Vermeintliche Quälgeister: Tipps und Tricks zur Wespenplage
Diesen Sommer scheint es besonders viele Wespen zu geben. Aber wie geht man mit den schwarz-gelben Brummern um? Was Experten sagen.
Das Frühjahr konnte man nicht gerade als insektenfreundlich bezeichnen. Die Wespen haben es jedoch bereits locker weggesteckt. Wer im Freien Kuchen, Säfte oder Eis genießt, lockt mit den süßen Speisen die ungebetenen Gäste an. Subjektiv scheint es diesen Sommer besonders viele Wespen in Berlin zu geben. Die große Dichte an Brummern und Summern lässt sich aber auf einige Faktoren zurückführen. Die Tier können gefährlich sein, in den meisten Fällen kann man aber Verletzungen vermeiden, indem man ein paar einfache Grundregeln einhält. Wir haben mit der Berliner Feuerwehr, dem Imkerverband Berlin und Dr. Melanie von Orlow von der Naturschutzbehörde Berlin (NABU) über Risiken, Tipps und Gründe rund um die Insekten gesprochen.
Für viele Menschen ist der erste Reflex, wenn sie in Wespennest sehen, es entfernen zu wollen. Sie rufen dann die Feuerwehr. Die helfe aber bei Privatgrundstücken nicht, wie die Berliner Feuerwehr auf Anfrage mitteilte. "Dass wir einschreiten, passiert eher in Ausnahmefällen. Wir verweisen in der Regel auf Imker, die dann eine Umsiedlung vornehmen." Die Feuerwehr greife nur ein, wenn die Nester an öffentlich exponierten Stellen gefunden werden, zum Beispiel in der Nähe von Kitas oder Schulen.
Der Imker als Lösung
Dr. Marc-Wilhelm Kohfink ist der erste Vorsitzende des Imkerverbandes Berlin. Er war gerade dabei, ein Wespennest umzusetzen, als er Auskunft erteilte. "Ich kann nur sagen, dass ich auch den Eindruck habe, dass es dieses Jahr mehr Wespen gibt." Auf jeden Fall bekomme er mehr Anfragen, Wespennester umzusiedeln. "Es ist ganz normal, wenn die Bienen nichts mehr finden, dann legen die Wespen los", sagt Kohfink. Bienen ernährten sich von Pollen und Honig, "Wespen holen sich ihre Eiweißnahrung aus Fleisch, also Aas. Jeder, der im Sommer draußen ein Schinkenbrot isst, hat das schon beobachtet." Es sei zu dieser Zeit völlig normal, dass die Wespen etwas anhänglicher sind.
Eine Umsiedlung durch einen Imker kann aber nicht immer Abhilfe schaffen. "Einige Nester sind zu dieser Jahreszeit schon zu groß. Eine Umsiedlung wird zunehmend schwierig." Notrufe landeten dann bei der Feuerwehr, welche bei Privatpersonen auch nur an kostenpflichtige Imker verweisen kann. "Kann das Nest dann nicht einfach so umgesetzt werden, bleibt den meisten Privatpersonen nur noch der Schädlingsbekämpfer.", sagt Melanie von Orlow von NABU Berlin. Dabei bringe das Zerstören eines einzelnen Nests nicht wirklich etwas. "Nur weil ich ein Nest vernichte, habe ich keinen wespenfreien Sommer", so von Orlow. Man könne nicht verhindern, dass Wespen auftauchen. "Ein Nest hilft nicht."
Dieses Jahr subjektiv besonders viele Wespen
Gründe für die große Zahl von Wespen gibt es einige. Zuerst seien es gar nicht so viele Wespen, wie subjektiv angenommen. "Die letzten Jahre waren eher wespenarm, deswegen sieht man das jetzt mehr", sagt von Orlow. In diesem Jahr sehe es für die Wespen und Hornissen sehr gut aus. "Wir hatten, besonders im Juli, lange stabiles, gutes Wetter. Das war nicht nur für uns, sondern auch für die Wespen perfekt." Wenn Wespenpopulationen kleiner werden, hänge das meist mit einem Temperatureinbruch Ende Juli zusammen, der völlig normal sei. Diesen Kälteeinbruch nennt man auch "Schafskälte".
Die meisten Menschen wüssten nicht, dass Wespenvölker nicht überwintern. Nur die Königin überlebt die kalte Jahreszeit. Deswegen sei es übrigens im Spätsommer auch oft unnötig, Wespennester zu entfernen. Spätestens mit dem ersten Frost werden die Populationen stark dezimiert. "Die Königin ist dann alleine, wenn sie ein neues Nest gründet". Sie sei empfindlich. Ist es dann zu kalt oder regnerisch, wenn sie ausfliegt, verendet sie in den meisten Fällen. Das sei der Hauptgrund für die Zahl der Wespen, die dann herumschwirren. Wenn ein Nest erstmal groß sei, bleibe das auch so. "Die Schafskälte ist entscheidend für Hummeln, Hornissen und Wespen, also für alle Insekten, die einzelne Königinnen haben."
Dann komme natürlich der weitere Verlauf hinzu. Wenn es sehr kalt wird, gibt es nicht genug Beutetiere für die Tiere. Die Populationen bleiben dann klein. "Schauen Sie sich die Ostseeküste im Moment an, zum Beispiel. Da ist Totentanz, was Wespen angeht."
Wespen müssen in den meisten Fällen nicht beseitigt werden
Auch, wenn sie lästig sind, sollte man Wespen nicht einfach töten. Naturschutz gelte für alle Tiere. "Man braucht aber einen vernünftigen Grund, um gegen ein Tier vorzugehen.", sagt Melanie von Orlow. "Manche Leute haben es notwendig, ein Wespennetz in acht Metern Höhe zu beseitigen." Die Menschen wollten immer gleich alles sofort abtöten, als wäre es eine gesetzliche Verpflichtung. "Da sagt der Nachbar was zum Wespennest und sofort springt man." Manchmal sei es einfach nicht notwendig gegen Wespen vorzugehen. In erster Linie sollte man sich beraten lassen, zum Beispiel vom NABU Berlin. "Man sollte sich immer fragen: Ist eine Handlung notwendig?"
Gerechtfertigt sei das Eingreifen nur, wenn ansonsten Schäden entstünden. "Wenn die Tiere zum Beispiel in der Wärmedämmung des Hauses ihr Nest bauen." Weiters muss eine eventuelle Gefahr bedacht werden, wenn zum Beispiel viele Wespen am Boden krabbeln und Kinder unterwegs sind. "Welche Schäden soll dann ein Nest im Mauerwerk ganz oben anrichten, wo es nicht stört?", fragt von Orlow.
Grundregeln im Umgang mit Wespen
"Es gibt ein paar einfache Tipps, wie man unliebsame Begegnungen vermeiden kann", erklärt von Orlow. "Lebensmittel im Freien abdecken und Reste, zum Beispiel von Grillpartys, einfach sofort beseitigen." Kinder solle man zudem nach dem Essen den Mund abwischen, das helfe schon weiter. Wespen werden außerdem durch verschiedene Gerüche wie die von Parfum, süßen Speisen oder Cremes angelockt. Auch bunte Farben mögen die Insekten.
Sofern man einen Garten mit Obstbäumen besitzt, sollten die reifen Früchte zeitnah abgeerntet bzw. aufgesammelt werden. Weiterhin sollten Mülleimer und Kompost verschlossen sein. Gegen Wespen in der Wohnung helfe ein einfaches Fliegengitter am Fenster.
Es ist ein natürlicher Reflex, nach einer Wespe zu schlagen. Das sei aber falsch. Besser sei es, die Ruhe zu bewahren und die Wespe auf keinen Fall anzupusten. Der höhere Kohlendioxid-Gehalt der Atemluft mache Wespen aggressiv. Sollte man trotzdem gestochen werden, sei das zwar schmerzhaft, aber für Menschen nicht wirklich gefährlich. "Nur fünf Prozent der Bevölkerung reagieren auf Wespenstiche allergisch." Kinder sollten dennoch frühzeitig auf Insektengiftallergien getestet werden, da diese oft lange unerkannt bleiben.
Bevor man gegen vermeintliche Quälgeister vorgeht, sollte man folgendes noch wissen: Alle solitären Bienenarten, alle Hummelarten und die Hornisse sind durch das Naturschutzgesetz besonders geschützt. Ohne Ausnahmegenehmigung dürfen weder Privatleute, noch Schädlingsbekämpfer diese Arten ohne Ausnahmegenehmigung fangen oder bekämpfen.
Georg Schemitsch
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