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Brasilianische Beyoncé-Fans in der Dokumentation „Waiting for B.“.
© Xposed

Xposed Queer Film Festival: Wir driften durch die Nacht

Das Xposed Film Festival zeigt ab Donnerstag im Kreuzberger Moviemento Kino zum zwölften Mal queere Filmkunst. Ein Ausblick.

„Frankreich ist groß, voller Männer und Möglichkeiten.“ Die grande nation – ein einziges schwules Cruising-Areal. So sieht Pierre (Pascal Cervo) sein Heimatland. Zumindest für einige Tage, in denen der Mittdreißiger aus Paris mit seinem Auto herumfährt und sich von einer Dating-App leiten lässt. Sie führt ihn unter anderem ins Bett eines hübschen jungen Manns aus der Provinz. Nebenbei macht er Zufallsbekanntschaften mit Frauen.

Diese Reise inszeniert Jérôme Reybaud in seinem Debütspielfilm „4 Days in France“ mit leisem Humor und schönen Sommerbildern. Wälder, Berge, Meer – ein prachtvolles Land, in dem seltsamerweise fast nur weiße Menschen zu leben scheinen. Pierre auf den Fersen ist sein Geliebter Paul (Arthur Igual), den er in der ersten Szene wortlos verlassen hat. Auch er benutzt bei seiner Verfolgung die App.

Mit der deutschen Premiere des Roadmovies eröffnet an diesem Donnerstag in Berlin das zwölfte Xposed International Queer Film Festival, das acht Lang- und 52 Kurzfilme zeigt. Bei den langen Werken gibt es ein leichtes Übergewicht schwuler und männlicher Perspektiven. So laufen im Kreuzberger Moviemento Kino auch „Staying Vertical“ von Alain Guiraudie („Der Fremde am See“) sowie „La Noche“ von Edgardo Castro.

Nächtliche Abenteuer in Buenos Aires

Letzterer spielt in seinem Regiedebüt auch die Hauptrolle eines ziellos durch Buenos Aires driftenden Mannes Anfang 40, der viel ausgeht, trinkt, raucht und kokst. Gesprochen wird wenig. Die bevorzugte Kommunikationsform ist Sex. Mit Geduld und großer Ehrlichkeit schaut Castro auf die Körper. Bäuche, Narben, schlaffe Schwänze im Schummerlicht – nichts wird hier beschönigt. Meist sind es Männer und Transfrauen, auch mal ein Heteropärchen, mit denen der Protagonist etwas anfängt. Wobei seine teils mit Laien in Szene gesetzten nächtlichen Abenteuer zunehmend frustrierend ausfallen. Eine Tour de Force, in die gelegentlich das grelle Sonnenlicht einbricht – trotz aller Tristesse fesselnd.

Szene aus "Unsichtbare Gegner" (1977) von Valie Export.
Szene aus "Unsichtbare Gegner" (1977) von Valie Export.
© Festival

Der Rückgriff auf die Vergangenheit bringt auch lesbische und weibliche Perspektiven ins Langfilmprogramm: „Fresh Kill“ von Shu Lea Cheang aus dem Jahr 1994 erzählt von einem Frauenpaar, dessen Tochter plötzlich verschwindet. Mysteriös geht es auch in „Unsichtbare Gegner“ zu: Die Heldin fühlt sich zunehmend von unsichtbaren Mächten bedroht. Das experimentelle Werk drehte die österreichische Künstlerin Valie Export vor vierzig Jahren als ihren ersten Spielfilm. Sie wird beim Festival zu Gast sein und über ihre Kunst sprechen (13.5., 16 Uhr, Aquarium, Skalitzer Str. 6).

Ein Highlight aus dem Dokumentarfilm-Programm ist „Waiting for B.“ von Paulo Cesar Toledo und Abigail Spindel. Über zwei Monate begleiten die beiden eine Gruppe von Beyoncé-Fans, die zwei Monate vor einem Stadion in São Paulo kampieren, um beim Konzert in der ersten Reihe stehen zu können. Die jungen, mehrheitlich schwulen Anhänger der Sängerin tanzen, diskutieren miteinander und wachsen zu einer Ersatzfamilie zusammen. Für eine Weile entkommen sie ihrer Armut und dem Homo-Hass. Ein queeres Camp der Hoffnung.

Xposed Film Festival, 11. bis 14. Mai, Moviemento Kino, Kottbusser Damm 22

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