Insel Cape Breton: Wenn Donald Trump gewinnt, geht's nach Kanada
Eine Insel im Nordosten Kanadas wirbt um Amerikaner, die nicht von Donald Trump regiert werden wollen, falls dieser Präsident wird.
Cape Breton, die Insel an der Nordspitze der kanadischen Provinz Nova Scotia, ist von atemberaubender landschaftlicher Schönheit. Aber sie leidet unter der Abwanderung von Bewohnern, die es in größere Städte zieht. Rob Calabrese will dem nicht untätig zusehen. Er glaubt, dass viele US-Amerikaner bei einem Wahlsieg Donald Trumps den Wunsch hegen werden, ihr Land zu verlassen. Auf einer Website preist er Cape Breton als Zufluchtsort und künftige Heimat an.
„Damit habe ich nie gerechnet. Es ist umwerfend“, schildert Calabrese, Discjockey beim Rundfunksender The Giant 101.9 in der Cape-Breton-Stadt Sydney, im Gespräch mit dem Tagesspiegel die Reaktion auf seinen Aufruf. Am Montag, dem 15. Februar, bezeichnenderweise in den USA der Feiertag des Präsidenten – „President’s Day“ – startete er die Website „Cape Breton If Trump Wins“. Eine Woche später verzeichnet seine Website bereits 650.000 Besucher, die Zahl der Klicks liegt noch höher. Er selbst und „Destination Cape Breton“, die Agentur, die für Cape Breton wirbt, hätten inzwischen mehr als 2000 Anfragen von Interessierten bekommen.
„Die Leute stellen Fragen zum Einwanderungssystem, zur wirtschaftlichen Lage, sie wollen wissen, ob sie ihr Pferd mitbringen können und wie es mit Waffen ist“, berichtet der 39-Jährige. Auch bei früheren Wahlen hätten US-Amerikaner für den Fall, dass ihr Kandidat bei der Präsidentenwahl unterliegt, mit dem Gedanken gespielt, nach Kanada auszuwandern. „Diesmal scheint es besonders stark zu sein“, meint er. „Die Leute sind besorgt, dass Trump gewinnt.“ Offenbar ist das liberale Kanada für gleichgesinnte US-Amerikaner verlockend. Während Trump Muslime attackiert und vom Bau einer Mauer an der Grenze zu Mexiko spricht, meldet Kanada die Aufnahme von 25.000 syrischen Flüchtlingen.
"Noch nie davon gehört. Aber es sieht toll aus."
Mit Bildern, die die Landschaft und den berühmten Cabot Trail – eine spektakuläre Straße rund um die Insel – zeigen, bringt er den US-Amerikanern Cape Breton nahe. „Manche Anrufer haben mir gesagt: Ich habe noch nie etwas von Cape Breton gehört, aber es sieht toll aus“, schildert er seine Erfahrungen. Obwohl es Kanada sei, sei Cape Breton nicht das ganze Jahr gefroren, zerstreut er Bedenken der US-Amerikaner, unter denen es offensichtlich etliche gibt, die glauben, in Kanada lebten die Menschen in Iglus. „Winter hier sind so wie im Nordosten der USA“, informiert er.
Die Botschaft, die er vermittelt: „Wir sind eine Insel, so groß wie die große Hawaii-Insel, an der Ostküste Kanadas. In Reisemagazinen rangieren wir immer ganz oben. Aber wir haben ein Bevölkerungsproblem. Wir brauchen Leute. Wir brauchen dich.“ Tausend Menschen verliere Cape Breton pro Jahr, und dieser Bevölkerungsverlust, der durch Abwanderung und geringe Geburtenrate zustande kommt, müsse gestoppt werden, sagt Calabrese. Und um ein schönes Haus an einem Seeufer zu erben, dafür müsse man wahrscheinlich in den USA ein Vermögen wie Donald Trump haben, aber Cape Breton habe den günstigsten Immobilienmarkt Nordamerikas. Er wirbt mit dem staatlichen Gesundheitswesen und damit, dass Mütter nach der Geburt ihres Kindes Erziehungsurlaub bekämen.
Seine Kontaktadresse hat Rob Calabrese mittlerweile auf der Website gelöscht, so überwältigend war die Reaktion. Nun werden Interessenten auf die Seite von „Destination Cape Breton“ weitergeleitet. Wenn seine Kampagne auch nur einen einzigen Zuwanderer brächte, wäre er bereits froh, sagt Calabrese, der sich selbst als „stolzen Cape Bretoner“ bezeichnet.
Zwischen Idee und Tat ist ein weiter Weg
Er weiß, dass zwischen Anfragen und der Umsetzung eines solch weitreichenden Beschlusses wie einer Auswanderung Welten liegen. Am Tag nach der Wiederwahl von George W. Bush am 2. November 2004 war die Website des kanadischen Ministeriums für Einwanderung 179.000-mal angeklickt worden. Doppelt so häufig wie bei einem früheren Rekord aus demselben Jahr vor der Wahl. 64 Prozent der Besucher waren US-Bürger, die sich vor allem nach den Möglichkeiten erkundigten, als Facharbeiter nach Kanada einzuwandern.
Ein halbes Jahr später aber war klar, dass die Emigration aus den USA nach Kanada nach der Wahl nicht zugenommen hatte. „Die Horden von Amerikanern“ und die Einwanderungswelle linksgerichteter US-Wähler seien ausgeblieben, meldete der kanadische Rundfunk CBC. Anders als rund 40 Jahre zuvor: Während des Vietnamkriegs waren junge US-Amerikaner nach Kanada gekommen, die nicht in den Krieg ziehen wollten. Premierminister Pierre Trudeau, Vater des heutigen Regierungschefs, hatte zum Ärger der USA die Grenzen für sie geöffnet. Die Zahlenangaben schwanken zwischen 70.000 und 120.000 jungen US-Bürgern, die nach Kanada kamen und sich damit der Einberufung entzogen.