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Hochzeitstorten-Bäcker*innen haben sich schon längst auf gleichgeschlechtliche Paare eingestellt.
© Wolfgang Kumm/dpa

Viele Nachfragen bei Berliner Standesämtern: So geht es weiter mit der Ehe für alle

Berliner Standesämter bekommen von Lesben und Schwulen viele Nachfragen zur „Ehe für alle“. Doch ab wann kann man heiraten - und was kostet die Umschreibung der Lebenspartnerschaft? Ein Wegweiser.

Auf dem lesbisch-schwulen Stadtfest rund um die Motzstraße am vergangenen Wochenende war die „Ehe für alle“ bereits ein großer Renner. Das Standesamt Tempelhof-Schöneberg war mit einem eigenen Stand gekommen, schmuck verziert mit Brautschleier und Zylinder. Den Standesbeamten blieb kaum Zeit für eine Pause, so viele Paare kamen mit Fragen vorbei. „Die meisten würden am liebsten sofort einen Hochzeitstermin abmachen“, erzählte eine Standesbeamtin. Auch per Mail und telefonisch würden sich viele melden.

Ganz so schnell geht es allerdings nicht: Erst im Herbst werden gleichgeschlechtliche Paare heiraten und Lesben und Schwule, die bereits in einer eingetragenen Lebenpartnerschaft sind, diese in eine Ehe umwandeln können. Das Land Berlin rüstet sich schon jetzt für den erwarteten Andrang. Standesbeamte sollen aus dem Ruhestand zurückgeholt werden, um die ohnehin überlasteten Ämter zu unterstützen. Hier gibt es Antworten auf die wichtigsten Fragen zur „Ehe für alle“.

Ab wann können gleichgeschlechtliche Paare heiraten?
Ein genaues Datum steht noch nicht fest – ein Grund, warum die Standesämter noch keine Termine vergeben können. Frühestens am 1. Oktober könnte das Gesetz inkraft treten. Dafür müsste Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier es noch im Juli unterzeichnen. Wie berichtet liegt ihm das Gesetz seit Ende vergangener Woche vor, das Bundespräsidialamt will es schnell prüfen.
Sollte Steinmeier es im Juli nicht mehr schaffen, verzögert sich das Inkrafttreten. Der Hintergrund: Im Gesetz ist festgelegt, dass es „am ersten Tag des dritten Monats“ in Kraft tritt, „der auf die Verkündung des Gesetzes im Bundesgesetzblatt folgt“. Sprich: Wird es erst im August veröffentlicht, ist es am 1. November soweit.

Allerdings könnte es selbst nach dem Inkrafttreten einige Tage dauern, bis gleichgeschlechtliche Paare tatsächlich heiraten können. Die Standesämter müssen die Umsetzung des Gesetzes noch vorbereiten. So müssen in der Zwischenzeit die gängigen Dokumente geändert werden, die bislang bei der Ehe von Frau und Mann ausgehen. In Berlin sollen Lesben und Schwule nach Gültigkeit möglichst nicht warten müssen. „Wir stehen für ein offenes und tolerantes Berlin und werden mit den Bezirken alles daran setzen, allen zeitnah eine Eheschließung zu ermöglichen“, sagt Innenstaatssekretärin Sabine Smentek. Inwieweit sich das angesichts der Probleme der Berliner Standesämter halten lässt, wird sich zeigen.

Wie wandelt man eine Lebenspartnerschaft in eine Ehe um?
Das muss beim Standesamt beantragt werden. Beide Lebenspartner oder -partnerinnen müssen gleichzeitig beim Standesamt erscheinen und erklären, dass sie miteinander eine Ehe führen wollen. Die Eheleute erhalten eine Eheurkunde – zurückdatiert auf das Datum der Verpartnerung.
Die Zeremonie soll wie eine zweite Eheschließung vollzogen werden. So sieht es das Gesetz vor. Damit sollen Paare entschädigt werden, die bei ihrer Verpartnerung nicht aufs Standesamt durften. Einige unionsgeführte Bundesländer hatten nach der Einführung der Lebenspartnerschaft im Jahr 2001 gleichgeschlechtliche Paare zunächst aus den Standesämtern verbannt und die Verpartnerung an andere Behörden übertragen. Ein unwürdiges Vorgehen, manche Paare mussten sich auf KfZ-Zulassungsstellen das Ja-Wort geben.

Wie viel kostet das?
Das Gesetz lässt die Frage offen, wie viel es kostet, die Lebenspartnerschaft umzuwandeln. Es steht im Ermessen der Länder eine Gebühr festzulegen. Der Lesben- und Schwulenverband appelliert an sie, nichts zu nehmen: „Jetzt dafür zu zahlen, dass man früher diskriminiert wurde, wäre unserer Meinung gar nicht rechtens“, sagt Sprecher Markus Ulrich.

In Berlin soll die Umwandlung jedenfalls nicht gebührenpflichtig sein, heißt es aus der Innenbehörde. Wer sich verheiratet, ohne vorher verpartnert gewesen zu sein, zahlt dagegen die üblichen Sätze, die für Heterosexuelle gelten. In Berlin kostet die Anmeldung einer Hochzeit 40 Euro. Für Sonderwünsche – etwa eine Eheschließung am Sonnabend oder an speziellen Orten – zahlt man drauf.

Was ist mit gemeinsamen Kindern?
Mit der „Ehe für alle“ wird auch das Adoptionsrecht für gleichgeschlechtliche Paare eingeführt. Sie können dann gemeinsam ein Kind annehmen.
Eine andere, schon jetzt sehr gängige Familienkonstellation bleibt dagegen benachteiligt: Wenn ein Kind in eine lesbische Partnerschaft geboren wird. Die Ko-Mutter muss dann das Kind der leiblichen Mutter adoptieren, man spricht von der „Stiefkindadoption“. Das wird auch künftig der Fall sein – denn die entsprechenden Regeln finden sich im Abstimmungsrecht, das noch nicht geändert wird. „Viele Lesben sind deswegen sehr enttäuscht“, sagt LSVD-Sprecher Markus Ulrich.

Ein Arbeitskreis des Justizministeriums bereitet Änderungen beim Abstammungsrecht vor. Bei Verheirateten könnte als „zweites Elternteil“ künftig sowohl ein Mann als Vater als auch eine Frau als Mit-Mutter in Betracht kommen. Bis das wirksam ist, dürfte es aber noch eine Weile dauern.

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