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Der Autor: Der Berliner Regisseur Rosa von Praunheim ist in festlicher Stimmung.
© imago/Future Image

Queer weiß das (40): Wie feiern queere Menschen Weihnachten?

Ein Weihnachtsspezial unserer Kolumne "Heteros fragen, Homos antworten": Der Regisseur Rosa von Praunheim über Glitzer, Kitsch und Homo-Revolutionäres unterm Tannenbaum.

Weihnachten ist in der öffentlichen Wahrnehmung das Fest der klassischen Vater-Mutter-Kind-Familie. Wie feiern eigentlich queere Menschen? - Hannes, Neukölln

Ein befreundeter Journalist aus New York beschrieb einmal in einem Artikel, dass er am Heiligen Abend in eine Sexbar geht, wo er sich in eine Badewanne legt und wartet, wer ihm seinen Urin schenkt. Viele Schwule reagierten entsetzt, weil sie um ihr Image fürchteten. In meinem Film „Nicht der Homosexuelle ist pervers, sondern die Situation, in der er lebt“ sage ich, „dass viele Schwule so spießig leben wollen wie der Durchschnittsbürger“. Aber als Schwuler bist du immer ein Außenseiter. Also, warum nicht die schwule Sau auch zu Weihnachten rauslassen, wenn es Spaß macht?

Damit gleich zur nächsten Frage: Haben Schwule mehr Spaß, wenn sie unter sich feiern? Ich glaube ja, denn sie sind per se revolutionär, und viele Heteros beneiden uns, weil wir uns Freiheiten nehmen, die familiäre Traditionen verbieten. Wir lieben es, alte, kitschige Filme anzuschauen, weil wir uns mit den Frauenrollen identifizieren und gleichzeitig darüber lachen können. Genauso können wir schreckliche Lieder gut finden und nackt mit Glitzer besprüht um den Weihnachtsbaum tanzen. Es gibt aber natürlich auch die, die aus Pflichtgefühl nach Hause fahren. Die meisten langweilen sich dort in der Provinz. In vielen Familien ist Homosexualität tabu, selbst wenn der Freund seit Jahren in der Familie eingeführt ist. Man spricht einfach nicht darüber.

Der Grund für Weihnachten ist Blödsinn - aber ich liebe Blödsinn

Ich persönlich liebe Weihnachten, obwohl ich den Grund dafür für Blödsinn halte – aber ich liebe nun mal Blödsinn. Zum Fest stelle ich einen großen Tisch in mein Wohnzimmer, lasse ein Buffet kommen, meistens Rinderbraten – auf den besteht mein Ex Mike, mit dem ich seit 40 Jahren zusammen arbeite. Mein Geliebter Olli, mit dem ich seit zehn Jahren zusammen lebe, ist damit einverstanden. Er kommt meistens später, denn er arbeitet in der Schwulenberatung mit Senioren, für die er eine Feier vorbereitet. Ich stelle einen künstlichen Tannenbaum auf, silber oder rot, schreibe eine Weihnachtsgeschichte und für jeden Gast ein Gedicht. Die Tage davor kaufe ich in Billiggeschäften einen Sack voll Kitsch, den ich nach dem Essen verteile. Ich erwarte zwölf gute Freunde zum Essen, darunter in diesem Jahr die Regisseurin Elfi Miksch mit ihrer Frau Lilly Grothe. Im letzten Jahr kam die türkische Schriftstellerin Emine Sevgi Özdamar, die eine ihrer großartigen Geschichten vorlas.

Vielleicht sollten wir dieses Jahr zu Weihnachten auch ganz konkret Pläne schmieden, wie man den Nazis Paroli bieten kann. Wir haben viel erreicht, aber die Wahlen in Europa und den USA zeigen, wie brüchig unsere Freiheiten sind. Schweigen gleich Tod: So hieß es in der Aids-Bewegung. Laut sein und gegen die Rechten anschreien – das sollte uns ins neue Jahr begleiten, denn wer sollte unsere hart erkämpften Freiheiten verteidigen, wenn nicht wir selbst?

Folge 39: Darf man jemanden fragen, ob sie oder er lesbisch oder schwul ist?

Folge 38: Was finden Schwule an Sängerinnen wie Marianne Rosenberg?

Folge 37: Sollten homosexuelle Promis sich politisch engagieren?

Folge 36: Verliebt ihr euch manchmal in Heteros?

Folge 35: Nehmen Homosexuelle häufiger Drogen?

Folge 34: Was bedeutet Trumps Sieg für queere Menschen?

Folge 33: Gibt es bei Euch Party-Heterosexualität?

Folge 32: Wann habt ihr eure Homosexualität bemerkt?

Folge 31: Hat Berlin etwa keine Lesbenbar?

Dieser Text erschien zunächst in der gedruckten Sonnabendsbeilage Mehr Berlin.

Haben Sie auch eine Frage an die Tagesspiegel-Homos? Dann schreiben Sie an: queer@tagesspiegel.de!

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