Verdacht des Mordes und der Wilderei: Was hinter dem möglichen Motiv von Andreas S. steckt
Einer der mutmaßlichen Polizistenmörder von Kusel soll gewerbsmäßig gewildert haben. Hat er getötet, um eine drohende Gefängnisstrafe zu umgehen?
Bei einem der Tatverdächtigen im Fall der beiden ermordeten Polizisten im rheinland-pfälzischen Kusel sind 20 ausgeweidete Wildtier-Kadaver und Tierabfälle entdeckt worden. teilte die Staatsanwaltschaft Kaiserslautern mit. In einem Kühlanhänger vor dem durchsuchten Objekt hätten die Ermittler verkaufsfertiges Fleisch im Wert von mehreren tausend Euro gefunden.
Im Fahrzeug, mit dem die beiden Verdächtigen am Montagmorgen unterwegs gewesen waren, hätten sich zusätzliche 22 Damwildkadaver befunden. Die Staatsanwaltschaft ermittelt neben des Vorwurfs des gemeinschaftlichen Mordes auch wegen gewerbsmäßiger Jagdwilderei.
Der Hauptverdächtige Andreas S. soll über Jahre einen Großhandel mit mutmaßlich illegal erlegtem Wild betrieben haben, berichtet der „Spiegel“. Demnach hätte S. seit September rund 40.000 Euro mit seinem Wilderei-Geschäft eingenommen. Neben den großen Mengen Fleisch fanden die Ermittler auch mögliche Kundendaten, heißt es in dem Bericht.
Dem Deutschen Jagdverband (DJV) zufolge besitzt S. keinen gültigen Jagdschein und somit auch keine Berechtigung, Jagdwaffen zu besitzen. Der 38-Jährige habe 2020 einen Antrag auf Ausstellung eines Jagdscheins gestellt, welchen die zuständige Behörde im Saarland abgelehnt habe, so der DJV. Hintergrund könnte der Umstand sein, dass es gegen S. bereits Ermittlungen wegen Wilderei gegeben haben soll.
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Wilderei ist in Deutschland eine Straftat, die in besonders schweren Fällen mit einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren geahndet werden kann. Sollte Andreas S. tatsächlich gewerbsmäßig gewildert haben, wäre dies ein besonders schwerer Fall. Der Strafbestand der Wilderei wäre im Fall von Andreas S. nicht erfüllt, wenn er doch einen Jagdschein besäße und ihm das Waldstück, in dem er das Wild erlegte, gehört.
In Paragraph 292 des Strafgesetzbuches steht dazu: „In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn die Tat, 1. gewerbs- und gewohnheitsmäßig, 2. zur Nachtzeit, in der Schonzeit (...), 3. von mehreren mit Schusswaffen ausgerüsteten Beteiligten gemeinschaftlich, begangen wird.“
In den vergangenen Jahren gab es jeweils mehr als 1000 Fälle von Jagdwilderei in Deutschland, die Tendenz ist steigend. Der Strafbestand der Wilderei ist schon dann gegeben, wenn Autofahrer ein angefahrenes Tier in den Kofferraum legen.
Das Bundeskriminalamt registrierte in der Polizeilichen Kriminalstatistik für ganz Deutschland im Jahr 2020 insgesamt 1080 solcher Fälle im Jahr 2020. Den Höchststand in der seit 1987 geführten Statistik gab es im Jahr 1996 mit 1502 Fällen. „Es gibt sicher eine Dunkelziffer“, sagt Torsten Reinwald vom Deutschen Jagdverband. Nur rund ein Drittel der bekannten Fälle wird aufgeklärt.
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Gewerbsmäßige Wilderei, wie sie vermutlich im Fall der ermordeten Polizisten vertuscht werden sollte, sei ihm aber noch nie unter gekommen, so Reinwald. Die Brutalität und Kaltblütigkeit der mutmaßlichen Jagdwilderer und Mörder mache ihn fassungslos. „So eine Dimension hat es zumindest in den letzten 30 Jahren in Deutschland nicht gegeben.“
Es sei schwer, in Deutschland gewerbsmäßige Jagdwilderei zu betreiben, sagt Reinwald. Polizei und Jäger arbeiteten schon wegen der Wildunfälle eng zusammen. Zu diesen Unfällen komme es mit großen Tieren statistisch alle zweieinhalb Minuten irgendwo in Deutschland. Die meisten Jäger stünden zudem im Austausch mit den Nachbarrevieren und Anwohnern – etwa, wenn es um nachts abgestellte Autos oder Schüsse gehe.
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Die Polizisten griffen Andreas S. und den zweiten Verdächtigen, Florian V., nachts auf, gegen 4.20 Uhr setzten sie den letzten Funkspruch ab, als die Tatverdächtigen mutmaßlich bereits Schüsse auf sie abfeuerten. Ein besonders schwerer Fall von Wilderei ist allein schon deshalb wahrscheinlich, weil Andreas S. nachts unterwegs war. Sollte Florian V. ebenfalls Wild erlegt haben, würde die Tat noch schwerer wiegen.
Florian V. hatte zwar bereits kurz nach der Tat zugegeben, bei der Wilderei und dem Schusswechsel dabei gewesen zu sein. Der 32-Jährige beteuert aber, weder auf das Wild noch auf die Polizisten geschossen zu haben. Die Ermittler gehen hingegen davon aus, dass beide Tatverdächtigen auf die Polizisten, die durch Kopfschüsse starben, geschossen haben.
V. sagt, er habe S. lediglich gegen Honorar dabei geholfen, die erlegten Wildtiere zum Fahrzeug zu schleppen. Die Ergebnisse einer Analyse, die feststellen soll, ob es Schmauchspuren an der Kleidung oder Haut von V. gibt, stehen noch aus. (mit dpa)
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