Das SO36 kämpft ums Überleben: „Schon ohne Sperrstunde machen wir nicht groß Gewinn“
Der legendäre Club SO36 wird zur Trinkhalle - und kämpft wegen Sperrstunde und ausbleibender Fördergelder um die Existenz. Ein Interview.
Die Bar- und Clubszene in Berlin bangt weiter ums Überleben. Zuschüsse vom Staat haben die wenigsten erhalten. Und nun gibt es in Berlin auch noch eine Sperrstunde ab 23 Uhr. Pasqual Schwarz ist Mitbetreiber des SO36 in Kreuzberg. Im Interview erklärt er, wieso eine Sperrstunde ein Problem ist und wie sich das SO36 versucht über Wasser zu halten.
Sie haben den Club in eine Trinkhalle umgewandelt. Wieso?
Die Trinkhalle soll ein Versuch sein, unter aktuellen Corona-Bedingungen trotzdem einen Ort zu bieten, an dem sich unsere Gäste treffen können und dabei kleinstmöglicher Ansteckungsgefahr ausgesetzt sind. Wir haben viel Raum, Fläche und eine Lüftung, die für mehrere hundert Leute ausgelegt ist. Besser geht’s ja nicht.”
Wieso ist es wichtig, trotz der Pandemie ein Angebot zu schaffen?
Die soziale Isolation trifft uns als Subkultur und Underground-Szene besonders. Einsamkeit macht krank und gerade die, die sowieso schon nicht so viele Orte haben, um sich zu treffen, brauchen einigermaßen sichere Räume, wo sie genau das tun können und dabei ganz sie selbst sein dürfen. Es sieht dann vielleicht eher wie im Festzelt aus, mit den Bänken, aber wir bleiben natürlich das SO36. Es wird DJs geben und je nach Verordnungslage vielleicht auch mal dezente Live-Musik, Kleinkunst oder ähnliches.
[Diese Geschichte erschien zuerst im Queerspiegel-Newsletter des Tagesspiegel, kostenlos dafür anmelden hier. Die SO36-Trinkhalle öffnet diesen Samstag (17.10.) um 18 Uhr, kommenden Freitag und Samstag (23./24.10.) jeweils um 20 Uhr.]
Nun hat der Senat eine Sperrstunde eingerichtet. Lohnt es sich da überhaupt, den Laden aufzumachen?
Schon ohne Sperrstunde machen wir ja nicht groß Gewinn. Es würde die Kosten decken, Löhne der Arbeitenden, eventuell ein bisschen Gage für den DJ, aber ob darüber hinaus was für unsere immensen Fixkosten bei rauskommt, ist eher fraglich. Immerhin haben dann ein paar Leute mal wieder eine Schicht, die Gäste einen guten Abend und wir kommen nicht komplett aus der Übung.
Wie würde ein vernünftiger Umgang seitens des Senats mit der Gastrobranche aussehen?
Vor allem wäre es ganz toll, wenn wir endlich mal die groß angekündigte Förderkohle bekämen. Bisher ist bei uns immer noch nichts angekommen. Wir haben alles beantragt, was ging. Überall ist der Status auf ‘in Bearbeitung’. Wenn das Geld dann irgendwann 2021 bewilligt wird, wird es uns leider nicht mehr geben!
Welches Problem sehen Sie?
Es leuchtet überhaupt nicht ein, dass gerade die Läden unter der Sperrstunde leiden, die ein gutes Hygienekonzept und die technischen Möglichkeiten haben, Begegnungen und Kulturerleben zu ermöglichen. Statt da unter sicheren Bedingungen ein bisschen feiern zu können, werden die Leute ab der Sperrstunde dazu genötigt, sich in kleinen, schlecht belüfteten Privaträumen zu treffen, was so viel gefährlicher ist, was Covid-19-Ansteckungen angeht.
Die Sperrstunde birgt also auch Gefahren?
Was Sperrstunden generell bewirken, kann man sich in England anschauen, wo die Leute Druckbetankung praktizieren, um 23 Uhr hackedicht sind und sich dann ganz bestimmt nicht total vernünftig an irgendwelche Hygieneregeln halten.