Thailändischer König Bhumibol: Tod eines Halbgotts
König Bhumibol wurde bis zu seinem Tod vom Volk mit religiöser Hingabe verehrt und war die moralische Instanz Thailands. Sein Nachfolger, Kronprinz Vajiralongkorn, dagegen ist sehr unpopulär.
Sieben Jahre lang ist der Thailänder Thanom Chompoo zwei- bis dreimal pro Woche zum Siriraj-Krankenhaus in Bangkok gegangen. Der Früchteverkäufer hoffte stets, einen seltenen Blick auf den thailändischen König erhaschen zu können, schon lange aber hatte sich der schwerkranke Bhumibol Adulyadej nicht mehr an einem der Fenster blicken lassen. „Ich wünschte, er könnte ewig leben“, sagte der Früchteverkäufer unlängst der Zeitung „Straits Times“ und verlieh damit einer in Thailand weit verbreiteten Hoffnung Ausdruck. „Ich weiß, dass er alt ist, aber es wäre trotzdem ein Schock, wenn ihm etwas zustoßen würde.“ Nun erlebt Thailand genau diesen Schock.
König Bhumibol Adulyadej ist am Donnerstagnachmittag (Ortszeit) im Alter von 88 Jahren gestorben. Er hatte 1946 den thailändischen Thron bestiegen und war damit noch vor der britischen Queen der dienstälteste Monarch der Welt. Seit Jahren war Bhumibol bereits krank, in den letzten Tage war er im Siriraj-Krankenhaus an ein Atemgerät und ein Nierenersatz-Therapiegerät angeschlossen. Trotz seiner nachlassenden Gesundheit sorgte allein die Anwesenheit des Königs im Land für Stabilität in einem politisch instabilen Land.
„Nach offizieller Lesart war er der Grundpfeiler der thailändischen Nation“, sagt der Südostasien-Experte Rüdiger Korff von der Universität Passau, „er ist seit den 60er Jahren stark charismatisiert worden.“ Tränenreich betrauerten Tausende Thailänder am Donnerstagabend seinen Tod. Sein Nachfolger hingegen, der Kronprinz Maha Vajiralongkorn, ist in der Bevölkerung äußerst unpopulär. Manche Experten befürchten daher Machtkämpfe und chaotische Tage in Bangkok, einige Thais sollen sich vorsorglich mit Wasser und Instant-Nudeln eingedeckt haben. Rüdiger Korff hingegen verweist auf die gefestigte Elite im Land und Beförderungen, mit denen General Prayut Chan-O-Cha, Chef der regierenden Militärjunta, seine Macht abgesichert hat.
Thailand ist zwar seit 1932 eine konstitutionelle Monarchie, doch wechselnde Militärführungen haben die Rolle des Königs seit den 60er Jahren stetig aufgewertet. Bhumibol verschaffte im Gegenzug den wiederholt durch Putsche an die Macht gekommenen Militärs durch seine Unterstützung die nötige Legitimität. Einige Interventionen machten ihn noch populärer. 1973 schlug sich Bhumibol nach einem Volksaufstand gegen die Militärherrschaft auf die Seite des Volkes. 1993 befriedete er vor laufenden Kameras einen blutigen Kampf der Lager von Premierminister General Suchinda Kraprayoon und Oppositionsführer Chamlong Srimuang. Zuletzt hatte Bhumibol den Status eine Halbgottes erreicht, was sich seit 2007 auch in der Verfassung ausdrückt. Demnach ist der König „sakrosankt und unverletzlich.“ Wer „Seine Majestät“ – oder auch nur seinen Hund – beleidigt, dem drohen in Thailand bis zu 15 Jahren Gefängnis. Der Paragraf fand immer wieder Anwendung, auch auf Ausländer, weshalb in Thailand nur lobend über den König gesprochen werden konnte – oder gar nicht. Eine in Bangkok ansässige deutsche Stiftung wollte vor Bhumibols Tod nicht mit dem Tagesspiegel über den König sprechen. Aus Vorsicht.
Das ist auch der Grund, warum bis zu seinem Tod nichts Genaues über Bhumibols Nachfolge bekannt geworden ist. „Wer es in Thailand zu seinen Lebzeiten wagte, in der Öffentlichkeit über seinen Tod nachzudenken, dem drohte Gefängnis“, sagt Rüdiger Korff. Dennoch hatte General Prayut Chan-O-Cha diese Frage offenbar geregelt und erklärte unmittelbar nach der Todesnachricht, dass Maha Vajiralongkorn seinem Vater nachfolgen soll.
Kronprinz mit Tattoos
Doch der Kronprinz ist im eigenen Land mehr als umstritten. Seine vier Ehen, Vorwürfe des Machtmissbrauchs und sein verschwenderisches und eigenwilliges Auftreten lassen ihn nicht als besten Kandidaten für den thailändischen Königsthron und für die Rolle als buddhistisches Oberhaupt des Landes erscheinen. So erhob Vajiralongkorn seinen Pudel Foo Foo offiziell in den Rang eines Luftwaffengenerals und ließ das Tier nach dessen Tod vier Tage lang offiziell betrauern. Zuletzt sorgten Fotos für negative Schlagzeilen, die ihn derangiert auf dem Münchner Flughafen in einem bauchfreien Top mit großflächig tätowiertem Oberkörper und tief sitzender Hose zeigen.
Seine Schwester Sirindhorn ist weitaus beliebter
Beliebter als der umstrittene Kronprinz ist seine Schwester Prinzessin Maha Chakri Sirindhorn, die sich vor Ort auch sozial engagiert. Ein Experte hält es für denkbar, dass der Kronprinz in nächster Zeit auf den Thron verzichten oder einen Vertreter in Thailand benennen könnte. Vajiralongkorn verbrachte zuletzt die meiste Zeit des Jahres im Raum München, wo er mit seiner vierten Frau lebt. Zuletzt kaufte er nach Medienberichten am Starnberger See ein Haus neben Peter Maffay.
Premierminister Prayut ordnete am Donnerstag eine Trauerperiode von einem Jahr an. Staatsbedienstete sollten in dieser Zeit schwarze Kleidung zeigen, sagte er, das Volk solle angemessen und respektvoll trauern. Um Bhumibol, einen geliebten und verehrten König, wie ihn das Land noch nie hatte. Und, das lässt sich jetzt schon sagen, auch so schnell nicht wieder haben wird.
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