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Wahl-Bayer: Zuletzt hielt sich Thailands Kronprinz meist in München auf, wo er eine Villa besitzt.
© Rungroj Yongrit/dpa
Update

Nach dem Tod von König Bhumibol: Thailands ungeliebter Thronfolger will ein Jahr warten bis zur Krönung

Überraschung in Thailand: Kronprinz Maha Vajiralongkorn erbittet viel Zeit zum Trauern um seinen Vater. Der designierte Thronfolger ist als eigenwillig bekannt und wenig beliebt beim Volk.

Es kommt wahrscheinlich nicht oft vor, dass ein Marschall der thailändischen Luftwaffe bei einem Galadinner auf den Tisch springt und Wasser aus den Gläsern einiger Gäste schlabbert. Auch aus seinem Glas habe er getrunken, berichtete der ehemalige US-Botschafter in Thailand, Ralph L. Boyles, in einer 2009 von der Enthüllungsplattform Wikileaks veröffentlichten Mail. Auch die übrigen rund 600 anwesenden Gäste hätten sich über das Verhalten des Luftwaffenmarschalls gewundert, berichtete Boyles.

Etwas klarer wird dieses Verhalten, wenn man weiß, dass es sich bei dem Marschall um den Pudel Fufu handelte, den der thailändische Kronprinz Maha Vajiralongkorn einige Jahre zuvor persönlich in eben jenen Rang befördert hatte. Der Pudel des Kronprinzen soll vom königlichen Hof sogar in eine maßgeschneiderte Luftwaffenmarschallsuniform gesteckt worden sein. Als Fufu schließlich im Jahr 2015 starb, ließ der Kronprinz das Tier vier Tage lang nach buddhistischen Ritualen betrauern.

Eigenwilligkeiten wie diese begründen den mehr als zweifelhaften Ruf des zukünftigen thailändischen Königs Maha Vajiralongkorn. Nach dem Tod des in Thailand abgöttisch verehrten Vaters Bhumibol am Donnerstag ist sein weitaus weniger populärer einziger Sohn zum Nachfolger ausgerufen worden. Der 64-jährige Vajiralongkorn ließ allerdings verlauten, er wolle nicht gleich zum König gekrönt werden.

Der Kronprinz Maha Vajiralongkorn wolle die Nachfolge seines verstorbenen Vaters Bhumibol frühestens in einem Jahr antreten, verkündete Regierungschef Prayut Chan-o-cha am Samstagabend überraschend in einer Fernsehansprache. Der Prinz wolle trauern und halte einen Krönungszeitpunkt nach dem Ende der Trauerriten in einem Jahr für angemessenen, sagte Prayut.

Nach der Verfassung hat der Vorsitzende des Kronrats, der 96-jährige Prem Tinsulanonda, die Amtsgeschäfte des Königs übernommen. Der Kronrat ist ein Beraterstab des Monarchen.

Diese Entwicklung könnte auf einen von vielen Beobachtern erwarteten Machtkampf hinter den Kulissen hinweisen, der angesichts des unbeliebten Nachfolgers ausgebrochen sein könnte. „Aber man sollte das auch nicht überbewerten“, sagt der Thailand-Experte Rüdiger Korff von der Universität Passau. „Es könnte auch zeigen, dass Vajiralongkorn vernünftig geworden ist.“ Vernunft ist aber eine Eigenschaft, die mit Vajiralongkorn bisher selten in Verbindung gebracht worden ist.

Fotos zeigen den Kronprinzen in merkwürdigem Aufzug

Zuletzt hatten Fotos von ihm weltweit Schlagzeilen gemacht, die ihn auf dem Münchner Flughafen mit einer tief hängenden Jeans, einem bauchfreien Tank-Top und großflächig aufgemalten Rückentattoos zeigten. Ein Pudel und eine weibliche Begleitung sind auch zu sehen. „Wird dieser Mann wirklich Thailands König?“, wunderte sich die „Bild“. Die Veröffentlichung dieser Fotos ist in Thailand verboten, dort drohen auf Majestätsbeleidigung bis zu 15 Jahren Gefängnis. Über Gerüchte oder Internetrecherche erfährt die Bevölkerung des Landes mit seinen 67 Millionen Einwohnern dennoch manches. „Fast alle Thais wissen von den Abenteuern des Kronprinzen Bescheid, er ist dort seit den 70er Jahren eine Hassfigur“, erklärte der britische Journalist Andrew McGregor Marshall gegenüber dem „Guardian.“

Bekannt ist Maha Vajiralongkorn für Verschwendungssucht, Grausamkeiten und Frauengeschichten. Von seinen ersten drei Ehefrauen ist er geschieden, er hat sieben Kinder. 2009 veröffentlichte Wikileaks ein Skandalvideo, das seine dritte Ehefrau Srirasmi zeigt, die bei ihrer Geburtstagsfeier nur mit einem Höschen bekleidet den Pudel Fufu füttert.

Seine spätere Scheidung von Srirasmi verlief hässlich, sie verlor wegen Korruption in ihrer Verwandtschaft ihren königlichen Titel, ihre Eltern wanderten 2015 wegen Majestätsbeleidigung für zweieinhalb Jahre ins Gefängnis. Auch einige seiner Kinder verloren ihren Titel und mussten im Exil leben.

Zuletzt hielt sich Vajiralongkorn mit seiner 32 Jahre jüngeren Freundin Suthida, einer Ex-Stewardess von Thai-Airways, die meiste Zeit in München auf. Dort ließ er sich gesundheitlich behandeln und logierte lange im obersten Stockwerk des Kempinski-Hotels. Praktischerweise ist die Vermögensverwaltung des thailändischen Königshofes bei der Kempinski-Hotelkette größter Anteilseigner. Einer seiner Söhne soll in München zur Schule gehen, er wäre in der Thronfolge der nächste Kandidat auf den Königstitel.

Seltsames Verhalten

In diesem Jahr erwarb Vajiralongkorn in Tutzing am Starnberger See für zehn Millionen Euro die Villa Stolberg mitsamt einem 5600 Quadratmeter großen Park. Damit haben der Sänger Peter Maffay und der Musikproduzenten Leslie Mandoki (Dschingis Khan) den designierten König Thailands zum Nachbarn.

Es existieren weitere kuriose Geschichten aus Vajiralongkorns bayerischen Tagen. Einmal erntete er mit seiner gesamten Entourage in einem Selbstpflückerfeld Erdbeeren, insgesamt 60 Kilogramm sollen mit der Limousine des Kronprinzen abtransportiert worden sein. Ein anderes Mal ließ ein bayerischer Bauunternehmer die Boeing 737 des Kronprinzen pfänden, weil ihm der thailändische Staat 36 Millionen Euro geschuldet haben soll. Nachdem der Staat eine Sicherheitsleistung von 20 Millionen Euro hinterlegt hatte, konnte der Prinz wieder abheben. Höchstpersönlich übrigens, denn in seiner Militärzeit ist er zum Flugzeug- und Helikopterpiloten ausgebildet worden.

„In München zu leben war für Vajiralongkorn attraktiver als in den Zwängen von Bangkok zu sein“, glaubt Südostasien-Experte Korff. Lange Jahre hat der im Ausland ausgebildete Prinz wenig Interesse an den Pflichten des Königshofes gezeigt. Dieser spielt in dem politisch instabilen Land eine wichtige Rolle . König Bhumibol galt in den vergangenen Jahrzehnten als Stabilisator, er verlieh den Generälen nach den Putschen von 2006 und 2014 Legitimität – und sei es nur, indem er sich nicht äußerte. Nun aber könnten die aktuellen monarchienahen Eliten um ihre Pfründe fürchten, zumal über die politischen Allianzen und Ziele Vajiralongkorns nur wenig bekannt ist.

Am besten wäre der designierte König beraten, wenn er sich an die Worte Chulalongkorns (1868–1910) hielte, einem seiner Vorgänger auf Siams Thron. „Ein König zu sein bedeutet nicht reich zu sein“, gab er seinen Nachfolgern auf den Weg, „es bedeutet, die anderen nicht zu belästigen.“ Es scheint fraglich, ob der neue König sich daran halten wird.

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