USA: Das Glück kann ein Highway sein
Grandiose Landschaften, kuriose Diner und relaxte Zeitgenossen: Bei der Autofahrt von Las Vegas bis San Francisco darf man sich Zeit lassen.
Der Highway muss warten. Vor dem gemütlichen Cruisen gibt sich die Berlinerin noch das Kontrastprogramm. Feuerspeiende Vulkane, ägyptische Pyramiden, Elvis-Imitatoren, Casinos, Mega-Resorts und unsäglicher Kitsch, der in den Augen schmerzt: Wer nach Las Vegas kommt, darf alles, was er dort sieht, nicht so ernst nehmen. Fast 40 Millionen Touristen werden jährlich von dieser Stadt in der Wüste von Nevada angelockt.
Zu betrachten ist der Inbegriff von Kapitalismus und Geldmacherei in riesigen Shoppingmalls, Casinos und Vergnügungspalästen. Gut 150.000 Hotelzimmer gibt es in Las Vegas, geschätzt die Hälfte an der 6,8 Kilometer langen Vergnügungsmeile, dem Strip.
Wer Las Vegas in Reinkultur spüren will, begibt sich ins 1966 eröffnete und inzwischen renovierte Caesar's Palace. In dieser kitschigen römisch-griechischen Umgebung zwischen Säulen, Springbrunnen und Marmortreppen wundert man sich nicht, wenn die Bardamen mit knappen Togen-Outfits und Kleopatra-Kostümen und viele Angestellte als römische Zenturios herumlaufen.
Kurios ist auch die David-Copperfield-Show im MGM Hotel. Zum Ticketpreis von 80 Dollar sieht man einen Magier mit Botox im Gesicht, der zwischen Aliens, Dinosauriern und einer fliegenden Untertasse umherwandelt. Er erzählt von seiner schwierigen Kindheit und rührt die amerikanischen Zuschauer damit zu Tränen. Irgendwann watschelt eine Gans über die Bühne. Wozu? Danach fragt man nicht in Las Vegas. The Show must go on.
Cruisen ist angesagt. Das heißt: gemächlich fahren
Zeit zum Essen. Rein in einen der besten Burgerläden im amerikanischen Westen, dem In-N-Out-Burger. Das Interieur ist rot-weiß, der Slogan lautet: „Quality you can taste“. Zu Recht. Alles wird frisch zubereitet, die French Fries sind handgeschnitten, das Beef hervorragend. Geheimtipp: einen Burger „Animal style“ mit Zwiebeln und einer Spezialsauce bestellen. Steht nicht mal auf der Karte.
Bye-bye, Las Vegas – rauf auf die Interstate I-15 in Richtung Kalifornien. Cruisen ist angesagt. Das heißt: gemächlich fahren, die Landschaft betrachten, die Seele baumeln lassen. Du reihst Dich ein in den rollenden Verkehr, suchst nach einem passenden Radiosender und bekommst „Rat Pack“ rein.
Wenn dann Frank Sinatra sein „I’ve travelled each and every highway; And more, much more than this, I did it my way“ singt, ist das Autofahren in den USA nicht nur ein kulturelles, sondern auch ein sinnliches Erlebnis. Sinatra sitzt neben Dir, Du singst mit ihm, fährst an typischen Truck Stops vorbei, vor denen chromeglänzende, spritschluckende Lkw-Monster parken.
Bei einem Abstecher, Exit 239 Richtung Baker auf der I-15 ist zur Rechten ein unscheinbares blau-weißes Gebäude zu sehen. Der „Mad Greek“ hat seine besten Jahre hinter sich, auf dem Parkplatz stehen ein paar verbeulte Lkw-Anhänger und ein verrosteter Container mit der Aufschrift „Sealand“. Niemand steht in der verstaubten Einfahrt des „Gyros Drive through“. Der ideale Ort für die Mundharmonika- Szene in Sergio Leones „Spiel mir das Lied vom Tod“.
Am Tresen essen die Trucker ihre mehrstöckigen Burger
Autofahren gehört zum American Way of Life. Im Wagen auf einer schnurgeraden Straße in der kargen, brütend heißen Mojave-Wüste schwirren Szenen aus den Roadmovies „Easy Rider“ oder „Thelma and Louise“ vor den Augen. Du bist auf dem Weg irgendwo hin auf einer der schier endlosen Interstates. Die Freiheit, monatelang durch dieses Land zu fahren, ist plötzlich zum Greifen nah: Cruisen, die Landschaft anschauen, kurze Stopover in einem der unzähligen Diner am Straßenrand, in denen die Trucker an eigenen Tischen oder am Tresen ihre mehrstöckigen Burger essen und vor ihnen XXXL-Becher mit Coke und einem Gebirge an Eiswürfeln stehen.
Natürlich kauft man selbst auch große eisgekühlte Getränke in den Shops, balanciert sie ins Auto und versucht, sie stoßsicher in dem Getränkehalter zu verankern. Das klappt nicht immer.
Die Amerikaner lieben Autos und das Autofahren. Wer hier rechts oder links überholt, fängt häufig einen freundlichen Blick der Insassen des nebenher fahrenden Fahrzeugs auf. Man grüßt mit einem kurzen Nicken und weiter geht’s. Das Tempo beim Fahren ist selbst für eingefleischte deutsche Fahrer irgendwann nicht mehr wichtig. Nach ein paar Tagen legt sich das Gefühl zu kriechen und man muss anerkennen, wie stressfrei Autofahren sein kann. Auch in einem coolen roten Porsche 911. Let it roll.
Santa Barbara, Pismo Beach, Morro Bay – die Szenerie ist traumhaft
Das „Om“ beim Fahren kann hohe Strafen verhindern: Die Tempolimits – in der Regel zwischen 55 bis 65 Meilen (88 bis 104 Kilometer/Stunde) – sind unbedingt einzuhalten. Die Männer der Highway-Patrol sind selten zu Späßen aufgelegt. Wer erwischt wird, sollte sich reumütig verhalten und nicht diskutieren: Die Sheriffs zeigen kaum Toleranz bei Verstößen gegen die Verkehrsordnung – schon gar nicht bei Ausländern. Wer glaubt, auf diesen endlosen, geraden Straßen könne man jedes Radargerät mit bloßem Auge erkennen, irrt gewaltig. In den USA wird das Tempolimit auch von oben überwacht. Aus Helikoptern werden die Autos per Kamera fokussiert.
Auf den amerikanischen Straßen gibt es kein Rasen, kein Drängeln, kein Anhupen, keine Stinkefinger oder obszöne Gesten. Andere einreihen zu lassen, ist in den USA ebenso selbstverständlich wie die Verständigung per Augenkontakt an den Kreuzungen, die an allen Verkehrswegen einen 3-Way oder 4-Way-Zusatz haben. Hier hat derjenige Vorfahrt, der zuerst an der Kreuzung angehalten hat – nicht der, der von rechts kommt. Kein Mensch fährt mit Karacho in eine Kreuzung rein. Jeder hat begriffen: Du musst nicht Erster sein, um an Dein Ziel zu kommen. Denn der Weg ist das Ziel.
Das amerikanische Verkehrsnetz mit mehr als sechs Millionen Kilometern ist hervorragend ausgebaut. Die Interstate Highways bilden von Norden nach Süden und Osten nach Westen ein Netz. Auf den US-Highways geht es zwar langsamer voran, dafür führen sie durch wunderschöne Landschaften.
Ist das Fahren stressfrei, kann das Tanken zur Denksportaufgabe werden. Denn in Amerika wird nicht getankt und danach bezahlt. Stattdessen geht man zum Kassenhäuschen, sagt, wie viel man tanken will und zahlt den Betrag mit Kreditkarte. Erst dann wird die Zapfsäule für die bezahlte Spritmenge freigeschaltet. Ein gutes Schätzvermögen sollte man haben – und im Kopf den Umrechnungsfaktor. Eine US-Gallone sind 3,78 Liter.
Bei Barstow biegen wir ab auf die Historic Route 66
Richtung Barstow auf der I-15 sieht man inmitten dieser kargen, sandfarbenen Landschaft ein Meer an grell blitzenden Spiegeln. Eine Fata Morgana? Während im Radio Johnny Cash „I walk the line“ singt, erreichen wir gut 60 Kilometer südwestlich von Las Vegas Ivanpah: das weltweit größte Solarkraftwerk auf einer Fläche von 14 Quadratkilometern und mit einer Leistung von 392 Megawatt. 350.000 Spiegel lenken das Sonnenlicht auf drei Türme. Diese sogenannte Tower-Power-Solarenergie aber kann zur Todesfalle für Vögel werden. Viele versengen sich die Federn daran oder verbrennen gar. Umweltschützer sprechen von 28.000 toten Vögeln pro Jahr.
In Yermo muss man einen Abstecher ins Peggy Sue’s Diner machen. Der Name ist Programm: 1954 gegründet ist der Diner perfekt im Stil der fünfziger Jahre eingerichtet. Was darf’s denn sein: Ein „Marlon Brando Mushroom Cheeseburger“, ein „Tina Turner Tuna Sandwich“ oder ein „Tarzan of the Jungle Salads“?
Zeit für die Rolling Stones. „Get your kicks, on route 66“. Bei Barstow biegen wir ab auf die Historic Route 66. Ein Mythos, diese Straße, die einst Chicago mit Los Angeles verband. Streckenweise, wenn sich weite Landschaften auftun, spürt man noch das Fernweh, das sie alle hatten, die damals hier cruisten.
Am Straßenrand präsentiert sich der Bottle-Tree-Garden. Hier hat ein schrulliger Enthusiast ein Sammelsurium von Flaschen und allem möglichen Krimskrams zu einem Gesamtkunstwerk der besonderen Art zusammengestellt.
War die Route 66 eben noch romantisch, jetzt wird sie schlagartig ernüchternd. Gegenüber einer alten, verfallenen Tankstelle steht ein riesiges Zementwerk. Da kommen keine „Kicks“ mehr.
"No parking area", faucht der Polizist mit dunkler Sonnenbrille
Über schmale kurvige Straßen geht es durch’s San Bernardino County Richtung Los Angeles County. Wir befahren den Mulholland Drive in Richtung Beverly Hills, dem Vorort der Reichen und Schönen, der Prominenten und unerbittlichen Cops. Ein kurzer Halt am Straßenrand, um eine Adresse zu überprüfen, wird nicht geduldet. „No parking area“, faucht der Polizist mit dunkler Sonnenbrille. Parken ist in Städten nur an Bordsteinen ohne Markierung erlaubt. Um Zeit und Nerven zu sparen, sollte man in Großstädten gleich ein Parkhaus ansteuern.
Der Rodeo Drive, die Luxus-Shoppingmeile, weckt Erinnerungen an „Pretty Woman“ mit Julia Roberts und Richard Gere. Vom Frühstück im „Beverly Wilshire Hotel“, wo der Film gedreht wurde, sind wir allerdings enttäuscht, der Service für Nicht-Hotelgäste lässt zu wünschen übrig – abgesehen von der unverschämten Rechnung.
Von Los Angeles geht es durch Malibu entlang der Pazifikküste auf dem Pacific Coast Highway 1, der 1966 zum ersten Scenic Highway Kaliforniens gekürt wurde. Santa Barbara, der Küstenort Pismo Beach, Morro Bay – die Szenerie ist traumhaft. Steilküste und Pazifik auf der einen, Berge auf der anderen Seite. Kurve reiht sich an Kurve. Und immer wieder Haltepunkte an der Küste, die Attraktionen bieten: Zebras auf einer Ranch oder die Seelöwenkolonie in der Sea Lions Cave unterhalb von Monterey.
Die letzte Etappe führt über den Highway 1. Noch 200 Kilometer bis San Francisco. Mit dem Auto muss man dort unbedingt in die die Lombard Street, mit 27 Prozent eine der steilsten Straßen überhaupt, zugleich gilt sie als kurvenreichste der Welt. Und: Sie ist der Zubringer zur Golden Gate Bridge. Die Mautstellen am berühmten Wahrzeichen sind offen, der fällige Betrag wird über das Kennzeichen abgebucht.
Der letzte Song vor der Abreise: „If you’re going to San Francisco. Be sure to wear some flowers in your hair“ singt Scott McKenzie. Die Stadt ist übrigens großartig – und: Man kommt auch ohne Blumen im Haar hinein.
Tipps für die USA
ANREISE
Condor fliegt im Winter nonstop drei Mal in der Woche von Frankfurt/Main nach Las Vegas, im Sommer fünf Mal. Im Februar fanden wir einen Flugpreis von rund 620 Euro (hin und zurück).
UNTERKUNFT
Caesars Palace, Las Vegas, Doppelzimmer ab 99 Dollar. Luxe Rodeo Drive Hotel, Doppelzimmer ab 240 Dollar, Best Western Plus Shore Cliff Lodge, Pismo Beach, Doppelzimmer ab 147 Dollar, (mehrere Nächte ab 117 Dollar), Portola Hotel & Spa, 2 Portola Plaza, Monterey, Doppelzimmer ab 190 Dollar.
EINKEHR
Gut und günstig: In-N-Out-Burger im Westen der USA. Peggy Sue’s 50’s Diner, Ghost Town Road, Yermo; The Grill on the Alley, klassisches amerikanisches Steakhouse, 9560 Dayton Way, Beverly Hills;
Post Ranch Inn, Dining im Sierra Mar Restaurant, Lunch: Drei-Gänge-Menü ab 55 Dollar, Dinner ab 125 Dollar, Big Sur.
MIETWAGEN
Autos jeglicher Marke, Größe und Ausstattung können bei zahlreichen Mietwagenfirmen (z.B. Alamo, Budget, Thrifty) bestellt werden. Ein Kleinwagen ist ab 198 Dollar, ein Mittelklasseauto ab 224 Dollar pro Woche zu haben. „Traumwagen“, also besondere Autos wie Jaguar, Mercedes Benz oder Porsche, bietet die Firma Hertz. Die schönen Wagen haben allerdings auch ihren Preis: Ein Porsche 911 zum Beispiel schlägt am Tag mit 450 Dollar zu Buche.
REISEFÜHRER
M. Hundt und H. Grundmann: Kalifornien Süd + Zentral mit Las Vegas, Verlag Reise Knowhow 2015, 23,50 Euro
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