd-Ausdehnung von etwa 450 Metern und eine West-Ost-Ausdehnung von etwa 130 Metern. Mit einer maximalen Tiefe von 16 Metern gehört er zu den tiefsten Seen in Vorpommern. Seine Entstehung geht wie die der anderen Seen in der Nähe auf die letzte Eiszeit zurück“, informiert die lokale Webseite.

Fast so schön wie der See selbst: Wegweiser zum Berliner See.
Fast so schön wie der See selbst: Wegweiser zum Berliner See.
© Roland Lampe

Beliebtester See der Lassaner? Still und verlassen ruht er, die eine schmale Badestelle ist von dichtem, sattem Gras fast zugewachsen, und auf den beiden Klettergerüsten, die wohl noch aus DDR-Zeiten stammen, hat schon lange kein Kind mehr geturnt. Ein Boot welcher Art auch immer ist nicht zu entdecken, nicht einmal eine Ente oder ein Schwan.

Uns soll es recht sein, wir haben ihn für uns allein, erfreuen uns an den grünen und blauen Farben – nicht zu vergessen das Rot der Mohnblumen. Der Himmel spiegelt sich im Wasser, die Sonne scheint milde, das Getreidefeld duftet, nichts ist zu hören, die Zeit steht still...

Wer denkt sich so etwas aus?

Auf der Weiterfahrt nach Lassan (20 Minuten) fällt uns ein, dass wir nicht einmal Hände oder Füße ins Wasser des Sees getaucht haben. Muss wohl recht frisch sein, wenn er so tief ist. Ob es hier im Hochsommer richtig voll wird? Oder fahren die Leute lieber an die Ostsee, die ist ja nicht weit? Und warum heißt der See Berliner See, wer legt das fest, wer denkt sich so etwas aus?

Lassan, mit 1500 Einwohnern die kleinste Stadt Mecklenburg-Vorpommerns, ist ein freundliches Ackerbürgerstädtchen am westlichen Ufer des Peenestroms. Viele der hölzernen Türen der alten Häuser sind kunstvoll verziert, denn hier wohnten einst die „Leute aus dem Wald“.

Später dominierte die Fischerei, zwei lange Straßen führen zum idyllischen Hafen, in dem die Fischerboote zu Hause sind, aber auch Wasserwanderer können hier rasten. Gegenüber, in Sichtweite, liegt Usedom, das Ferienparadies – zwei Welten, die unterschiedlicher nicht sein können.

Übrigens, wie auch immer der Name Berliner See zustande gekommen sein mag, die ferne Hauptstadt revanchiert sich mit einer Lassaner Straße. Die liegt in Kaulsdorf, führt an einem See vorbei, dem Butzer See, aber das ist eine andere Geschichte.

Mehr über die Region im Internet.

Roland Lampe

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