Niedersachsen: Warum der Moorbrand bei Meppen so schwer zu löschen ist
Der Schwelbrand auf einem Übungsgelände der Bundeswehr in Niedersachsen hat sich weiter ausgebreitet. Jetzt schalten sich Politik und Justiz ein.
Auch gut zwei Wochen nach dem Ausbruch eines Moorbrandes auf einem Waffentestgelände der Bundeswehr in Niedersachsen rechnen die Behörden mit einem langen Kampf gegen das Feuer. Zwar sei es am Mittwoch gelungen, die Lage zu stabilisieren, der Brand schwele aber weiter, teilte die Bundeswehr mit. In der Nacht zum Mittwoch war der Rauch mehr als einhundert Kilometer weit Richtung Bremen geweht worden.
Der Schwelbrand, der durch eine Raketenerprobung am 3. September auf der Wehrtechnischen Dienststelle für Waffen und Munition in Meppen ausgelöst worden war, hat sich auf einer Fläche größer als 1000 Fußballfelder ausgedehnt. Auch weil ein Löschfahrzeug der Bundeswehr, das den sumpfigen Boden befahren kann, beim Ausbruch defekt war.
Die Feuerwehr verhinderte immerhin ein Übergreifen auf einen angrenzenden Wald. Erschwert wird der Löscheinsatz der rund 850 Einsatzkräfte durch vermutete Munitionsreste in dem seit 1876 als Übungsgelände genutzten Moor. Aus Sicherheitsgründen können die Feuerwehrkräfte das Gelände nicht überall betreten.
Ein trockenes Moor ist ein riesiges Brennstofflager
Feuerwehren aus der gesamten Region versuchen vor allem durch den Einsatz riesiger Wassermengen, den Flächenbrand zu bekämpfen. Sie wässern die vorhandenen Gräben so stark, dass sich das Erdreich mit Wasser vollsaugt. Nach Einschätzung des Brand- und Katastrophenschutzexperten des niedersächsischen Innenministeriums, Klaus Wickboldt, dauert es trotzdem noch ein bis zwei Wochen, bis alle Glutnester erstickt sind. Diese sitzen tief im Boden, sodass sie für die Einsatzkräfte schwer zu finden und zu bekämpfen sind.
Der Grund, warum der Brand so lange schwelt, liegt in der Masse an organischem Material, also brennbarer Substanz, die in Mooren gespeichert ist. Die Verwesungs- und Umwandlungsprozesse von Pflanzen- und tierischen Resten, brauchen Sauerstoff, der in feuchten, morastigen Böden fehlt. Dadurch sammelt sich über Jahrhunderte organisches Material an, zum Beispiel in Form von Torf, der in getrockneter Form ein weitverbreiteter Brennstoff ist.
Trocknet ein Moor aufgrund des voranschreitenden Klimawandels aus, verwandelt es sich in ein riesiges Brennstofflager. So verbrannten im Juni dieses Jahres etwa 800 Quadratkilometer des Saddleworth-Moores bei Manchester. Mit immer heißeren Sommern steigt die Gefahr solcher Vorfälle.
Die Landespolitik ist irritiert
Entzündet sich das organische Material, gelangen die darin gebundenen Millionen Tonnen Kohlendioxid in die Atmosphäre – und verstärken die Klimaerwärmung. Wie viel klimaschädliches Kohlendioxid durch den Brand des Meppener Moores freigesetzt wird, ist offen. Der Naturschutzbund Nabu rechnet bei Schwelbränden auf einer Fläche von fünf Quadratkilometern mit 500.000 bis 900.000 Tonnen Kohlendioxid – etwa so viel wie 50 000 Bundesbürger im Schnitt pro Jahr zusammen freisetzen. Selbst aus dem All war der Moorbrand zu sehen, teilte der Deutsche Wetterdienst auf Twitter mit. Auf einem Satellitenbild vom Dienstagnachmittag war die Richtung Nordosten ziehende Rauchsäule gut zu erkennen.
Die Polizei im Emsland erklärte, aktuell bestehe keine Gefahr für die Bevölkerung. Auch sei derzeit keine Evakuierung geplant. Obwohl der Rauch für die Bevölkerung eine Belastung darstelle, würden Grenzwerte nicht überschritten. Allerdings bereite sich die Polizei auf eine mögliche Zuspitzung vor.
Die Landespolitik reagierte zunehmend irritiert auf den Brand. Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) sagte: „Wenn ich ehrlich sein soll: Ich wäre gar nicht auf die Idee gekommen, nach diesem trockenen Sommer ausgerechnet im Moor Schießübungen zu veranstalten.“
Die Staatsanwaltschaft ermittelt
Der niedersächsische Innenminister Boris Pistorius (SPD) kritisierte die Kommunikation der Bundeswehr. Die Landesbehörden seien nicht offiziell über den Ausbruch des Moorbrandes informiert worden, lediglich das Kompetenzzentrum Großschadenslagen des Innenministeriums habe durch die Anforderung von Feuerwehrmaterial davon erfahren. „Die Informationspolitik der Bundeswehr ist nicht nachvollziehbar“, sagte Pistorius.
Der Fall beschäftigt mittlerweile auch die Justiz. Die Staatsanwaltschaft Osnabrück leitete ein Ermittlungsverfahren ein. „Da kommen Branddelikte in Betracht, insbesondere die Brandstiftung und möglicherweise auch Umweltdelikte, wenn besonders geschützte Gebiete wie Naturschutzgebiete betroffen sind“, sagte Behördensprecher Alexander Retemeyer. (skb/afp/dpa)