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Aktivisten von "Black Lives Matter" protestieren am Dienstag in Harlem gegen die Entscheidung des US-Justizministeriums.
© Craig Ruttle/AP/dpa

Der Fall Eric Garner: US-Polizist wird nicht mehr angeklagt

Fünf Jahre nach dem Tod des Afroamerikaners Eric Garner steht fest: Der beteiligte Polizist wird nicht angeklagt. Garners Mutter nennt das eine "Schande".

Zu Lebzeiten taugte Eric Garner eher nicht zum Symbol. Der Afroamerikaner hatte selten einen festen Job. Ab und zu verkaufte er illegal unversteuerte Zigaretten und war auch daher bei der New Yorker Polizei gut bekannt. Mehr als zwei Dutzend Mal hatten Beamte den 43-Jährigen schon festgenommen, als sie am 17. Juli 2014 wieder einmal auf ihn aufmerksam wurden. Was dann geschah, machte Eric Garner zum Symbol einer ganzen Bewegung.

An jenem Tag im Sommer vor fünf Jahren wehrt sich Garner im Stadtteil Staten Island gegen die Festnahme. Er schreit, fuchtelt wild mit den Armen, doch die Polizisten überwältigen ihn, dazu nimmt ihn einer, Daniel Pantaleo, in den Würgegriff. Der sechsfache Familienvater stirbt kurz darauf im Krankenhaus. Woran genau, konnte bis heute nicht geklärt werden.

Garner war Asthmatiker

Fest steht: Garner, ein großer, übergewichtiger Mann (1,90 Meter groß, 180 Kilogramm schwer), war Asthmatiker. Als er niedergerungen wird, das hört man auf dem Video, das ein Freund von Garner aufgenommen hat, stößt er die Worte "I can't breathe" (ich kann nicht atmen) aus. Aber das Vorgehen der weißen Polizisten hat wenig Konsequenzen. Der Polizist Pantaleo wird auf einen Schreibtischjob versetzt, ein Geschworenengericht aus überwiegend weißen Laienrichtern spricht sich im Dezember 2014 gegen einen Strafprozess aus.

Die Empörung ist groß, der Fall macht weltweit Schlagzeilen. Die Tatsache, dass er nicht einmal angeklagt wurde, treibt innerhalb weniger Stunden viele Menschen auf die Straße. Seine letzten Worte "I can't breathe" werden zum Schlachtruf der kurz zuvor gegründeten "Black Lives Matter"-Bewegung, die Polizeigewalt gegenüber unbewaffneten Schwarzen anprangert. Ähnliche Fälle danach wie der Tod von Michael Brown in Ferguson oder der von Freddie Gray in Baltimore verstärken den Protest. Die Politik versucht zu reagieren: Inzwischen sind Polizisten in vielen Städten mit Körperkameras ausgestattet, die Beamten werden besser geschult. Und dennoch ist das Problem weiterhin riesig: Nach Angaben der "Washington Post" sind in den USA allein in diesem Jahr bereits fast 500 Menschen durch Polizeigewalt ums Leben gekommen. Sehr viele von ihnen sind schwarz.

Die Experten sind sich uneins

Auch der Fall Garner bleibt ungelöst. Am Dienstag verkündete das US-Justizministerium, dass auch die Ermittlungen gegen den Polizisten auf Bundesebene ohne Anklage eingestellt werden. Es gebe nicht ausreichend Beweise dafür, dass Pantaleo gegen das Gesetz verstoßen oder zu Garners Tod beigetragen habe, sagte der Staatsanwalt von Brooklyn, Richard Donoghue. Pantaleo habe Garner nicht vorsätzlich in den Würgegriff genommen. Dies sei während des Kampfes zwischen den beiden Männern geschehen und habe sieben Sekunden gedauert. Als Garner angab, nicht atmen zu können, habe er sich nicht mehr im Würgegriff befunden.

Die Lage ist kompliziert, die Experten sind sich auch in der Frage der Todesursache uneins. Ein Gerichtsmediziner hatte den Vorfall als Totschlag gewertet. Ein weiterer Mediziner konnte hingegen keinen Zusammenhang zwischen dem Würgegriff und Garners Tod feststellen. Sachverständigen zufolge könnten auch andere Faktoren zu dessen Herzstillstand geführt haben, etwa die Bauchlage, in der er sich befand, oder Vorerkrankungen.

Wie es mit dem Polizisten Pantaleo nun weitergeht, ist offen. Eine Entscheidung des New Yorker Polizeichefs über Disziplinarmaßnahmen gegen den Beamten steht noch aus.

Für Eric Garners Mutter Gwen Carr ist die Entscheidung der Justiz am Dienstag eine Enttäuschung. "Vor fünf Jahren hat mein Sohn elf Mal gesagt: 'Ich kann nicht atmen'. Heute können wir nicht atmen. Weil sie uns im Stich gelassen haben", sagte Carr. Das sei eine Schande. Garners Familie verklagte die Stadt New York bereits vor einem Zivilgericht und bekam eine Entschädigung von rund 5,9 Millionen Dollar (etwa 5,2 Millionen Euro) zugesprochen.

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