"Konversionstherapien": Bundesregierung will "Homo-Heiler" nicht verbieten
"Therapien" zur vermeintlichen "Heilung" und "Umpolung" von Lesben und Schwulen will die Bundesregierung nicht verbieten. Die Grünen kritisieren das: Es handele sich um gefährliche "Scharlatane".
Die Bundesregierung will "Therapien" von "Homo-Heilern" nicht verbieten - selbst dann nicht, wenn sie gezielt um Jugendliche werben. Das geht aus einer Antwort der Bundesgesundheitsministeriums auf eine kleine Anfrage der Grünen zu so genannten Konversionstherapien hervor, die vorgeben, die sexuelle Orientierung von Menschen ändern zu können.
Zwar vertrete die Bundesregierung "im Einklang mit dem Weltärztebund und der Bundesärztekammer" die Auffassung, dass Homosexualität keine Krankheit ist und daher keiner Behandlung bedarf, heißt es in der Antwort. Die Gestaltung der entsprechenden Berufsordnungen seien aber weitgehend den Ärztekammern überlassen.
Für die Grünen geht es um Jugendschutz
Für den Grünen-Abgeordneten Volker Beck drückt sich das von Hermann Gröhe (CDU) geführte Gesundheitsministerium "vor seiner Verantwortung". Diese könne man nicht einfach auf die Standesorganisationen der Ärzte und Psychotherapeuten abschieben. Beck fordert, zumindest das Anpreisen solcher Therapien für Jugendliche zu verbieten: "Es geht hier um Jugendschutz und Suizidprophylaxe und nicht um Petitessen." Die "Homo-Heiler" seien "Scharlatane und machen krank, statt zu heilen".
Die Weltgesundheitsorganisation hat Homosexualität 1990 aus ihrem Diagnosekatalog gestrichen, bekräftigt hat das der Weltärzteverband zuletzt 2013. "Therapien", die angeblich die sexuelle Orientierung ändern könne, hat der Weltärzteverband damals als "Verletzung der Menschenrechte" bezeichnet. Es sei unethisch für Ärzte, an diesen Prozeduren teilzunehmen. Malta hat als erstes europäisches Land diese "Therapien" verboten, einzelne US-Bundesstaaten untersagen sie für Minderjährige.
Evangelikale Vereine bieten diese "Therapien" an
Laut Beck gibt es dennoch auch in Deutschland immer noch Einrichtungen, die solche Kurse anbieten. Schlagzeilen machte zum Beispiel im Jahr 2014 der christliche "Verein Gesellschaft für Lebensorientierung", der Homosexualität mit einer psychischen Störung gleichsetzt und angebliche Behandlungen anbietet. Genannt werden in der kleinen Anfrage auch die Vereine "Wuestenstrom" und die "Offensive Junger Christen". Als die vor mehreren Jahren auf einem Psychotherapie-Kongress der Uni Marburg auftreten sollten, protestierte der LSVD gegen den Auftritt von "Homo-Umpolern". Offiziell streiten die Gruppen ab, Schwule und Lesben in ihren Seminaren umpolen zu wollen. Eine Sprecherin des „Deutschen Instituts für Jugend und Gesellschaft“ sagte damals aber gegenüber der „Frankfurter Rundschau“, dass sie sehr wohl „Menschen helfen wollen, die sich eine Verringerung ihrer homoerotischen Gefühle wünschen“.
Die Bundesregierung indes weiß nichts von Aktivitäten dieser Gruppen. wie es in der Antwort heißt. Beck vermutet "parteipolitische Rücksichtnahme" hinter dem vermeintlichen Nichtwissen. Die Gruppierungen seien "überwiegend im evangelikalen Spektrum zu Hause". Da die Union diese Evangelikalen fest an sich binden wolle, scheue man "auch vor der Auseinandersetzung mit den obskursten und absurdesten Positionen in diesem Spektrum zurück", kritisiert Beck - auch wenn nicht alle Evangelikalen solche Positionen generell vertreten würden. Beck verweist zudem darauf, dass auch in islamistischen Kreisen diese Therapieversprechungen zunehmend rezipiert werden.
Der Bund verweist auf Akzeptanzprojekte
Insgesamt verweist das Bundesgesundheitsministerium in seiner Antwort darauf, dass Bund und Länder zahlreiche Akzeptanz- und Aufklärungsprojekte zu gleichgeschlechtlichen Lebensweisen und zur Geschlechtsidentität fördern. Diese würden dazu beitragen, dass sich LGBTIs in ihrer sexuellen Orientierung und Geschlechtsidentität "angenommen und akzeptiert fühlen und damit keine Veranlassung sehen, Angebote sogenannter Homo-Heilung und Konversions-Psychotherapien in Anspruch zu nehmen".
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