Salon zu "Heteros fragen, Homos antworten": Was Sie schon immer über Homosexualität wissen wollten
Was Heteros schon immer wissen wollten: Vier queere Tagesspiegel-Autor*innen geben Antworten - in einer Kolumnenreihe und jetzt auch in einem Buch, das sie am 11. Oktober im Tagesspiegel-Salon vorstellen.
Die Welt könnte so schön einfach sein: wenn wir alle ein und dasselbe Geschlecht hätten und ein und dasselbe begehren würden, zum Beispiel Erdbeersaft. Dann gäbe es keinerlei Verwirrung, ob ein Mensch nun hetero, homo, trans, bi oder sonst etwas ist, und niemand müsste irgendwem etwas erklären. In einer solchen – schön einfachen, aber auch langweiligen – Erdbeerwelt wäre das neue Buch „Heteros fragen, Homos antworten“ von vier Tagesspiegel-Redakteur*innen völlig überflüssig.
Warum redet ihr so kompliziert?
In unserer echten, bunten, verrückten Welt ist das Buch von Anja Kühne, Nadine Lange, Björn Seeling und Tilmann Warnecke aber vielleicht notwendiger denn je. Die vier Autor*innen haben ihre Kolumnenreihe, die von April 2016 bis März 2017 in der Tagesspiegel-Samstagsbeilage „Mehr Berlin“ erschienen ist, in Buchform gebracht und beantworten in 50 kurzen Texten Fragen, die heterosexuelle Leser und Leserinnen gestellt haben. Das reicht von der Erkundigung, ob sie nicht manchmal lieber heterosexuell wären, bis hin zu der Frage, ob es eine „Homo-Lobby“ gibt, die die Gesellschaft umerziehen möchte. „LGBTI, Trans*, queer – warum redet ihr so kompliziert?“ – „Haben Schwule ein besonderes Gespür für Ästhetik?“ – „Wie entscheidet ein lesbisches Paar, welche Partnerin das Kind austrägt?“
Ganz offensichtlich besteht Erklärungsbedarf, und die vier, die das Projekt bei einem Kantinengespräch entwickelt haben, stellen sich ihm – in dem Buch und am 11. Oktober im Tagesspiegel-Salon. An dem Abend wird auch der schillernde Wintergarten-Star Jack Woodhead, der um einiges exzentrischer ist als die vier Tagesspiegel-Autor*innen, einen Gastauftritt hinlegen. „Wir repräsentieren sicher nicht ,die Homos‘ schlechthin, denn wir sind alle weiß, über 40 Jahre alt und haben einen regulären Job“, sagt Musikredakteurin Nadine Lange. „Aber wir wollen dazu beitragen, Argumente zu schärfen – und aufklären.“ Wissenschaftsredakteurin Anja Kühne ergänzt: „Wir haben nicht die Hoffnung, homofeindliche Menschen zu bekehren. Es geht uns um die aufgeschlossenen Leute, die mehr wissen und verstehen möchten.“
Ohne Scheu fragen, ohne Schönfärberei antworten
Dass Aufklärung nötig ist, glaubt auch Jens Mühling, selbst hetero, der die Kolumnenreihe betreut hat und den Salon-Abend moderieren wird. Denn einerseits treten immer mehr Gruppen, die von herkömmlichen Sexualnormen abweichen, auch öffentlich in Erscheinung und verlangen Anerkennung. Andererseits gibt es immer mehr homofeindliche Hetze und Angriffe, ob rechtspopulistisch oder islamistisch inspiriert. Was hilft da? Miteinander reden. Fragen stellen und erklären, aufeinander zugehen, zumindest unter den Gesprächsfähigen und -willigen in der Bevölkerung.
Das setzt voraus, dass die einen ohne Scheu fragen dürfen und die anderen ohne Herablassung oder Schönfärberei antworten. So sind die Texte im Buch durchweg differenziert und sparen auch unangenehme Punkte nicht aus: Ja, es gibt unter Schwulen auch Frauenhasser. Ja, wenn schwule Männer in Datingportalen „no fats, keine Opis“ fordern, dann verhalten sie sich ähnlich diskriminierend wie ein Teil der heterosexuellen Männer. Und dass ein Mensch der homosexuellen Minderheit angehört, bedeutet noch lange nicht, dass er oder sie sich für andere Minderheiten einsetzt. Das erfahren Lesben mitunter ebenso schmerzlich wie schwarze Schwule, wie der Künstler Isaiah Lopaz aus Los Angeles in einem Gastbeitrag beklagt. Weitere Gastbeiträge stammen von Rosa von Praunheim, der erzählt, wie er Weihnachten feiert, und von Maren Kroymann. Die Schauspielerin und Sängerin erklärt, warum der Christopher Street Day immer noch nötig ist: „Wir müssen unsere Sexualität öffentlich machen können, sonst haben wir keine Akzeptanz erreicht.“
Glaubt's uns einfach
Kamen von Leserinnen oder Kollegen auch homofeindliche Fragen? Ja, sagt Nadine Lange: Die Frage danach, ob Lesben im Bett etwas vermissen, empfinde sie als homofeindlich. Beantwortet hat sie sie dennoch, mit dem Schlusssatz: „Wir vermissen keine Typen im Bett – deshalb sind wir ja Lesben. Glaubt’s uns einfach.“
Einfach? Einfach ist das Leben unter lauter unterschiedlichen Menschen mit individuellen Vorlieben und Ansprüchen sicher nicht. Aber vielleicht kann man sich doch auf eine simple Erdbeerformel einigen: Irgendwie sind wir alle queer.
Zeitung im Salon mit Anja Kühne, Nadine Lange, Björn Seeling und Tilmann Warnecke, mit Gastauftritt von Jack Woodhead, 11. Oktober, 19 Uhr, wir bitten um vorherige Anmeldung zum Salon (hier). Das Buch "Heteros fragen, Homos antworten" ist im Querverlag erschienen (ISBN: 978-3-89656-254-8) und kostet 12 Euro. Es ist auch im Tagesspiegel-Shop erhältlich.
Dieser Text erscheint auf dem Queerspiegel, dem queeren Blog des Tagesspiegels, den Sie hier finden. Folgen Sie dem Queerspiegel in den sozialen Netzwerken: