Gedenken nach Attentat in Orlando: Keine Regenbogenfarben am Brandenburger Tor - peinlich, peinlich
Ausgerechnet Berlin! Unser Autor Tilmann Warnecke ist fassungslos, dass das Tor nicht zum Gedenken leuchtet. Ein Kommentar.
Rund um die Welt haben Menschen der Opfer des Anschlags von Orlando gedacht. Viele Städte haben mit großen Gesten ihre Solidarität mit Lesben, Schwulen und Transgender ausgedrückt, denen der Anschlag galt. Paris ließ den Eiffelturm in Regenbogenfarben anleuchten, Sydney seine Harbour Bridge, New York das One World Trade Center, Tel Aviv die Stadtverwaltung. Alles am Sonntag- oder Montagabend, also unmittelbar nach dem Anschlag.
Eine Stadt ist jedoch bislang grau geblieben: ausgerechnet Berlin, das sonst so stolz auf seine Vielfalt ist und weltweit damit wirbt, ein Sehnsuchtsort für Lesben und Schwule zu sein. Und jetzt? Naheliegend wäre es gewesen, das Brandenburger Tor in Regenbogenfarben zu tauchen. Nach den Anschlägen von Paris und Brüssel wurden schließlich auch die Tricolore beziehungsweise die belgischen Landesfarben an das Tor projiziert. Doch jetzt blieb es farblos.
Im Roten Rathaus: Schweigen
Die Ausrede, dass es in Berlin mal wieder nicht mit der Technik klappt, sticht schon mal nicht – siehe Tricolore. Und so drängt sich der Eindruck auf, dass die Berliner und auch die Bundespolitik die schwulen und lesbischen Opfer von Orlando nur mit spitzen Fingern anfasst. Die Bundeskanzlerin erwähnte in ihrem Statement nach dem Anschlag gar nicht, dass es sich um ein Hassverbrechen gegen Homosexuelle handelte.
Der Regierende Bürgermeister schwieg bis zum Mittwoch ganz. Ob er vergessen hat, dass sein Vorgänger der erste offen schwule Spitzenpolitiker des Landes war?
Demo am Samstag - leuchtet dann das Tor?
Gut, dass es die Zivilgesellschaft gibt. Der Lesben- und Schwulenverband hatte am Montagmittag eine erste Mahnwache vor der US-Botschaft am Pariser Platz organisiert. Eine zweite soll dort am Samstagabend ab 21 Uhr stattfinden. Die Organisatorinnen, zwei bekannte Drag Queens, haben bereits bei Michael Müller angefragt, ob das Tor dann endlich beleuchtet wird. Selbst wenn es endlich so weit sein sollte: Peinlich, dass es so lange dauert.
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Tilmann Warnecke