Kritik der Grünen: Beim Aktionsplan gegen Homophobie lässt sich der Bund Zeit
Die Bundesregierung will einen Nationalen Aktionsplan gegen Homo- und Transphobie auflegen. Doch der lässt auf sich warten. Die Grünen kritisieren das als "Offenbarungseid".
„Wir verurteilen Homophobie und Transphobie und werden entschieden dagegen vorgehen“ – so steht es im Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD auf Seite 74. Um dieses Ziel voranzutreiben, wollten die Koalitionäre eigentlich auch den Nationalen Aktionsplan gegen Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus um die Bekämpfung von Homo- und Transphobie erweitern, wie der Koalitionsvertrag weiter ausführt. Doch geschehen ist bisher nichts – obwohl die jetzige Bundesregierung schon fast zweieinhalb Jahre im Amt ist.
Diesen Schluss lässt jedenfalls eine Antwort des Bundesinnenministeriums auf eine kleine Anfrage der Grünen zu. Diese wollten wissen, wie die Bundesregierung mit der Erweiterung des Aktionsplans schon vorangeschritten ist. Eine Kabinettsvorlage sei erst für Anfang 2017 geplant, heißt es in der Antwort. Zwar sei bereits eine interministerielle Arbeitsgruppe eingerichtet, an der neben dem Innen- das Familienministerium beteiligt ist. Die Gruppe kümmert sich aber allgemein um eine „Gesamtstrategie zur Demokratieförderung und Extremismusprävention“ – inwieweit dabei konkrete Projekte gegen Homophobie initiiert werden, lässt das Innenministerium offen.
Konkrete neue Maßnahmen kann die Bundesregierung nicht nennen
Auf die Frage, welche Maßnahmen in Bezug auf Homo- und Transphobie beim Nationalen Aktionsplan geplant sind, kann das Innenministerium jedenfalls nichts nennen – „konkret entschieden“ werde das „im Zuge der Erstellung“ des Aktionsplans, heißt es ziemlich schwammig in der Antwort, die dem Queerspiegel, dem LGBTI-Blog des Tagesspiegels, vorliegt. Weiter heißt es: Für 2016 werde es keine zusätzlichen Haushaltsmittel im Kampf gegen Homophobie geben.
Toni Hofreiter, Fraktionsvorsitzender der Grünen im Bundestag, hält die Antwort für „einen Offenbarungseid“: „Der zeigt, wie viel Wert Schwarz-Rot auf die Bekämpfung von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit legt.“ Angesichts „der immer lautstärkeren homo- und transphoben Hetze der sogenannten 'besorgten Bürger' und der AfD“ brauche Deutschland „umgehend eine wirksame Strategie gegen Respektlosigkeit, Abwertung und Diskriminierung von Lesben, Schwulen, Bisexuellen sowie trans*- und intersexuellen Menschen“.
Unklar bleibt, inwieweit Vertreter aus der LGBTI-Community einbezogen werden
Unklar bleibt auch, inwieweit Vertreterinnen von Lesben-, Schwulen- und Transverbänden in die Erarbeitung des Nationalen Aktionsplans einbezogen werden sollen. Immerhin: Der LSVD und der Bundesverband Trans* haben erstmals an einer Sitzung des Forums gegen Rassismus Anfang März teilgenommen, wo „erste Ansätze der Bundesregierung zur Neuauflage des Aktionsplans“ vorgestellt worden seien. Der LSVD und der Bundesverband Trans* würden weiter in die Arbeiten des Forums gegen Rassismus „einbezogen“.
Ganz untätig will die Bundesregierung in ihrer Antwort gleichwohl nicht erscheinen. Sie verweist auf „zahlreiche laufende Maßnahmen zur Sensibilisierung und Akzeptanzförderung gegenüber Schwulen, Lesben, bi- und transsexuellen bzw. – geschlechtlichen Menschen“. So habe das Familienministerium 2014 ein Referat „Gleichgeschlechtliche Lebensweisen, Geschlechtsidentität“ eingerichtet, dass seitdem das Thema innerhalb der Bundesregierung koordiniere. Das Familienministerium fördere zahlreiche Modellprojekte.
Auch habe am 8. März ein Vernetzungstreffen zwischen Bund und Ländern zum Austausch über Programme für queere Flüchtlinge stattgefunden. Initiativen aus der LGBTI-Community waren da längst schneller: In Berlin etwa hat bereits ein Flüchtlingsheim für queere Flüchtlinge eröffnet – unter Federführung der Schwulenberatung.
Dieser Text erscheint auf dem Queerspiegel, dem queeren Blog des Tagesspiegels. Themenanregungen und Kritik gern im Kommentarbereich etwas weiter unten auf dieser Seite oder per Email an:queer@tagesspiegel.de.
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