CDU-Abstimmung in Berlin: Ehe für alle: Mitte dafür, Neukölln dagegen
Mitte und Pankow waren dafür, Friedrichshain-Kreuzberg und Neukölln dagegen: Eine interne Analyse zeigt, wie die einzelnen CDU-Kreiverbände über die Ehe für alle abgestimmt haben.
Lichtenberg ist die basisdemokratische Hochburg der CDU. Nahezu jedes zweite CDU-Mitglied hat im Kreisverband an der Mitgliederbefragung über die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare teilgenommen. Trotz der 49-Prozent-Quote konnten die Lichtenberger das Ergebnis nicht wesentlich beeinflussen: Der kleinste Berliner CDU-Kreisverband hat nur 270 CDU-Mitglieder – von berlinweit 12.500 Mitgliedern der Christdemokraten.
Nach einer internen Analyse, die dem Tagesspiegel vorliegt, lehnten die CDU-Mitglieder in Friedrichshain-Kreuzberg, Neukölln, Reinickendorf, Spandau und Treptow-Köpenick die Ehe für alle mehrheitlich ab. Berlinweit sprachen sich, wie berichtet, 52 Prozent gegen und 42 Prozent für die Homo-Ehe aus. Die Mitglieder in Mitte, Pankow und Wuhletal, also Marzahn-Hellersdorf, stimmten der Ehe für alle mehrheitlich zu. In den CDU-Kreisen Charlottenburg-Wilmersdorf, Lichtenberg, Tempelhof-Schöneberg und im größten Berliner CDU-Kreisverband Steglitz-Zehlendorf hielten sich Befürworter und Gegner die Waage.
43 Prozent der Abstimmenden war über 60
Den Ausschlag für das Ergebnis gab das Votum der älteren Mitglieder: 56 Prozent der über 60-Jährigen sprachen sich entschieden gegen die Ehe für alle aus, acht Prozent waren „eher dagegen“. Laut Analyse waren 43 Prozent der Teilnehmer 60 Jahre und älter. Entscheidend für das Ergebnis sind vor allem die über 60-jährigen Männer: Während die Gruppe der über 60-jährigen Männer rund 13,8 Prozent der Berliner Bevölkerung ausmacht, liegt ihr Anteil in der Mitgliedschaft der CDU Berlin bei rund 22 Prozent. Und mehr als ein Viertel aller Teilnehmer der Befragung waren männlich und über 60.
Das Muster zeigt sich beim Abstimmungsverhalten der Kreisverbände: Kreisverbände mit mehrheitlich älteren Mitgliedern lehnen die Homo-Ehe ab, während Kreisverbände mit mehrheitlich jüngeren Mitgliedern die Ehe für alle befürworten.
Für CDU ist das Thema vorerst abgehakt
Die CDU-Spitze wird sich dem Vernehmen nach am Ergebnis der Befragung orientieren und „das Thema bis Ende der Legislaturperiode nicht mehr aufrufen“, hieß es. Berlin hatte sich am 12. Juni bei einem Entschließungsantrag für die Öffnung der Ehe enthalten. Dieser Antrag wurde an die Bundesregierung verwiesen. Wie berichtet, hätte sich die SPD diesem Antrag gern angeschlossen. Die CDU lehnte ihn ab. Und laut Koalitionsvertrag und Bundesverfassungsgerichtsurteil muss sich ein Land bei zwei divergierenden Positionen im Bundesrat enthalten.
Das gilt auch für das weitere Abstimmungsverhalten von Berlin im Bundesrat. Ein zweiter Mehr-Länder-Antrag über die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare wurde im Juni wiederum an die Ausschüsse im Bundesrat gegeben. Dieser Antrag, der nach Verabschiedung an den Bundestag verwiesen werden soll, wird federführend im Rechtsausschuss und in den Ausschüssen Frauen und Jugend, Inneres und Familie und Senioren beraten. Im letzteren Ausschuss wurde er nach Tagesspiegel-Informationen bis auf Widerruf vertagt. Regulär wird er wohl nicht auf der Tagesordnung der nächsten Bundesratssitzung am 25. September stehen.
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