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Bereits vor der Ankunft von "Irma" knickten in Puerto Rico die ersten Bäume um. Rund 300.000 Menschen waren ohne Strom.
© Reuters/Alvin Baez
Update

Karibikinseln: Völlige Verwüstung durch Hurrikan "Irma"

„Irma“ bringt der Karibik Chaos. Am Wochenende soll der Hurrikan auf das US-Festland treffen. Zwei weitere Stürme brauen sich bereits zusammen.

Er ist einer der schlimmsten Hurrikane, die je auf dem Atlantik registriert wurden. Mit zerstörerischen Sturmstärken fräst sich „Irma“ auf einer 200 Kilometer breiten Front in Richtung Westen und zerstört alles, was ihm im Weg steht. Auf Barbuda wurden 95 Prozent aller Gebäude vernichtet. Die Insel sei ein einziger „Trümmerhaufen“, sagte Gaston Browne, Regierungschef von Antigua und Barbuda. Die Hälfte aller 1800 Bewohner sei obdachlos. Auch andere Karibikinseln wie Saint- Martin, Anguilla und Barbados wurden schwer getroffen, mindestens elf Menschen starben. In Puerto Rico fiel die Strom- und Wasserversorgung aus.

Meteorologen zufolge stellt „Irma“ schon jetzt Rekorde auf: Bis Donnerstagmittag tobte der Sturm bereits seit 33 Stunden mit Windgeschwindigkeiten von bis zu 300 Stundenkilometern. Er war damit der am längsten dauernde Hurrikan der Kategorie 5, der je gemessen wurde, und deutlich stärker als der Wirbelsturm „Harvey“, der Ende August in den US-Bundesstaaten Texas und Louisiana für Zerstörung gesorgt hatte.

„Irma“ wird Berechnungen zufolge an diesem Freitag und Samstag nördlich an Kuba vorbei Richtung Florida wandern. Auch Haiti, die Dominikanische Republik und die Bahamas könnte der Sturm dann treffen. Der Reiseveranstalter Tui riet allen deutschen Urlaubern, die in die betroffene Region fliegen wollen, „dringend“ dazu, ihre Reiseabsichten zu überdenken. Die Frist für kostenlose Umbuchungen und Stornierungen würde ausgeweitet.

Florida wappnet sich gegen den Sturm

Über dem warmen Wasser der Karibik könnte sich „Irma“ Meteorologen zufolge mit neuer Energie aufladen, bevor der Sturm in der Nacht zum Sonntag die USA erreicht. Dort bilden sich schon jetzt lange Schlangen an den Supermarktkassen und an den Tankstellen. Läden wurden geschlossen, die Autobahnen Richtung Norden waren dicht. In sozialen Medien wurde am Donnerstag heftige Kritik an Fluggesellschaften laut, die plötzlich die Preise für Flüge aus Florida angehoben hätten. „Wir können zerstörte Häuser wieder aufbauen – zerstörte Leben aber nicht“, sagte der besorgte Gouverneur, Rick Scott.

Die Zerstörungen von „Irma“ in der Karibik sind ein Vorzeichen und eine Warnung für das, was den USA nur zwei Wochen nach Hurrikan „Harvey“ in Texas bevorstehen könnte. Häuserruinen und überflutete Straßen machen deutlich, was „Irma“ anrichten kann, wenn der Sturm auf das dicht besiedelte Florida trifft. „Die meisten Leute entlang der Küsten haben noch nie einen so schweren Hurrikane wie diesen erlebt“, sagte der Chef der Katastrophenschutzbehörde Feme, Brack Long. Rettungsteams, die bis vor wenigen Tagen noch in Texas bei den Aufräumarbeiten nach „Harvey“ halfen, wurden in aller Eile in den südöstlichen Bundesstaat verlegt. Auch Georgia sowie North und South Carolina riefen Alarm aus.

Anders als in Texas, wo die Behörden lange mit Evakuierungsbefehlen zögerten, gab es in Florida bereits zwei Tage vor Ankunft von „Irma“ eindringliche Aufrufe an die Bewohner. „Nehmt mit, was ihr braucht, aber nicht mehr“, sagte Gouverneur Scott. „Irma“ könnte nach seiner Einschätzung für Florida schlimmer werden als der Sturm „Andrew“, der vor 25 Jahren den Bundesstaat verwüstete. „Nicht gut, glauben Sie mir“, sagte US-Präsident Donald Trump über „Irma“. Für die Amerikanischen Jungferninseln, Puerto Rico und Florida rief er den Alarmzustand aus.

Atomkraftwerke könnten getroffen werden

Nicht alles in Florida kann vor „Irma“ in Sicherheit gebracht werden. Zwei Atomkraftwerke könnten von dem Supersturm in Mitleidenschaft gezogen werden, meldeten US-Medien. Noch sei nicht entschieden, ob die Reaktoren abgeschaltet werden sollten. Der Betreiber betonte, die Kraftwerke seien ausreichend gesichert – aber niemand weiß, wie stark „Irma“ sein wird, wenn der Sturm in Florida ankommt.

Noch während in Florida die Menschen evakuiert werden und die Infrastruktur, so gut es geht, gesichert wird, taucht am Horizont bereits der nächste Sturm auf. „José“ ist zwar noch in weiter Ferne auf dem Atlantik, doch das war „Irma“ vor Kurzem auch noch. Im Golf von Mexiko ist zudem ein dritter Wirbelsturm entstanden, der den Namen „Katia“ erhalten hat. Der September ist in der Region der Höhepunkt der jährlichen Hurrikane-Saison, insofern ist die rasche Folge von Wirbelstürmen nicht außergewöhnlich. Doch dass drei Hurrikane gleichzeitig über atlantischen Gewässern toben, hat es zuletzt im Jahr 2010 gegeben.

Wie schon bei „Harvey“ heizen die Ausmaße der diesjährigen Sturmsaison die Debatte über den Klimawandel neu an. Steigende Meeresspiegel und Wassertemperaturen erhöhen das Risiko katastrophaler Stürme, sagen viele Experten. Doch die Trump-Regierung bestreitet, dass es den von Menschen verursachten Klimawandel überhaupt gibt. Einige Wissenschaftler betonen, ein Sturm wie „Harvey“ wäre auch ohne Klimawandel katastrophal ausgefallen. Weder „Irma“, noch „José“ oder „Katia“ werden diesen Streit beenden.

Thomas Seibert

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